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Eine Lernschwester auf der anderen Seite des Brutkastens folgte aufmerksam der Unterhaltung. Ihre Augen über der Gazemaske wanderten zwischen Dornberger und der Stationsschwester hin und her.

»Nein, die Atmung ist nicht gut«, bestätigte Dornberger langsam. Er dachte laut weiter, versuchte sich zu vergewissern, daß er nichts übersah. »Die gelbe Verfärbung ist stärker geworden, als sie sein dürfte, und die Füßchen scheinen geschwollen zu sein. Geben Sie mir noch einmal das Ergebnis der Blutzählung.«

Die Stationsschwester blickte auf ihre Notiztafeclass="underline" »4,9 Millionen rote Blutkörperchen, sieben rote Blutkörperchen mit Kernen auf je hundert weiße Blutkörperchen.«

Wieder entstand eine Pause, während die beiden Schwestern Dr. Dornberger beobachteten, der über den Befund nachdachte. Er überlegte: Im ganzen ist die Anämie zu groß, obwohl sie natürlich eine überstarke Reaktion normaler Art sein kann. Laut sagte er: »Wissen Sie, wenn der Sensibilitätsbefund nicht vorläge, würde ich vermuten, daß das Kind Erythroblastose hat.«

Die Stationsschwester sah ihn überrascht an. »Aber zweifellos, Doktor,«, dann brach sie ab.

»Ich weiß, das kann nicht passieren.« Er deutete auf die Notiztafel. »Trotzdem. Zeigen Sie mir den Laborbefund. Das Original über das Blut der Mutter.«

Die Stationsschwester schlug ein paar Blätter um, fand das Formular und zog es heraus. Es war der Bericht, den Dr. Pearson nach seinem Zusammenstoß mit David Goleman unterschrieben hatte. Dornberger studierte ihn sorgfältig, reichte ihn zurück. »Nun, das ist eindeutig genug - Sensibilität negativ.«

Natürlich sollte das eindeutig sein, aber er konnte einen nagenden Zweifel nicht unterdrücken. War der Befund etwa doch falsch? Unmöglich! sagte er sich, die pathologische Abteilung kann niemals einen so groben Fehler begehen. Trotzdem entschloß er sich, nach seiner Visite Joe Pearson aufzusuchen und mit ihm zu sprechen.

Zu der Stationsschwester sagte Dornberger: »Im Augenblick können wir nichts weiter tun. Benachrichtigen Sie mich bitte sofort, wenn eine Veränderung eintritt.«

»Ja, Doktor.«

Ab Dornberger fort war, fragte die Lernschwester: »Was hat der Doktor gesagt? Erythro.?« Sie stolperte über das Wort.

»Erythroblastose. Das ist eine Blutkrankheit bei Säuglingen. Sie tritt manchmal auf, wenn das Blut der Mutter Rh-negativ und das des Vaters Rh-positiv ist.« Die junge Stationsschwester mit dem roten Haar beantwortete die Frage genau und sachlich wie immer. Die Lernschwestern ließen sich bei der Verteilung der Arbeit gern ihr zuweisen, da sie nicht nur im Ruf stand, eine der besten Schwestern des Krankenhauses zu sein, sondern weil es auch nur wenig über zwölf Monate her war, daß sie ihre eigene Lehrzeit als Beste ihres Kursus abgeschlossen hatte. Das wußten die Lernschwestern und zögerten deshalb nicht, sie auszufragen.

»Ich dachte, in diesen Fällen würde das Blut des Kindes gleich nach der Geburt ausgetauscht.«

»Sie meinen durch eine Austauschtransfusion?«

»Ja.«

»Nur in manchen Fällen«, erklärte die Stationsschwester bereitwillig. »Es hängt von dem Sensibilitätsbefund über das Blut der Mutter ab. Wenn der Befund positiv ist, bedeutet es im allgemeinen, daß das Kind mit Erythroblastose geboren wird und daß unmittelbar nach der Geburt eine Austauschtransfusion vorgenommen werden muß. In dem vorliegenden Fall war der Laboratoriumsbefund aber negativ, so daß die Austauschtransfusion nicht notwendig war.« Die Stationsschwester schwieg. Dann fügte sie nachdenklich, halb zu sich selbst, hinzu: »Die Symptome sind allerdings auffällig.«

Seit der Auseinandersetzung über die Frage der Laborüberprüfungen vor einigen Tagen war der alte Pathologe mit keinem Wort auf David Colemans Arbeit im serologischen Labor zurückgekommen. Coleman hatte keine Ahnung, was das Schweigen bedeutete ob er seinen Standpunkt durchgesetzt hatte und ihm die Serologie nun unmittelbar unterstand oder ob Pearson beabsichtigte, die Frage später wieder aufzugreifen. Inzwischen hatte der junge Pathologe allerdings die Gewohnheit angenommen, regelmäßig im Labor zu erscheinen und die in Arbeit befindlichen Untersuchungen zu überprüfen. Das Ergebnis war, daß er schon verschiedene klare Vorstellungen davon besaß, wo und wie die Verfahren geändert werden mußten, und einige der geringfügigeren Änderungen in den letzten beiden Tagen bereits angeordnet hatte.

Zwischen ihm und Carl Bannister, dem alten Laboranten, herrschte etwas, das man fast ab einen latenten Waffenstillstand bezeichnen konnte. John Alexander hatte andererseits klar zu er kennen gegeben, daß er Colemans Aufmerksamkeit gegenüber dem Labor begrüßte, und hatte in den beiden letzten Tagen ein paar Anregungen vorgebracht, die von Coleman gebilligt worden waren.

Alexander hatte am Tag, nachdem seine Frau in das Krankenhaus gebracht worden war, trotz einer geknurrten, aber freundlichen Bemerkung Pearsons, er könne Urlaub nehmen, wenn er wolle, seine Arbeit wiederaufgenommen. Coleman hatte gehört, wie Alexander dem alten Pathologen sagte: »Trotzdem vielen Dank, Doktor, aber wenn ich nicht arbeite, denke ich zuviel nach, und das macht es nicht besser.« Pearson hatte genickt und geantwortet, Alexander könne tun, was ihm behage, und wenn er wolle, aus dem Labor nach oben gehen, um seine Frau und das Kind zu besuchen.

Jetzt öffnete David Coleman die Tür zum serologischen Labor und trat ein. Er fand John Alexander an dem mittleren Arbeitstisch vor einem Mikroskop, und ihm gegenüber stand eine Frau mit außergewöhnlich großen Brüsten in einem weißen Mantel, die er, wie Coleman sich undeutlich erinnerte, schon ein paarmal nach seiner Ankunft im Krankenhaus gesehen hatte.

Als er eintrat, sagte Alexander: »Sie sollten Dr. Pearson oder Dr. Coleman fragen. Ich leite den Befund an sie weiter.«

»Um was handelt es sich?« Als Coleman gleichmütig fragte, wendeten ihm beide die Köpfe zu.

Die Frau sprach zuerst: »Oh, Doktor.« Sie sah ihn forschend an. »Sind Sie Dr. Coleman?«

»Ja.«

»Ich bin Hilda Straughan.« Sie reichte ihm die Hand und fügte hinzu: »Die Küchenleiterin.«

»Freut mich sehr.« Während sie ihm die Hand schüttelte, bemerkte er fasziniert, daß ihre prachtvollen Brüste die Bewegung ihrer Arme mitmachten - ein wallendes, wogendes, rollendes Auf und Ab. Er riß sich von diesem Anblick los und fragte: »Kann ich Ihnen behilflich sein?« Er wußte aus eigener Erfahrung, daß die Pathologie mit der Küchenleitung im allgemeinen in Fragen der Ernährungshygiene eng zusammenarbeitete.

»In den letzten Wochen hatten wir einige Fälle von Darmgrippe«, erklärte die Küchenleiterin. Sie fügte hinzu: »Hauptsächlich unter den Angestellten des Krankenhauses.«

Coleman lachte. »Nennen Sie mir ein Krankenhaus, in dem das nicht hin und wieder auftritt.«

»Oh, ich weiß.« Nur ganz schwach gab Mrs. Straughan ihre Mißbilligung über diese Leichtfertigkeit zu verstehen. »Aber falls Lebensmittel die Ursache sind - und im allgemeinen sind sie es -, lege ich Wert darauf, daß es festgestellt wird, wenn es möglich ist. Man kann dann versuchen zu verhindern, daß es wieder passiert.«

Diese Frau sprach mit einem Ernst, der David Coleman Respekt abnötigte. Höflich fragte er: »Haben Sie einen bestimmten Verdacht?«

»Es sind ganz eindeutig meine Geschirrspülmaschinen, Dr. C.«

Einen Augenblick lang war Coleman über diese Anrede verblüfft. Als er sich gefaßt hatte, fragte er: »Und warum?« Aus dem Augenwinkel sah er Bannister eintreten. Jetzt hörten beide Laboranten der Unterhaltung zu.

Die Küchenleiterin erklärte: »Meine Heißwasseranlage ist völlig unzureichend.«

Diese Formulierung führte ihn in Versuchung zu lächeln, aber er unterdrückte es und fragte statt dessen: »Haben Sie darauf schon hingewiesen?«

»Davon können Sie überzeugt sein, Dr. C.« Offensichtlich handelte es sich um eine Frage, die Mrs. Straughan auf der Seele brannte. Sie fuhr fort: »Ich habe mehrmals mit dem Verwaltungsdirektor, Mr. Tomaselli, darüber gesprochen. Tatsächlich hat meine letzte Unterredung mit Mr. T. ihn veranlaßt, Dr. Pearson um eine neue Untersuchung der Geschirrspüler zu bitten.«