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Dr. Ford hatte zunächst abgelehnt: »Niemand hat angedeutet, daß das nicht geschieht, und ich bezweifle, daß ich Ihren Pathologen einen Rat geben kann«, hatte er geantwortet. Auf O'Donnells Drängen stimmte er schließlich doch zu, und jetzt gingen sie in das Souterrain zu den Labors hinunter.

John Alexander blickte auf, als die Gruppe eintrat, wandte sich dann wieder der Untersuchung zu, an der er gerade arbeitete. Pearson trat O'Donnell und Orden Brown entgegen, um sie zu begrüßen. Er wischte sich beide Hände an seinem verschmutzten Laborkittel ab. Auf einen Wink von Harry Tomaselli folgte ihm David Coleman.

O'Donnell stellte vor. Als Pearson und Dr. Norbert Ford sich die Hände reichten, fragte der Leiter des Gesundheitsamtes: »Sind Sie schon auf etwas gestoßen?«

»Noch nicht.« Pearson wies mit einer Handbewegung im Labor umher. »Wie Sie sehen, sind wir noch an der Arbeit.«

O'Donnell sagte: »Joe, Sie müssen es auch erfahren. Dr. Ford hat die Schließung unserer Küche angeordnet.«

»Heute noch?« Pearsons Ton war ungläubig.

Der Leiter des Gesundheitsamtes nickte ernst. »Ich fürchte, es läßt sich nicht vermeiden.«

»Aber das können Sie doch nicht. Das ist lächerlich.« Das war der alte, aggressive Pearson, sein kriegerischer Ton, mit Augen, die hinter der Maske der Erschöpfung funkelten. Er tobte weiter: »Aber Mann Gottes, wir werden die ganze Nacht arbeiten, und bis morgen mittag sind wir mit allen unseren Unterkulturen durch. Wenn es einen Träger gibt, haben wir ihn bis dahin aller Wahrscheinlichkeit nach entdeckt.«

»Es tut mir leid.« Der Gesundheitsbeamte schüttelte ablehnend den Kopf. »Wir dürfen das nicht riskieren.«

»Aber die Küche schließen bedeutet das Krankenhaus schließen«, wütete Pearson. »Sie werden doch bis morgen noch warten können, wenigstens noch so lange.«

»Ich fürchte nein.« Dr. Ford blieb höflich, aber unnachgiebig. »Außerdem liegt die Entscheidung nicht ausschließlich bei mir. Die Stadt kann sich nicht einfach der Gefahr einer verheerenden Epidemie aussetzen. Im Augenblick beschränken sich die Fälle auf Ihr Krankenhaus, aber sie können jeden Augenblick weiter um sich greifen. Das müssen wir berücksichtigen.«

Harry Tomaselli warf dazwischen: »Wir geben noch das Abendessen aus, Joe, und das ist die letzte Mahlzeit. Wir schicken alle Patienten nach Hause, die wir entlassen können, und verlegen die meisten in andere Krankenhäuser.«

Es herrschte Schweigen. Pearsons Gesichtsmuskeln arbeiteten. Seine tiefliegenden, rotgeränderten Augen schienen den Tränen nahe. Fast flüsternd sagte er: »Ich hätte nie geglaubt, den Tag zu erleben.«

Während sich die Gruppe abwandte, sagte O'Donnell stilclass="underline" »Offen gesagt, Joe, ich auch nicht.«

Sie hatten die Tür erreicht, als John Alexander ausrief: »Hier habe ich es!«

Wie auf einen Befehl drehte sich die Gruppe um. Pearson fragte scharf: »Was haben Sie entdeckt?«

»Eine eindeutige Typhusreaktion.« Alexander deutete auf die Reihe der Reagenzgläser mit den Zuckerlösungen, die er untersucht hatte.

»Lassen Sie mich sehen.« Pearson lief fast durch das Labor. Die anderen traten näher. Pearson betrachtete die Reihe Reagenzgläser. Seine Zunge fuhr nervös über die Lippen. Wenn Alexander recht hatte, war das der Augenblick, für den sie gearbeitet hatten. »Lesen Sie von der Tabelle ab«, befahl er.

Alexander nahm das Handbuch auf, in dem eine Tafel aufgeschlagen war. Es war die Tabelle der biochemischen Reaktionen von Bakterien in Zuckerlösungen. Er legte einen Finger auf die Spalte mit der Überschrift >Salmonella typhi< und war bereit, vorzulesen.

Pearson nahm das erste der zehn Reagenzgläser. Er rief auf: »Glukose.«

Alexander verglich auf der Liste und antwortete: »Säurebildung, aber kein Gas.«

Pearson nickte. Er stellte das Glas zurück und nahm das nächste. »Laktose.«

»Keine Säure, kein Gas«, las Alexander vor.

»Richtig.« Eine Pause. »Dulcitol.«

Wieder las Alexander: »Keine Säure, kein Gas.«

»Sucrose.«

»Keine Säure, kein Gas.« Wieder die richtige Reaktion für Typhusbazillen. Die Spannung in dem Raum wuchs.

Pearson nahm das nächste Glas. »Mannitol.«

»Säurebildung, aber kein Gas.«

»Richtig.« Die nächste: »Maltose.«

»Säure, aber kein Gas.«

Pearson nickte. Das waren sechs. Es blieben noch vier. Jetzt sagte er: »Xylose.« Noch einmal las Alexander: »Säure, aber kein Gas.« Sieben. »Arabinose.«

John Alexander las: »Entweder Säure, aber kein Gas, oder gar keine Reaktion.« Pearson verkündete: »Keine Reaktion.« Acht. Noch zwei. »Rhamnose.« »Keine Reaktion.«

Pearson prüfte das Glas. Leise bestätigte er: »Keine Reaktion.«

Noch eine.

Von dem letzten Glas las Pearson ab: »Indol-Bildung. « »Negativ«, antwortete Alexander und legte das Buch zurück.

Pearson wandte sich den anderen zu. Er sagte: »Es besteht keine Frage: Das ist der Typhusträger.« »Wer ist es?« Der Verwaltungsdirektor fragte als erster. Pearson drehte die Petrischale um. Er las die Nummer ab:

»Zweiundsiebzig. «

David Coleman hatte schon nach einem Schreibheft gegriffen. Es enthielt die Liste des Personals in seiner eigenen Handschrift. Er gab bekannt: »Charlotte Burgess.«

»Ich kenne sie«, sagte Mrs. Straughan schnell. »Sie arbeitet an der Essenausgabe.«

Unwillkürlich sahen alle auf die Uhr. Es war sieben Minuten nach fünf.

Mrs. Straughan rief erschrocken: »Das Abendessen! Sie fangen gerade an, es auszugeben.«

»Schnell in die Kantine.« Noch ehe er ausgesprochen hatte, war Harry Tomaselli bereits an der Tür.

Im zweiten Stock des Krankenhauses trat die Oberschwester der Station mit gehetztem Ausdruck in Vivians Zimmer und warf dabei einen schnellen Blick auf die Zimmernummer.

»Ah ja, Sie sind Miss Loburton.« Sie sah auf ihre Notiztafel und machte mit ihrem Bleistift eine Notiz. »Sie werden in die West-Burlington-Klinik verlegt.«

Vivian fragte: »Wann denn, bitte?« Sie hatte schon früher am Nachmittag von der bevorstehenden Verlegung und ihren Gründen erfahren.

»Die Krankenwagen haben sehr viel zu tun«, antwortete die Oberschwester. »Ich vermute, es wird noch ein paar Stunden dauern. Wahrscheinlich gegen neun Uhr heute abend. Ihre Stationsschwester wird rechtzeitig kommen, um Ihnen zu helfen.«

»Danke«, antwortete Vivian.

Mit ihren Gedanken schon wieder bei ihrer Notiztafel, nickte die Oberschwester und ging hinaus. Jetzt war es Zeit, entschied Vivian, Mike zu rufen. Ihre fünf Tage der Trennung waren erst morgen vorüber, aber keiner von beiden hatte mit etwas Derartigem gerechnet. Außerdem bereute sie schon ihren ganzen Einfall mit der Trennungszeit. Sie sah jetzt ein, daß er eine dumme Idee und überflüssig war, und wünschte, sie sei nie darauf gekommen.

Sie streckte die Hand nach dem Telefon auf dem Nachttisch aus, und diesmal zögerte sie nicht. Als sich die Zentrale meldete, sagte Vivian: »Dr. Michael Seddons, bitte.«

»Einen Augenblick.«

Sie mußte ein paar Minuten warten, ehe sich die Zentrale wieder meldete. »Dr. Seddons ist nicht im Krankenhaus. Er ist mit einem der Krankenwagen unterwegs. Kann Ihnen ein anderer Arzt helfen?«

»Nein, danke«, antwortete Vivian. »Ich würde aber gern eine Nachricht für ihn hinterlassen.«

Die Zentrale fragte: »Betrifft es eine medizinische Angelegenheit?«

Sie zögerte. »Nein, eigentlich nicht.«

»Wir können jetzt nur dringende medizinische Benachrichtigungen übernehmen. Rufen Sie bitte später wieder an.« Es folgte ein Knacken, und die Leitung war tot. Langsam legte Vivian den Hörer zurück.