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Die geht schon ins G'schäft... die armen Mädeln! Die Adel' war auch in einem G'schäft – ein paarmal hab' ich sie am Abend abg'holt... Wenn sie in einem G'schäft sind, werd'n sie doch keine solchen Menscher... Wenn die Steffi mir allein g'hören möcht', ich ließ sie Modistin werden oder sowas... Wie wird sie's denn erfahren? – Aus der Zeitung!... Sie wird sich ärgern, daß ich ihr's nicht geschrieben hab'... Mir scheint, ich schnapp' doch noch über... Was geht denn das mich an, ob sie sich ärgert... Wie lang' hat denn die ganze G'schicht gedauert?... Seit'm Jänner?... Ah nein, es muß doch schon vor Weihnachten gewesen sein... ich hab' ihr ja aus Graz Zuckerln mitgebracht, und zu Neujahr hat sie mir ein Brieferl g'schickt... Richtig, die Briefe, die ich zu Haus hab', – sind keine da, die ich verbrennen sollt'?... Hm, der vom Fallsteiner – wenn man den Brief findet... der Bursch könnt' Unannehmlichkeiten haben... Was mir das schon aufliegt! – Na, es ist ja keine große Anstrengung... aber hervorsuchen kann ich den Wisch nicht... Das beste ist, ich verbrenn' alles zusammen... wer braucht's denn? Ist lauter Makulatur. – – Und meine paar Bücher könnt' ich dem Blany vermachen. – ›Durch Nacht und Eis‹... schad', daß ich's nimmer auslesen kann... bin wenig zum Lesen gekommen in der letzten Zeit... Orgel – ah, aus der Kirche... Frühmesse – bin schon lang' bei keiner gewesen... das letztemal im Feber, wie mein Zug dazu kommandiert war... Aber das galt nichts – ich hab' auf meine Leut' aufgepaßt, ob sie andächtig sind und sich ordentlich benehmen... – Möcht' in die Kirche hineingeh'n... am End' ist doch was d'ran... – Na, heut' nach Tisch werd' ich's schon genau wissen... Ah, »nach Tisch« ist sehr gut!... Also, was ist, soll ich hineingeh'n? – Ich glaub', der Mama wär's ein Trost, wenn sie das wüßt'!... Die Klara gibt weniger d'rauf... Na, geh'n wir hinein – schaden kann's ja nicht!

Orgel – Gesang – hm! – Was ist denn das? – Mir ist ganz schwindlig... O Gott, o Gott, o Gott! Ich möcht' einen Menschen haben, mit dem ich ein Wort reden könnt' vorher! – Das wär' so was – zur Beicht' geh'n! Der möcht' Augen machen, der Pfaff', wenn ich zum Schluß sagen möcht': Habe die Ehre, Hochwürden; jetzt geh' ich mich umbringen!... – Am liebsten läg' ich da auf dem Steinboden und tät' heulen... Ah nein, das darf man nicht tun! Aber weinen tut manchmal so gut... Setzen wir uns einen Moment – aber nicht wieder einschlafen wie im Prater!... – Die Leut', die eine Religion haben, sind doch besser d'ran... Na, jetzt fangen mir gar die Händ' zu zittern an!... Wenn's so weitergeht, werd' ich mir selber auf die Letzt' so ekelhaft, daß ich mich vor lauter Schand' umbring'! – Das alte Weib da – um was betet denn die noch?... Wär' eine Idee, wenn ich ihr sagen möcht': Sie, schließen Sie mich auch ein... ich hab' das nicht ordentlich gelernt, wie man das macht... Ha! Mir scheint, das Sterben macht blöd'! – Aufsteh'n! – Woran erinnert mich denn nur die Melodie? – Heiliger Himmel! Gestern abend! – Fort, fort! Das halt' ich gar nicht aus!... Pst! Keinen solchen Lärm, nicht mit dem Säbel scheppern – die Leut' nicht in der Andacht stören – so! – doch besser im Freien... Licht... Ah, es kommt immer näher – wenn es lieber schon vorbei wär'! – Ich hätt's gleich tun sollen – im Prater... man sollt' nie ohne Revolver ausgeh'n... Hätt' ich gestern abend einen gehabt... Herrgott noch einmal! – In das Kaffeehaus könnt' ich geh'n frühstücken... Hunger hab' ich... Früher ist's mir immer sonderbar vorgekommen, daß die Leut', die verurteilt sind, in der Früh' noch ihren Kaffee trinken und ihr Zigarrl rauchen... Donnerwetter, geraucht hab' ich gar nicht! Gar keine Lust zum Rauchen! – Es ist komisch: ich hätt' Lust, in mein Kaffeehaus zu geh'n... Ja, aufgesperrt ist schon, und von uns ist jetzt doch keiner dort – und wenn schon... ist höchstens ein Zeichen von Kaltblütigkeit. »Um sechs hat er noch im Kaffeehaus gefrühstückt, und um sieben hat er sich erschossen«... – Ganz ruhig bin ich wieder... das Gehen ist so angenehm – und das Schönste ist, daß mich keiner zwingt. – Wenn ich wollt' könnt' ich noch immer den ganzen Krempel hinschmeißen... Amerika... Was ist das: »Krempel«? Was ist ein »Krempel«? Mir scheint, ich hab' den Sonnenstich!... Oho, bin ich vielleicht deshalb so ruhig, weil ich mir noch immer einbild', ich muß nicht?... Ich muß! Ich muß! Nein, ich will! – Kannst du dir denn überhaupt vorstellen, Gustl, daß du dir die Uniform ausziehst und durchgehst? Und der verfluchte Hund lacht sich den Buckel voll – und der Kopetzky selbst möcht' dir nicht mehr die Hand geben... Mir kommt vor, ich bin jetzt ganz rot geworden. – – Der Wachmann salutiert mir... ich muß danken... »Servus!« – Jetzt hab' ich gar »Servus« gesagt!... Das freut so einen armen Teufel immer... Na, über mich hat sich keiner zu beklagen gehabt – außer Dienst war ich immer gemütlich. – Wie wir auf Manöver waren, hab' ich den Chargen von der Kompagnie Britannikas geschenkt; – einmal hab' ich gehört, wie ein Mann hinter mir bei den Gewehrgriffen was von »verfluchter Rackerei« g'sagt hat, und ich hab' ihn nicht zum Rapport geschickt – ich hab' ihm nur gesagt: »Sie, passen S' auf, das könnt' einmal wer anderer hören – da ging's Ihnen schlecht!«... Der Burghof... Wer ist denn heut' auf Wach'? – Die Bosniaken – schau'n gut aus – der Oberstleutnant hat neulich g'sagt: Wie wir im 78er Jahr unten waren, hätt' keiner geglaubt, daß uns die einmal so parieren werden!... Herrgott, bei so was hätt' ich dabei sein mögen! – Da steh'n sie alle auf von der Bank. – Servus, servus! – Das ist halt zuwider, daß unsereiner nicht dazu kommt. – Wär' doch schöner gewesen, auf dem Feld der Ehre, fürs Vaterland, als so... Ja, Herr Doktor, Sie kommen eigentlich gut weg!... Ob das nicht einer für mich übernehmen könnt'? – Meiner Seel', das sollt' ich hinterlassen, daß sich der Kopetzky oder der Wymetal an meiner Statt mit dem Kerl schlagen... Ah, so leicht sollt' der doch nicht davonkommen! – Ah, was! Ist das nicht egal, was nachher geschieht? Ich erfahr's ja doch nimmer! – Da schlagen die Bäume aus... Im Volksgarten hab' ich einmal eine angesprochen – ein rotes Kleid hat sie angehabt – in der Strozzigasse hat sie gewohnt – nachher hat sie der Rochlitz übernommen... Mir scheint, er hat sie noch immer, aber er red't nichts mehr davon – er schämt sich vielleicht... Jetzt schlaft die Steffi noch... so lieb sieht sie aus, wenn sie schlaft... als wenn sie nicht bis fünf zählen könnt'! – Na, wenn sie schlafen, schau'n sie alle so aus! – Ich sollt' ihr doch noch ein Wort schreiben... warum denn nicht? Es tut's ja doch ein jeder, daß er vorher noch Briefe schreibt. – Auch der Klara sollt' ich schreiben, daß sie den Papa und die Mama tröstet – und was man halt so schreibt! – und dem Kopetzky doch auch... Meiner Seel', mir kommt vor, es wär' viel leichter, wenn man ein paar Leuten Adieu gesagt hätt'... Und die Anzeige an das Regimentskommando – und die hundertsechzig Gulden für den Ballert... eigentlich noch viel zu tun... Na, es hat's mir ja keiner g'schafft, daß ich's um sieben tu'... von acht an ist noch immer Zeit genug zum Totsein!... Totsein, ja – so heißt's – da kann man nichts machen...

Ringstraße – jetzt bin ich ja bald in meinem Kaffeehaus... Mir scheint gar, ich freu' mich aufs Frühstück... es ist nicht zum glauben. – – Ja, nach dem Frühstück zünd' ich mir eine Zigarr' an, und dann geh' ich nach Haus und schreib'... Ja, vor allem mach' ich die Anzeige ans Kommando; dann kommt der Brief an die Klara – dann an den Kopetzky – dann an die Steffi... Was soll ich denn dem Luder schreiben... »Mein liebes Kind, Du hast wohl nicht gedacht«... Ah, was, Unsinn! – »Mein liebes Kind, ich danke Dir sehr«... – »Mein liebes Kind, bevor ich von hinnen gehe, will ich es nicht verabsäumen«... – Na, Briefschreiben war auch nie meine starke Seite... »Mein liebes Kind, ein letztes Lebewohl von Deinem Gustl«... – Die Augen, die sie machen wird! Ist doch ein Glück, daß ich nicht in sie verliebt war... das muß traurig sein, wenn man eine gern hat und so... Na, Gustl, sei gut: so ist es auch traurig genug... Nach der Steffi wär' ja noch manche andere gekommen, und am End' auch eine, die was wert ist – junges Mädel aus guter Familie mit Kaution – es wär' ganz schön gewesen... – Der Klara muß ich ausführlich schreiben, daß ich nicht hab' anders können... »Du mußt mir verzeihen, liebe Schwester, und bitte, tröste auch die lieben Eltern. Ich weiß, daß ich Euch allen manche Sorge gemacht habe und manchen Schmerz bereitet; aber glaube mir, ich habe Euch alle immer sehr lieb gehabt, und ich hoffe, Du wirst noch einmal glücklich werden, meine liebe Klara, und Deinen unglücklichen Bruder nicht ganz vergessene... Ah, ich schreib' ihr lieber gar nicht!... Nein, da wird mir zum Weinen... es beißt mich ja schon in den Augen, wenn ich d'ran denk'... Höchstens dem Kopetzky schreib' ich – ein kameradschaftliches Lebewohl, und er soll's den andern ausrichten... – Ist's schon sechs? – Ah, nein: halb – dreiviertel. – Ist das ein liebes G'sichtel!... Der kleine Fratz mit den schwarzen Augen, den ich so oft in der Florianigasse treff! – Was die sagen wird? – Aber die weiß ja gar nicht, wer ich bin – die wird sich nur wundern, daß sie mich nimmer sieht... Vorgestern hab' ich mir vorgenommen, das nächstemal sprech' ich sie an. – Kokettiert hat sie genug... so jung war die – am End' war die gar noch eine Unschuld!... Ja, Gustl! Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!... Der da hat sicher auch die ganze Nacht nicht geschlafen. – Na, jetzt wird er schön nach Haus geh'n und sich niederlegen – ich auch! – Haha! Jetzt wird's ernst, Gustl, ja!... Na, wenn nicht einmal das biss'l Grausen wär', so wär' ja schon gar nichts d'ran – und im ganzen, ich muß's schon selber sagen, halt' ich mich brav... Ah, wohin denn noch? Da ist ja schon mein Kaffeehaus... auskehren tun sie noch... Na, geh'n wir hinein...