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"Oh, ich bitte dich. Ich bin neugierig. Versuch einmal festzustellen, worüber sie sprechen."

"Soll ich? Wirklich?"

"Nun mach schon. Wenn sie dich erwischen und böse sind, sage ich, ich hätte dich dazu angestiftet."

"Versprichst du mir das?"

"Natürlich."

Dua war ziemlich zittrig zumute, als sie sich den Hartlingen zuwandte und in die totale Passivität verfiel, die den Zufluß von Gefühlen gestattete.

"Aufregung", sagte sie. "Sie sind aufgeregt. Jemand Neues."

"Vielleicht Estwald", meinte Odeen.

Dua hörte den Namen zum erstenmal. Sie sagte: "Das ist seltsam."

"Was ist seltsam?"

"Ich sehe eine große Sonne. Eine ganz große Sonne."

Odeen sah sie nachdenklich an. "Vielleicht sprechen sie darüber."

"Aber wie ist das möglich?"

In diesem Augenblick wurden die Hartlinge auf sie aufmerksam. Sie kamen freundlich näher und begrüßten sie in der Art der Weichwesen. Dua war zutiefst beschämt und fragte sich, ob sie wußten, daß sie sie erfühlt hatte. Doch sie ließen sich nichts anmerken."

(Odeen sagte ihr hinterher, daß man Hartlinge nur sehr selten auf ihre eigene Art miteinander sprechen sah. Sie widmeten sich den Weichwesen und schienen ihre Arbeit stets zu unterbrechen, wenn andere in der Nähe waren. "Sie mögen uns so gern", sagte Odeen. "Sie sind sehr fürsorglich.")

Von Zeit zu Zeit nahm er sie mit in die Hart-Höhlen -normalerweise, wenn Tritt sehr mit den Kindern zu tun hatte. Auch gab sich Odeen keine große Mühe, Tritt von diesen Ausflügen zu erzählen. Das hätte nur die Erwiderung ausgelöst, daß Odeens Verhätschelung Duas Abneigung vor der Sonne noch förderte und das Verschmelzen um so wirkungsloser machte ... Es war unmöglich, sich auch nur fünf Minuten mit Tritt zu unterhalten, ohne daß die Sprache auf das Verschmelzen kam.

Ein oder zweimal war sie sogar allein hier unten gewesen. Sie hatte sich dabei immer ein wenig geängstigt, obwohl die Hartlinge sehr nett waren - "sehr fürsorglich", wie Odeen sagte.

Aber sie schienen sie auch nicht sehr ernst zu nehmen. Wenn sie Fragen stellte, waren sie erfreut und manchmal auch irgendwie belustigt - das war deutlich zu spüren. Und wenn sie überhaupt antworteten, dann so allgemein, daß Dua wenig erfuhr. "Nur eine Maschine, Dua", sagten sie. "Odeen kann dir das sicher erklären."

Sie fragte sich, ob sie bei ihren Ausflügen wohl auch Estwald begegnet war. Sie wagte es nicht, nach dem Namen der Hartlinge zu fragen, die sie da unten traf (außer Losten, dem Odeen sie vorgestellt hatte und von dem sie schon viel gehört hatte). Manchmal wollte ihr scheinen, daß dieser oder jener Hartling Estwald sein könnte. Odeen sprach mit großer Ehrfurcht und einiger Zurückhaltung von ihm.

Sie vermutete, daß er äußerst wichtige Aufgaben hatte und sich nicht in den Höhlen aufhielt, die auch den Weichwesen zugänglich waren.

Aus Odeens Berichten gewann sie nach und nach den Eindruck, daß die Welt dringend Nahrung brauchte. Odeen nannte sie nur sehr selten "Nahrung". Er bezeichnete sie vielmehr als "Energie" und sagte, das wäre das Wort der Hartlinge dafür. Die Sonne verblaßte und starb, doch Estwald hatte eine Energiequelle entdeckt, die weit entfernt lag, jenseits der Sonne, auch jenseits der sieben Sterne, die am dunklen Nachthimmel leuchteten. (Odeen sagte, die sieben Sterne wären sieben Sonnen, sehr weit entfernt, und es gäbe noch viele andere Sterne, die viel weiter entfernt wären und zu schwach leuchteten, um sichtbar zu sein. Tritt hatte das gehört und gefragt, was für einen Sinn denn die Existenz eines Sternes hätte, wenn er nicht gesehen werden könnte, und er glaubte überhaupt kein Wort davon. Odeen hatte auf seine geduldige Art erwidert: "Aber Odeen!" Dua, die eigentlich eine ähnliche Frage stellen wollte, hatte es sich daraufhin anders überlegt.)

Wie es im Augenblick aussah, gab es wieder ausreichend Energie, ausreichend Nahrung, bis in alle Ewigkeit - jedenfalls sobald es Estwald und den anderen Hartlingen gelang, der neuen Energie den richtigen Geschmack zu geben.

Erst vor wenigen Tagen hatte Dua zu Odeen gesagt: "Erinnerst du dich noch, als du mich in die Hart-Höhlen führtest und ich die Hartlinge erfühlte und dabei das Bild einer großen Sonne aufnahm?"

Odeen starrte sie einen Augenblick verwirrt an. "Ich bin nicht sicher. Aber weiter, Dua. Was ist damit?"

"Ich habe nachgedacht. Ist diese Sonne vielleicht die Quelle der neuen Energie?"

"Das ist gut, Dua", hatte Odeen aufgeregt gesagt. "Es stimmt nicht ganz, aber für einen Gefühlsling ist das eine sehr gute Schlußfolgerung."

Während sie all diesen Erinnerungen nachhing, war Dua langsam und bedrückt weitergezogen, ohne sich um Zeit und Umgebung zu kümmern, und sie machte sich erst jetzt klar, daß sie die Hart-Höhlen erreicht hatte. Sie begann gerade zu überlegen, ob sie sich nun lange genug herumgetrieben hatte und lieber nach Hause gehen und Tritts unvermeidlichen Ärger auf sich nehmen sollte, als sie plötzlich - als habe der Gedanke an Tritt die Wahrnehmung ausgelöst Tritt erspürte.

Das Gefühl war so stark, daß sie nur einen verwirrten Augenblick lang glaubte, seine Gefühle aus der fernen Wohnhöhle wahrzunehmen. Nein! Er war hier, hier unten in den HartHöhlen ganz in ihrer Nähe!

Aber was wollte er hier? Verfolgte er sie? Wollte er sich hier mit ihr streiten? War er so dumm, sich an die Hartlinge zu wenden? Dua hätte es nicht ertragen...

Und dann schwächte sich das kalte Entsetzen ab und machte schierem Erstaunen Platz. Tritt dachte überhaupt nicht an sie! Er war sich ihrer Gegenwart überhaupt nicht bewußt. Sie erspürte in ihm nur eine überwältigende Entschlossenheit, vermischt mit Angst und Sorge um etwas, das er tun wollte.

Dua hätte jetzt weiter vordringen und in Erfahrung bringen können, was er da tun wollte und warum - doch nichts lag ihr in diesem Augenblick ferner. Da Tritt von ihrer Anwesenheit nichts ahnte, hatte sie nur eins im Sinn - daß sie weiter unbemerkt blieb.

Was sie nun tat, war eine reine Reflexhandlung, etwas, das sie eben noch für völlig unmöglich gehalten hätte.

Daß es dazu kam, lag vielleicht auch (wie sie sich hinterher überlegte) an ihren Erinnerungen an das Mädchengeschwätz mit Doral und an ihren frühen Versuchen mit Felsreiben. (Es gab ein kompliziertes Erwachsenenwort dafür, das sie tausendmal unangenehmer fand als das Wort, das sie als Kinder immer benutzt hatten.)

Ohne zu wissen, was sie da tat, ohne sofort zu merken, was sie getan hatte, floß sie einfach in die nächste Wand.

In die Wand! Restlos!

Das Entsetzen, das dieser Vorgang in ihr auslöste, wurde sofort gemäßigt durch die vollkommene Art und Weise, mit der er seinen Zweck erfüllte. Tritt kam fast in Reichweite vorbei und merkte überhaupt nicht, daß er an einer Stelle nur einen Ausläufer hätte auszustrecken brauchen, um seinen Mittling zu berühren.

Die Frage, was Tritt hier in den Hart-Höhlen tat, wenn er sie nicht verfolgte, war nun plötzlich völlig nebensächlich.

Sie vergaß Tritt überhaupt.

Sie war vielmehr von höchstem Erstaunen über ihre Lage erfüllt. Selbst als Kind war sie niemals völlig mit einem Felsen verschmolzen und hatte auch niemanden gekannt, der so etwas zugegeben hätte (obwohl natürlich Geschichten dieser Art kursierten). Auf keinen Fall hatte ein erwachsener Gefühlsling jemals so etwas getan und war auch nicht in der Lage dazu. Dua war ungewöhnlich durchscheinend (wie ihr Odeen immer wieder stolz bestätigte), was durch ihre mangelnde Ernährung (wie Tritt oft sagte) nur noch gefördert wurde.

Was sie da eben getan hatte, war ein handfesterer Beweis für ihre Dürre als jede denkbare Schelte ihres Rechtslings, und einen Augenblick lang schämte sie sich, und Tritt tat ihr wirklich leid.

Doch dann überflutete sie eine noch heftigere Scham. Wenn sie nun erwischt wurde? Sie, eine Erwachsene...

Wenn etwa ein Hartling vorbeikam und stehenblieb... Sie konnte unmöglich aus dem Felsen hervorkommen, wenn jemand zuschaute. Aber wie lange konnte sie bleiben? Und wenn sie nun entdeckt wurde?