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Sie eilten nach Hause, und Odeen paßte sich bereitwillig dem charakteristischen Schlängeln des Gefühlslings an.

"Erzähl mir von dem anderen Universum", sagte Dua. "Warum ist es anders? Inwiefern ist es anders? Erzähl mir alles darüber!"

Dua kam gar nicht in den Sinn, daß sie da sehr viel verlangte. Odeen, im Bewußtsein seines umfangreichen Wissens, wollte schon fragen: "Woher weißt du so viel über das andere Universum, daß du dich so dafür interessierst?"

Er unterdrückte die Frage. Dua war aus der Richtung der Hart-Höhlen gekommen. Vielleicht hatte Losten mit ihr gesprochen, in der Annahme, daß Odeen trotz allem zu sehr auf seinen Status achtete, um seinem Mittling zu helfen.

O nein, dachte Odeen ernst. Er würde keine Fragen stellen. Er würde nur erklären.

Als sie zu Hause ankamen, eilte Tritt geschäftig hin und her. "Wenn ihr beide euch unterhalten wollt, geht in Duas Zimmer. Ich habe hier draußen zu tun. Ich muß die Kinder waschen und Übungen mit ihnen machen. Keine Zeit zum Verschmelzen. Kein Verschmelzen."

Weder Odeen noch Dua hatten überhaupt daran gedacht. Dennoch lag es ihnen fern, die Anordnung zu mißachten. Das Heim des Elterlings war seine Burg. Ein Denkling hatte seine Hart-Höhlen, ein Gefühlsling seinen Treffpunkt an der Oberfläche. Der Eiterung hatte nur sein Heim.

Odeen erwiderte deshalb: "Ja, Tritt. Wir verschwinden ja schon."

Und Dua bildete liebevoll einen Ausläufer und sagte: "Wie schön, dich zu sehen, liebster Linksling." (Odeen fragte sich, ob diese Geste etwa auch darauf zurückzuführen war, daß sie nicht zum Verschmelzen gedrängt wurde. Tritt übertrieb damit immer ein wenig; mehr noch als andere Elterlinge.)

In ihrem Raum starrte Dua auf ihren Eßplatz, den sie gewöhnlich ignorierte.

Das war Odeens Einfall gewesen. Er wußte, daß es so etwas gab, und - wie er Tritt erklärte - wenn Dua nicht mit den anderen Gefühlslingen ausschwärmen wollte, war es ohne weiteres möglich, Sonnenenergie in die Höhle zu leiten, so daß sie hier essen konnte.

Tritt war entsetzt gewesen. So etwas tat man einfach nicht. Da mußten die anderen ja lachen. Die ganze Triade wäre entehrt. Warum tat Dua nicht, was sich gehörte?

"Ja, Tritt", hatte Odeen erwidert, "aber sie tut nun mal nicht, was sich gehört - warum sollten wir ihr also nicht nachgeben? Ist das so schrecklich? Sie äße dann für sich, gewänne an Substanz und machte uns glücklicher. Sie selbst wäre auch glücklicher und würde dann vielleicht sogar lernen, mit den anderen Gefühlslingen auszukommen."

Tritt willigte ein, und auch Dua hatte - nach einigem Hin und Her - nichts einzuwenden, bestand jedoch auf einem einfachen Modell, das nur zwei Elektroden für die Sonnenenergie hatte, so angeordnet, daß sich Dua dazwischensetzen konnte.

Dua benutzte das Gerät kaum, doch heute starrte sie es an und sagte: "Tritt hat es geschmückt... oder bist du das gewesen?" "Ich? Natürlich nicht."

Einige bunte Lehmstreifen zogen sich um den Fuß der Elektroden. "Ich nehme an, er will mir damit sagen, daß ich sie benutzen soll", meinte Dua. "Ich bin auch wirklich hungrig. Außerdem würde uns Tritt bestimmt nicht unterbrechen, solange ich esse, oder?"

"Nein", antwortete Odeen ernst. "Tritt würde sogar die Welt anhalten, wenn er meinte, die Rotation könnte dich beim Essen stören."

"Also - ich bin wirklich hungrig", sagte Dua.

Odeen glaubte ein Schuldgefühl aufzufangen. Ein Schuldgefühl wegen Tritt? Wegen ihres Hungers? Warum sollte sich Dua schuldig fühlen, weil sie hungrig war? Oder hatte sie etwas getan, das Energie erforderte, und war nun deshalb...

Ungeduldig schob er den Gedanken beiseite. Es gab Momente, da ein Denkling zu sehr grübelte und sich in seine Überlegungen verrannte, ohne sich noch darum zu kümmern, was wichtig war und was nicht. Im Augenblick kam es nur auf sein Gespräch mit Dua an.

Sie setzte sich zwischen die Elektroden, und als sie sich dazu zusammenfaltete, wurde ihre Winzigkeit ganz offensichtlich. Auch Odeen war hungrig; er sah das an den Enden der Elektroden, die ihm heller vorkamen als gewöhnlich, und noch auf diese Entfernung nahm er den köstlichen Geschmack der Nahrung wahr. Wenn man hungrig war, schmeckte man die Nahrung auf größere Distanz als gewöhnlich... Aber er wollte später essen.

"Sitz da nicht so stumm herum, mein lieber Linksling. Er-zähl's mir. Ich will alles wissen." Dua hatte (unbewußt?) die ovale Form eines Denklings angenommen, wie um damit zu dokumentieren, daß sie als Denkling angesehen werden wollte.

"Alles kann ich dir unmöglich erklären, Dua. Die Wissenschaft, meine ich, denn dir fehlt doch das Grundwissen. Ich will mich möglichst einfach ausdrücken, und du hörst erst einmal zu. Hinterher sagst du mir dann, was du nicht verstanden hast, und ich versuche das dann zu erklären. Zunächst weißt du sicherlich, daß alle Materie aus winzigen Partikeln besteht, die Atome genannt werden, und daß diese aus noch kleineren Bausteinen bestehen."

"Ja, ja", antwortete Dua. "Deshalb können wir ja verschmelzen."

"Genau. Denn wir bestehen in Wirklichkeit hauptsächlich aus leerem Raum. Alle Partikel sind weit voneinander entfernt, und deine und meine und Tritts Partikel können zusammenkommen, weil jeder Satz in die Leere rings um die Atome der anderen paßt. Daß die Materie nicht restlos auseinanderstrebt, liegt daran, daß die Partikel über die trennenden Entfernungen doch zusammenhalten. Es gibt Anziehungskräfte, die sie halten, von denen die stärkste die sogenannte Atomkraft ist. Sie hält die wesentlichen Elementarteile in sehr festen Gruppen zusammen, die weit verstreut sind und ihrerseits durch schwächere Kräfte verbunden bleiben. Verstehst du das?"

"Nur ein bißchen", sagte Dua.

"Na ja, macht nichts. Wir können das später noch einmal durchgehen... Die Materie kann in verschiedenen Zustandsformen existieren. Sie kann besonders breit verteilt sein wie in den Gefühlslingen - wie in dir, Dua. In den Denklingen und Eiterungen ist sie nicht ganz so verbreitet. Und noch weniger im Felsgestein. Sie kann aber auch sehr zusammengedrängt oder dicht sein, wie in den Hartlingen. Deshalb sind sie auch hart. Sie sind mit Partikeln angefüllt."

"Du meinst, es ist überhaupt kein leerer Raum in ihnen?"

"Nein, das meine ich nicht", erwiderte Odeen, der nicht recht wußte, wie er das Problem noch verdeutlichen sollte. "Sie haben auch noch viel freien Raum in sich, aber nicht soviel wie wir. Partikel brauchen einen bestimmten freien Raum, und wenn sie nur wenig davon haben, können sich andere Partikel nicht dazwischendrängen. Wenn trotzdem andere Teilchen hineingezwängt werden, tut es weh. Deshalb lassen sich die Hart-linge auch nicht gern von uns berühren. Wir Weichwesen haben mehr Platz zwischen unseren Partikeln, als wir eigentlich brauchen - also passen noch andere Partikel hinein."

Dua machte nicht gerade den Eindruck, als hätte sie alles verstanden.

Odeen sprach hastig weiter. "Im anderen Universum sind die Regeln anders. Die Atomkraft ist dort nicht so groß wie bei uns. Das bedeutet, daß die Partikel mehr Platz brauchen."

"Wieso?"

Odeen schüttelte den Kopf. "Weil... weil... die Wellensysteme der Partikel weiter ausgebreitet sind. Ich kann es nicht anders erklären. Bei einer schwächeren Atomkraft brauchen die Partikel Platz, und zwei Materiestückchen können nicht so leicht miteinander verschmelzen wie in unserem Universum."

"Können wir denn das andere Universum sehen?"

"O nein. Das ist unmöglich. Wir können es allenfalls aus seinen grundlegenden Gesetzen ableiten. Unternehmen können die Hartlinge allerdings eine Menge. Wir können Materie hinüberschicken und erhalten andere Materie im Austausch. Wir können ihre Materie untersuchen, weißt du. Und wir können die Positronenpumpe errichten. Darüber weißt du doch Bescheid, oder?"