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Das überraschte ihn. Er konnte nicht leugnen, daß ihm eigentlich Tritt lieber war als Dua. Im Idealfalle bildeten die Mitglieder einer Triade eine Einheit, in der jedes Mitglied die anderen beiden genau gleich behandelte. Doch kannte Odeen keine Triade, in der das der Fall war; am wenigsten in den Gemeinschaften, die sich in dieser Beziehung lautstark als vollkommen bezeichneten. Einer der drei stand im allgemeinen etwas außerhalb und wußte das meistens auch.

Allerdings war es selten der Gefühlsling. Die Gefühlslinge halfen sich über die Grenzen der Triaden hinweg gegenseitig — was Denklinge und Elterlinge niemals taten. Der Denkling hat seine Lehrer, lautete ein Sprichwort, und der Elterling seine Kinder — doch der Gefühlsling hat alle anderen Gefühlslinge.

Die Gefühlslinge unterhielten sich oft über ihre Erlebnisse, und wenn einer eine Vernachlässigung anzeigen konnte, wurde er mit genauen Anweisungen nach Hause geschickt, wo er die Stellung behaupten und Forderungen anmelden mußte! Und da das Verschmelzen sehr vom Gefühlsling und seiner Einstellung abhing, wurde von Links und Rechts gewöhnlich schnell nachgegeben.

Aber Dua war ein so untypischer Gefühlsling! Es schien ihr gleichgültig zu sein, daß sich Odeen und Tritt so nahestanden, und sie hatte keine guten Freundinnen unter den anderen Gefühlslingen, die ihr diese Gleichgültigkeit ausgetrieben hätten. Ja, das war es: Dua war ein so untypischer Gefühlsling. Odeen mochte es sehr, wenn sie sich für seine Arbeit interessierte, und freute sich über ihren Einsatz und ihre erstaunliche Lernfähigkeit; aber das war nur eine intellektuelle Liebe. Seine tieferen Gefühle galten dem geradlinigen, dummen Tritt, der seinen Platz genau kannte und der außer dem absolut Notwendigen so wenig zu bieten hatte — die Sicherheit bewährter Routine.

Doch jetzt war Odeen ungeduldig. »Hast du nicht von Dua gehört, Tritt?« fragte er.

Tritt antwortete nicht direkt. »Ich habe zu tun. Wir sprechen später noch. Ich bin sehr beschäftigt gewesen«, sagte er nur.

»Wo sind die Kinder? Bist du auch irgendwo unterwegs gewesen? Du hast eine ganz seltsame Aura.«

Leiser Ärger schlich sich in Tritts Stimme: »Die Kinder sind wohlerzogen. Sie können auch mal allein in die Gemeinschaftsaufsicht gehen. Also wirklich, Odeen, sie sind keine Babies mehr.« Doch die seltsame Aura stritt er nicht ab.

»Es tut mir leid. Ich will ja nur, daß Dua kommt.«

»Die Sehnsucht solltest du öfter haben«, meinte Tritt. »Du sagst mir immer, ich soll sie in Ruhe lassen. Nun geh sie auch suchen.« Und er verschwand im Hintergrund der Wohnhöhle.

Odeen schaute seinem Rechtsling überrascht nach. Normalerweise wäre er dem anderen jetzt gefolgt, um die ungewöhnliche Unruhe zu erkunden, die sich da durch die angeborene Schwerfälligkeit des Elterlings bemerkbar machte. Was hatte Tritt angestellt?

Aber er wartete auf Dua, wobei er von Sekunde zu Sekunde nervöser wurde — und er ließ Tritt in Ruhe.

Die Sorge schärfte Odeens Empfindungsvermögen. Im allgemeinen waren Denklinge fast stolz auf ihre unzureichende Wahrnehmung. Sie war keine Sache des Geistes; sie war Sache der Gefühlslinge. Odeen war ein hochgradiger Denkling und legte Wert auf logisches Denken und nicht auf Gefühl — trotzdem schickte er nun mit aller Kraft das unvollkommene Netz seiner Gefühlswahrnehmung aus und wünschte sich einen kurzen Augenblick, Gefühlsling zu sein, damit er seine Reichweite erhöhen und besser beobachten konnte.

Schließlich erfüllten seine Gaben doch ihren Zweck. Schwach machte er Duas Annäherung aus, in einer für ihn ungewöhnlichen Entfernung; und er eilte ihr entgegen. Und da er sie so weit entfernt bemerkte, war er sich ihrer durchscheinenden Struktur auch mehr bewußt als sonst. Sie war eigentlich nur ein Nebelhauch, weiter nichts.

Tritt hatte recht, überlegte Odeen in plötzlicher Sorge. Dua mußte irgendwie zum Essen und Verschmelzen angehalten werden. Ihr Lebensinteresse mußte angeregt werden.

So sehr konzentrierte er sich auf diese Dinge, daß er es als gar nicht ungewöhnlich empfand, als sie ihm jetzt entgegenstürzte und ihn praktisch umhüllte, ohne sich darum zu kümmern, daß sie gar nicht allein waren und beobachtet werden konnten, und schließlich sagte: »Odeen, ich muß alles wissen… ich muß so unendlich viel wissen…« Er nahm diesen Ausbruch als die Fortsetzung seines Gedankens.

Vorsichtig wich er zurück und versuchte sich geziemend zu lösen, ohne zugleich den Eindruck zu erwecken, als stieße er sie zurück. »Komm! Ich habe schon auf dich gewartet. Sag mir, was du wissen willst. Wenn ich kann, werde ich es dir erklären.«

Sie eilten nach Hause, und Odeen paßte sich bereitwillig dem charakteristischen Schlängeln des Gefühlslings an.

»Erzähl mir von dem anderen Universum«, sagte Dua. »Warum ist es anders? Inwiefern ist es anders? Erzähl mir alles darüber!«

Dua kam gar nicht in den Sinn, daß sie da sehr viel verlangte. Odeen, im Bewußtsein seines umfangreichen Wissens, wollte schon fragen: »Woher weißt du so viel über das andere Universum, daß du dich so dafür interessierst?«

Er unterdrückte die Frage. Dua war aus der Richtung der Hart-Höhlen gekommen. Vielleicht hatte Losten mit ihr gesprochen, in der Annahme, daß Odeen trotz allem zu sehr auf seinen Status achtete, um seinem Mittling zu helfen.

O nein, dachte Odeen ernst. Er würde keine Fragen stellen. Er würde nur erklären.

Als sie zu Hause ankamen, eilte Tritt geschäftig hin und her. »Wenn ihr beide euch unterhalten wollt, geht in Duas Zimmer. Ich habe hier draußen zu tun. Ich muß die Kinder waschen und Übungen mit ihnen machen. Keine Zeit zum Verschmelzen. Kein Verschmelzen.«

Weder Odeen noch Dua hatten überhaupt daran gedacht. Dennoch lag es ihnen fern, die Anordnung zu mißachten. Das Heim des Elterlings war seine Burg. Ein Denkling hatte seine Hart-Höhlen, ein Gefühlsling seinen Treffpunkt an der Oberfläche. Der Elterling hatte nur sein Heim.

Odeen erwiderte deshalb: »Ja, Tritt. Wir verschwinden ja schon.«

Und Dua bildete liebevoll einen Ausläufer und sagte: »Wie schön, dich zu sehen, liebster Linksling.« (Odeen fragte sich, ob diese Geste etwa auch darauf zurückzuführen war, daß sie nicht zum Verschmelzen gedrängt wurde. Tritt übertrieb damit immer ein wenig; mehr noch als andere Elterlinge.)

In ihrem Raum starrte Dua auf ihren Eßplatz, den sie gewöhnlich ignorierte.

Das war Odeens Einfall gewesen. Er wußte, daß es so etwas gab, und — wie er Tritt erklärte — wenn Dua nicht mit den anderen Gefühlslingen ausschwärmen wollte, war es ohne weiteres möglich, Sonnenenergie in die Höhle zu leiten, so daß sie hier essen konnte.

Tritt war entsetzt gewesen. So etwas tat man einfach nicht. Da mußten die anderen ja lachen. Die ganze Triade wäre entehrt. Warum tat Dua nicht, was sich gehörte?

»Ja, Tritt«, hatte Odeen erwidert, »aber sie tut nun mal nicht, was sich gehört — warum sollten wir ihr also nicht nachgeben? Ist das so schrecklich? Sie äße dann für sich, gewänne an Substanz und machte uns glücklicher. Sie selbst wäre auch glücklicher und würde dann vielleicht sogar lernen, mit den anderen Gefühlslingen auszukommen.«

Tritt willigte ein, und auch Dua hatte — nach einigem Hin und Her — nichts einzuwenden, bestand jedoch auf einem einfachen Modell, das nur zwei Elektroden für die Sonnenenergie hatte, so angeordnet, daß sich Dua dazwischensetzen konnte.

Dua benutzte das Gerät kaum, doch heute starrte sie es an und sagte: »Tritt hat es geschmückt… oder bist du das gewesen?«

»Ich? Natürlich nicht.«

Einige bunte Lehmstreifen zogen sich um den Fuß der Elektroden. »Ich nehme an, er will mir damit sagen, daß ich sie benutzen soll«, meinte Dua. »Ich bin auch wirklich hungrig. Außerdem würde uns Tritt bestimmt nicht unterbrechen, solange ich esse, oder?«

»Nein«, antwortete Odeen ernst. »Tritt würde sogar die Welt anhalten, wenn er meinte, die Rotation könnte dich beim Essen stören.«