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»Nur weil Sie daran glauben wollen?«

»Nicht nur deswegen. Betrachten wir es einmal so. Nehmen wir an, die Pumpe bringt keinen Schaden, während ich darauf bestehe, daß sie gefährlich ist. In diesem Fall muß ich eines Tages als Narr dastehen, und mein wissenschaftlicher Ruf wäre dahin. Nach Ansicht der Leute, auf die es ankommt, bin ich aber längst ein Narr und habe keinen wissenschaftlichen Ruf mehr.«

»Warum das, Ben? Sie haben das schon mehrmals angedeutet. Können Sie mir nicht die ganze Geschichte erzählen?«

»Sie wären überrascht, wie wenig es da zu erzählen gibt. Im Alter von fünfundzwanzig war ich noch so kindisch, daß ich es für nötig hielt, einen Narren zu beleidigen, nur weil er ein Narr war. Da er dafür nichts konnte, war ich natürlich der noch größere Narr. Meine Beleidigung trieb ihn in Höhen hinauf, zu denen er sich allein niemals aufgeschwungen hätte…«

»Sie sprechen von Hallam?«

»Ja, natürlich. Und mit seinem Aufstieg kam mein Abgang. Und schließlich landete ich hier auf dem Mond.«

»Ist das so schlimm?«

»Nein, ich finde es sogar gut. Sagen wir also, er hat mir auf lange Sicht einen Gefallen getan… Aber kehren wir doch zum Thema zurück. Ich versuchte gerade zu erklären, daß ich nichts mehr zu verlieren habe, wenn ich die Pumpe für problematisch halte und mich irre. Wenn ich die Pumpe andererseits für harmlos halte und mich irre, vernichte ich die Welt. Gewiß, ich habe den größten Teil meines Lebens bereits hinter mir und könnte mir auch einreden, daß ich gar keinen Grund hätte, die Menschheit übermäßig zu lieben. Doch im Grunde haben mir nur wenige Menschen wirklich weh getan, und wenn nun aus Rache an den wenigen alle anderen zu Schaden kämen, wäre das unverzeihlich.

Um einen weniger noblen Grund anzuführen, Selene, denken wir mal an meine Tochter. Ehe ich zum Mond abreiste, stellte sie den Antrag auf ein Kind. Sie wird die Genehmigung vermutlich erhalten, und in nicht allzuferner Zukunft werde ich — wenn Sie den Ausdruck verzeihen — Großvater sein. Ich habe den Wunsch, daß mein Enkel eine normale Lebenserwartung mit auf den Weg bekommt. Also gehe ich lieber auch künftig davon aus, daß die Pumpe gefährlich ist, und handle entsprechend.«

Selene sagte eindringlich: »Aber das meine ich doch. Ist die Pumpe gefährlich oder nicht? Ich meine, ich will die Wahrheit hören und nicht, was alle Leute glauben möchten.«

»Das müßte ich Sie fragen. Sie sind hier der Intuitionist. Was sagt Ihnen Ihre Intuition?«

»Aber das stört mich ja gerade, Ben. Ich gewinne einfach keine Gewißheit. Irgend etwas drängt mich, die Pumpe für gefährlich zu halten, aber vielleicht liegt das auch nur daran, daß ich es glauben möchte.«

»Gut. Vielleicht stimmt das. Warum?«

Selene lächelte bedauernd und zuckte die Achseln. »Es wäre schön, wenn Barron sich irrte. Wenn er sich auf dem richtigen Pfad glaubt, ist er seiner Sache immer so schrecklich sicher!«

»Ich weiß, ich weiß. Sie wollen sein Gesicht sehen, wenn er seinen Irrtum eingestehen muß. Ich weiß, wie stark so ein Gefühl werden kann. Ja, wenn die Pumpe wirklich gefährlich ist und ich das beweisen könnte, würde man mich womöglich als Retter der Menschheit feiern, und doch — das schwöre ich — wäre mir mehr daran gelegen, Hallams Gesicht zu sehen, wenn er es erfährt. Da ich nicht gerade stolz auf dieses Gefühl bin, werde ich wahrscheinlich darauf bestehen, den Ruhm mit Lamont zu teilen, der ihn immerhin auch verdient hat, und mein Vergnügen darauf zu beschränken, Lamonts Gesicht zu beobachten, der seinerseits Hallams Gesicht beobachtet. Die Sache wäre dann um eine Stufe zurückversetzt…Aber ich rede Unsinn… Selene?«

»Ja, Ben?«

»Wann haben Sie gemerkt, daß Sie Intuitionist sind?«

»Ich weiß es nicht genau.«

»Ich nehme an, Sie haben in der Schule Physik gehabt?«

»O ja. Auch etwas Mathematik. Aber darin war ich nie gut. Genau genommen war ich auch in Physik keine Leuchte. Wenn ich in Not war, versuchte ich die Antworten immer zu erraten; Sie wissen schon: ich versuchte zu erraten, was ich tun mußte, um zu den richtigen Antworten zu kommen. Das klappte oft, und wenn ich anschließend gefragt wurde, warum ich etwas so getan hatte und nicht anders, blieb ich meistens stecken. Die Lehrer meinten, ich schummelte, konnten mir aber nichts beweisen.«

»Auf den Intuitionismus sind sie nicht gekommen?«

»Ich glaube nicht. Ich selbst ja auch nicht. Bis — nun, einer meiner ersten Sex-Partner war Physiker. Er ist auch der Vater meines Kindes — vorausgesetzt, das Sperma kam wirklich von ihm. Er hatte ein fachliches Problem und erzählte mir davon, als wir hinterher im Bett lagen — vermutlich suchte er nur einen Gesprächsstoff. Und ich erwiderte: »Ich glaube, ich hab’s!« und sagte es ihm. Er probierte es aus — nur so zum Spaß, wie er sagte, und es funktionierte. Damit war der erste Schritt auf dem Weg zum Pionisator getan, den Sie ja für viel besser halten als das Protonensynchrotron.«

»Der war Ihre Idee?« Denison hielt einen Finger unter das tropfende Wasser und wollte ihn in den Mund stecken. Im letzten Augenblick hielt er inne. »Ist das Wasser sauber?«

»Es ist völlig steril«, antwortete Selene. »Es kommt in das allgemeine Reservoir und wird dort aufbereitet. Es ist mit Sulfaten, Karbonaten und ein paar anderen Dingen durchsetzt. Schmecken wird es Ihnen nicht.«

Denison rieb sich die Finger an seinem Höschen ab. »Sie haben den Pionisator erfunden?«

»Nicht erfunden. Ich hatte nur die Grundidee. Es war noch ein weiter Weg bis zur fertigen Anlage; Barron hat die meiste Arbeit getan.«

Denison schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, Selene, Sie sind ein Phänomen. Sie gehören eigentlich unter die Aufsicht der Molekularbiologen.«

»O wirklich? Das stelle ich mir aber nicht sehr aufregend vor.«

»Vor etwa einem halben Jahrhundert erlebte der Trend zur genetischen Formung einen Höhepunkt…«

»Ich weiß. Dann gab’s eine Bauchlandung und ein Gerichtsurteil. Heute ist die ganze Forschungsrichtung verboten — soweit sich Forschung überhaupt für illegal erklären läßt. Ich kenne Leute, die trotzdem weitergearbeitet haben.«

»Das kann ich mir vorstellen. Am Intuitionismus?«

»Nein, ich glaube nicht.«

»Ah, aber darauf will ich hinaus. Auf dem Höhepunkt des Trends zur genetischen Formung wurde der Versuch unternommen, eine Intuitionsforschung anzuregen. Fast alle großen Wissenschaftler besaßen natürlich intuitive Fähigkeiten, die — wie man glaubte der wichtigste Schlüssel zum schöpferischen Denken waren. Es hieß, daß ein gesteigertes Intuitivvermögen das Produkt besonderer Gene-Kombinationen wäre, und daraus folgten alle möglichen Spekulationen über die Natur dieser Kombination.«

»Ich würde sagen, da kämen sicher eine ganze Reihe in Frage.«

»Und ich würde sagen, wenn die Intuition Ihnen das zuflüstert, haben Sie vermutlich recht. Aber es gab auch Leute, die ein Gen oder eine kleine Gruppe zusammenhängender Gene — in der Kombination für besonders ausschlaggebend hielten, so daß man vielleicht von einem Intuitionsgen sprechen könnte… Dann brach die ganze Angelegenheit zusammen.«

»Wie ich schon sagte.«

»Aber bevor sie zusammenbrach«, fuhr Denison fort, »hatte man schon Versuche unternommen, Gene zu ändern, um die Intensität des Intuitionismus zu steigern, und einige behaupteten auch, daß da schon ein gewisser Erfolg erzielt worden wäre. Die veränderten Gene wanderten in die allgemeine Erbmasse, da bin ich sicher, und wenn Sie zufällig etwas davon geerbt haben sollten… Hatten Ihre Großeltern vielleicht mit dem Programm zu tun?«