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»Natürlich.«

»Gut. Die Unterschiede zwischen unserem Universum und dem Parauniversum liegen so offensichtlich in der Starken nuklearen Wechselwirkung, daß sich unsere Forschungen bisher nur darauf konzentriert haben. Aber es gibt nicht nur eine Wechselwirkung, sondern vier. Außer der Starken haben wir da die elektromagnetische, die Schwache und die GravitationsWechselwirkung, mit Intensitäts-Verhältnissen von 130:1:10–10:10–42. Aber wenn es vier gibt, warum dann nicht eine unendliche Anzahl, die alle zu schwach sind, als daß sie erspürbar wären?«

»Wenn eine Wechselwirkung zu schwach ist, um spürbar zu sein oder irgendeinen Einfluß auszuüben, dann existiert sie nach wissenschaftlicher Definition nicht«, sagte Denison.

»In diesem Universum«, entgegnete Selene heftig. »Wer weiß, was es in den Parauniversen gibt oder nicht gibt! Mit einer unendlichen Anzahl möglicher Wechselwirkungen, von denen jede in ihrer Stärke in bezug auf eine als Standard angenommene Wechselwirkung unendlich verschieden sein kann, ist die Anzahl der möglichen existenten Universen ebenfalls unendlich.«

»Das ist vielleicht die Unendlichkeit des Kontinuums; Alepheins und nicht Alephnull.«

Selene runzelte die Stirn. »Was heißt das?«

»Unwichtig. Reden Sie weiter.«

»Warum arbeiten wir also mit dem einen Parauniversum, das sich uns aufgedrängt hat und das unseren Bedürfnissen vielleicht überhaupt nicht entspricht — und warum versuchen wir statt dessen nicht festzustellen, welches Universum — aus der unendlichen Sammlung der Möglichkeiten — am besten für uns geeignet ist und sich am einfachsten lokalisieren läßt? Entwerfen wir uns doch ein Universum — denn es muß ja existieren, was wir uns entwerfen und suchen danach!«

Denison lächelte. »Selene, ich habe schon genau den gleichen Gedanken gehabt. Und obgleich es kein Gesetz gibt, das mir sagt, daß ich vielleicht recht habe, erscheint es unwahrscheinlich, daß sich ein brillanter Kopf wie ich völlig irren kann, wenn ein brillanter Kopf wie Sie unabhängig zur gleichen Schlußfolgerung kommt…Wissen Sie was?«

»Was denn?« fragte Selene.

»Mir fängt Ihre verdammte Mondnahrung an zu gefallen. Wenigstens gewöhne ich mich daran. Gehen wir nach Hause und essen wir, und dann können wir uns auf unsere Pläne stürzen. Und wissen Sie noch etwas?«

»Was?«

»Da wir nun schon zusammenarbeiten, wie war’s da mit einem Kuß — zwischen Experimentalist und Intuitionist?«

Selene überlegte. »Wir haben wohl beide schon hinreichend Küsse ausgeteilt und erhalten. Warum tun wir’s also nicht von Mann zu Frau?«

»Das läßt sich wohl noch schaffen. Aber was kann ich tun, damit’s nicht zu ungeschickt ausfällt? Wie sind hier die Kußregeln?«

»Folgen Sie Ihrem Instinkt«, antwortete Selene gelassen.

Vorsichtig legte Denison die Arme auf den Rücken und neigte sich zu ihr hinüber. Nach einer Weile fuhren seine Arme um ihren Rücken.

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»Und dann habe ich seinen Kuß tatsächlich erwidert«, sagte Selene nachdenklich.

»Oh, wirklich?« Barron Nevilles Stimme klang barsch. »Also, das nenne ich Pflichterfüllung!«

»Ich weiß nicht. So schlimm war es gar nicht. Eigentlich« — und sie lächelte — »war er ganz nett dabei. Er hatte Angst, sich ungeschickt anzustellen, und hielt zuerst seine Arme auf dem Rücken versteckt; er wollte mich wohl nicht erdrücken.«

»Komm, erspar mir die Einzelheiten.«

»Was macht dir das schon aus?« fauchte sie plötzlich. »Du bist doch hier der Platonische, nicht wahr?«

»Willst du’s anders? Jetzt?«

»Du brauchst nicht auf Kommando anzurücken.«

»Aber dir würde ich das raten. Wann, meinst du, wirst du uns sagen, was wir brauchen?«

»Sobald ich kann«, erwiderte sie tonlos.

»Ohne daß er es weiß?«

»Er ist nur an der Energie interessiert.«

»Und an der Rettung der Welt«, höhnte Neville, »und an seiner Heldenrolle. Er ist interessiert, es allen zu zeigen. Und dich zu küssen.«

»Daraus macht er kein Hehl. Und was hast du zu bieten?«

»Ungeduld«, rief Neville aus. »Verdammt große Ungeduld.«

14

»Ich bin froh«, sagte Denison langsam, »daß der Tag vorüber ist.« Er hob seinen rechten Arm und betrachtete den unförmigen Isolierstoff. »An die Lunarsonne kann und will ich mich nicht gewöhnen. Im Vergleich dazu kommt mir sogar der Raumanzug als etwas Natürliches vor.«

»Was gefällt dir an der Sonne nicht?« fragte Selene. »Sag nur nicht, daß du sie magst, Selene!«

»Nein, natürlich nicht. Ich hasse sie. Aber ich bekomme sie ja auch nie zu Gesicht. Du bist ein… Du bist die Sonne doch gewöhnt.«

»Nicht so, wie sie hier auf dem Mond ist. Hier oben strahlt sie aus schwarzem Himmel herab. Sie überblendet die Sterne, anstatt sie abzumildern. Sie ist heiß, stechend und gefährlich. Sie ist ein Feind, und wenn sie am Himmel steht, habe ich unweigerlich das Gefühl, daß unsere Versuche, die Feldintensität herabzusetzen, fehlschlagen müssen.«

»Das ist doch abergläubisch, Ben«, sagte Selene mit einem Anflug von Ungeduld. »Die Sonne hat damit nichts zu tun. Und wir waren ja ohnehin die ganze Zeit im Kraterschatten, wo es nachtschwarz war. Mit Sternen und allem, was dazugehört.«

»Nicht ganz«, widersprach Denison. »Jedesmal wenn wir nach Norden schauten, sahen wir den Streifen Sonnenlicht schimmern. Obwohl ich ungern nach Norden schaute, wurde mein Blick immer wieder dorthin gezogen. Und jedesmal, wenn ich dem Drang nachgab, spürte ich, wie das Ultraviolett meine Helmplatte ansprang.«

»Das bildest du dir nur ein. Zunächst gibt es überhaupt keine ultraviolette Strahlung in reflektiertem Licht; zweitens schützt dich dein Anzug vor jeder Strahlung.«

»Nicht aber vor Hitze. Wenigstens nicht sehr.«

»Aber nun ist der Tag vorbei.«

»Ja«, sagte Denison befriedigt, »und das gefällt mir.« Mit immer neuem Staunen sah er sich um. Am Himmel hing natürlich die Erde, an gewohnter Stelle; ein breit ausschwingender Halbbogen nun, der sich nach Südwesten wölbte. Die Konstellation Orion erhob sich darüber, ein Jäger, der aus dem schimmernd-gerundeten Stuhl der Erde aufstand. Der Horizont leuchtete im Widerschein des schwachen Lichts der Erdsichel.

»Schön ist das«, bemerkte er. Dann: »Selene, zeigt der Pionisator etwas?«

Selene, die schweigend zum Himmel aufblickte, trat an das Durcheinander von Geräten, das während der letzten drei Tag und Nachtwechsel im Kraterschatten aufgebaut worden war.

»Noch nicht«, antwortete sie, »aber das ist nur gut. Die Feldstärke hält sich bei etwas über fünfzig.«

»Das ist nicht niedrig genug.«

»Weiter können wir sie nicht senken. Ich bin sicher, daß alle Parameter stimmen.«

»Das Magnetfeld auch?« fragte er.

»Beim Magnetfeld weiß ich es nicht genau.«

»Wenn wir das verstärken, wird das Ganze instabil.«

»Das sollte es aber nicht. Ich weiß es.«

»Selene, ich baue auf deine Intuition — aber nicht, wenn die Tatsachen dagegen sprechen. Es wird instabil. Wir haben’s doch ausprobiert.«

»Ich gewiß. Ben. Aber nicht ganz mit dieser Geometrie. Es hat sich jetzt schon erstaunlich lange bei zweiundfünfzig gehalten. Wenn wir es nun stundenlang halten und nicht nur Minuten, müßten wir doch das Magnetfeld auch Minuten und nicht nur sekundenlang auf das Zehnfache verstärken können…. Versuchen wir’s.«

»Noch nicht«, erwiderte Denison.

Selene zögerte, trat zurück, wandte sich ab. »Du hast noch immer keine Sehnsucht nach der Erde, Ben?« fragte sie.

»Nein. Es ist seltsam, aber sie fehlt mir wirklich nicht. Ich hätte gedacht, daß mir der blaue Himmel, die grüne Erde, das dahinfließende Wasser abgehen würden — all die oft benutzten Adjektiv-Substantiv-Kombinationen. Sie fehlen mir nicht. Ich träume nicht einmal davon.«