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»Oder?« wiederholte Kim herausfordernd und ballte die Fäuste. Er kannte sich selbst nicht wieder. Es war sonst ganz und gar nicht seine Art, sich auf so plumpe Weise herausfordern zu lassen. Aber die bloße Anwesenheit des Zwerges reizte ihn schon, als verströme die schwarzgekleidete Gestalt etwas, das ihn in Wut brachte.

Der andere antwortete nicht, aber plötzlich hörte Kim ein Stampfen, und als er sich herumdrehte, da sah er, daß Brokk den Pflug fahrengelassen hatte und mit weit ausgreifenden Schritten quer über den frisch gepflügten Acker herbeikam. Sein grünes Auge schien drohend zu leuchten.

»Was ist denn los?« drang Brobings Stimme vom Haus her. Kim wandte den Kopf und sah, daß der Bauer und seine Frau eilig herbeikamen. »Kim - Jarrn! Was geht hier vor?«

»Nichts«, meinte Kim grollend.

Jarrn deutete anklagend mit einem dürren Zeigefinger auf ihn. »Dieser unverschämte Lümmel wollte mich nicht ins Haus lassen, Brobing. Ist er ein Verwandter von Euch?«

»Er ist... der Sohn eines guten Freundes«, sagte der Bauer. »Bitte, verzeiht ihm sein Benehmen. Er weiß nicht, wer Ihr seid. Und er ist noch jung. Ihr wißt, wie Kinder sind.« Bei diesen Worten warf er Kim einen beschwörenden Blick zu.

»Ja«, schnarrte Jarrn herablassend. »Das weiß ich. Deshalb verabscheue ich sie ja auch. Fast so sehr wie Bauernpack.«

Zu Kims unbeschreiblicher Überraschung lachte Brobing zu diesen Worten, wenn es auch etwas gekünstelt klang. Dann deutete er mit einer einladenden Geste aufs Haus. »Aber kommt doch herein, Jarrn. Ihr müßt hungrig und erschöpft sein. Meine Frau wird Euch eine Mahlzeit bereiten.«

»Dazu ist keine Zeit«, antwortete Jarrn ruppig. »Ich muß gleich weiter. Ich will heute noch zwei weitere Höfe besuchen. Aber einen Becher Wein nehme ich, während Ihr das Geld holt.«

»Das Geld?« Brobing blinzelte. »Schon jetzt?«

»Habt Dir es etwa nicht?« fragte der Zwerg und kniff mißtrauisch ein Auge zu.

»Doch, doch«, beschwichtigte ihn Brobing hastig. »Es liegt bereit. Ich habe Euch nur noch nicht erwartet. Im letzten Jahr -«

»Letztes Jahr war letztes Jahr«, unterbrach ihn Jarrn unwillig. »Wenn Ihr es nicht habt, komme ich auf dem Rückweg wieder vorbei, in einem Monat. Aber länger warte ich nicht. Habt Ihr die Summe nicht, nehme ich ihn wieder mit.« Er deutete auf Brokk, der mittlerweile dicht herangekommen war, jetzt aber langsamer ging.

Brobings Blick folgte der Geste des Zwerges. »Aber ich habe es ja«, beeilte er sich. »Sogar mehr als das. Ich kann die Summe, die im Winter fällig ist, gleich jetzt bezahlen. Das spart Euch einen Weg, Herr.«

»Eure Geschäfte scheinen ja gut zu gehen«, sagte Jarrn, ohne auf die Worte des Bauern einzugehen.

»Ich kann nicht klagen.« Brobing schien erst jetzt zu bemerken, daß Brokk seine Arbeit liegengelassen hatte, denn sein Antlitz verdunkelte sich.

»Was fällt dir ein?« rief er. »Geh sofort wieder aufs Feld zurück, Brokk. Bis heute abend muß umgegraben sein!« Brokk gehorchte - aber erst, wie Kim bemerkte, nachdem der Zwerg eine rasche, kaum wahrnehmbare Bewegung mit der Hand gemacht hatte, die Brobing nicht auffiel. Sie gingen ins Haus. Brobing und der Zwerg setzten sich an den Tisch, an dem Kim am Abend zuvor gegessen hatte. Kim überlegte einen Moment, ob er sich zu ihnen setzen sollte, fing aber dann einen ärgerlichen Blick des Besuchers auf und zog es vor, zu Jara in die Küche zu gehen. Sie hatte bereits begonnen, das Abendessen vorzubereiten.

Jara stand am Herd und rührte mit einem hölzernen Löffel in einem riesigen, gußeisernen Topf, aus dem es verlockend duftete. Als Kim eintrat, lächelte sie und deutete mit einer Kopfbewegung zu einem Stapel säuberlich aufgereihter Porzellanteller auf einem Regal. Sie lächelte erneut, als Kim sich einen davon nahm und sie ihm eine gewaltige Kelle voller Suppe einschenkte.

»Wer ist das?« fragte Kim, nachdem er den ersten Löffel gekostet hatte, und deutete auf die Stube.

»Jarrn?« Jara machte ein Gesicht, das die Frage eigentlich schon beantwortete - zumindest wurde deutlich, was sie von dem überraschenden Gast hielt. »Ein Zwerg aus den östlichen Bergen«, sagte sie. »Wir haben Brokk von ihm gekauft. Und jetzt kommt er zweimal im Jahr, um sein Geld zu holen, bis Brokk uns ganz gehört.«

»Und wieso läßt Brobing sich seine Grobheiten gefallen?« fragte Kim.

Jara lächelte verzeihend. »Ich sehe schon, Ihr habt noch nie Zwerge aus den östlichen Bergen getroffen«, sagte sie. »Sie sind das unhöflichste Volk, das Ihr Euch vorstellen könnt. Ich glaube, niemand hat je ein freundliches Wort von ihnen gehört. Aber sie sind nicht schlecht. Sie sind gute Handwerker. Ihre Schmiedearbeiten sind berühmt und begehrt im ganzen Land.«

»Wenn ich an Eurer Stelle wäre, würde ich ihm schon Manieren beibringen«, sagte Kim.

Jara seufzte. »Diese Leute sind nicht schlecht, Kim«, wiederholte sie. »Nur unhöflich. Aber wenn man weiß, wie man mit ihnen umzugehen hat, kommt man irgendwie klar. Brobing jedenfalls. Und ich verschwinde meistens in die Küche, wenn Jarrn erscheint. Er bleibt nie lange. Und außerdem«, fügte sie mit einem hörbaren Seufzen hinzu, »gehört ihm der Eisenmann, bis wir ihn ganz abbezahlt haben, was im nächsten Sommer der Fall sein wird. Bis dahin kann er ihn jederzeit wieder mitnehmen.«

»Und dann wärt Ihr ruiniert«, vermutete Kim.

Jara lächelte. »Nein. Wir müßten ein paar Knechte einstellen, das wäre teurer, aber ruiniert wären wir nicht.« Kim aß seine Suppe zu Ende und ging in die Stube. Eben händigte Brobing dem Zwerg einen Beutel aus, der prall mit Goldstücken gefüllt war. Jarrn zählte sie pedantisch, kritzelte etwas auf einen Zettel, den er aus einer Tasche seines schwarzen Hemdes kramte, und steckte beides mit einem unzufriedenen Knurren wieder ein. »Also komme ich nur noch einmal, im nächsten Sommer«, sagte er. »Danach gehört Brokk endgültig Euch.«

»Ich könnte vielleicht einen zweiten Eisenmann gebrauchen«, meinte Brobing.

Jarrn zuckte mit den Schultern. »Wenn wir uns über den Preis einig werden ... Die Nachfrage ist groß, und sie wird immer größer. Wir können gar nicht soviel herstellen, wie die Leute wollen. Laßt uns im nächsten Jahr darüber reden.« Er griff mit einer dürren Hand nach dem Weinbecher, den Brobing ihm hingestellt hatte, und blinzelte Kim über den Rand des Gefäßes hinweg mißtrauisch an.

»Der Sohn eines Freundes, sagt Ihr?«

»Ja«, Brobing warf Kim wieder diesen beschwörenden Blick zu. »Er ist zum erstenmal hier. Ich glaube, er hat noch nie einen von Eurem Volk gesehen.«

»Zum erstenmal, so.« Jarrns Augen wurden schmal. »Wo kommst du denn her, Bursche?«

»Aus Neu -«, begann Kim, sah das verzweifelte Aufflackem in Brobings Blick und verbesserte sich hastig: »Aus einem Land, das sehr weit im Westen liegt. Ich glaube nicht, daß Ihr es kennt, Herr«, schloß er höflich.

»Ich kenne viele Länder«, antwortete Jarrn. »Aber es interessiert mich gar nicht. Ich muß jetzt weiter.« Er stand auf. »Wir sehen uns dann das nächste Mal. Und seht zu, daß Ihr das Geld bis dahin zusammenhabt. Alles und pünktlich.« Brobing atmete sichtbar auf, als Jarrn das Haus verließ. Er machte sich nicht einmal die Mühe, den Zwerg hinaus zu begleiten und zu warten, bis er davongeritten war, wie es die Höflichkeit eigentlich verlangt hätte. »Ein sonderbarer Kerl«, murmelte er kopfschüttelnd. »Die Zwerge sind für ihre ruppige Art bekannt - aber Jarrn ist schlimmer als alle, die ich je getroffen habe.«

Sonderbar? dachte Kim. Nein - sonderbar fand er Jarrn ganz und gar nicht. Eher unheimlich.

Und er wurde das Gefühl nicht los, daß er ihn wiedersehen würde; und das eher, als ihm recht war.

Das Abendessen verlief in gedrückter Stimmung. Sowohl Brobing als auch seine Frau gaben sich redliche Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, aber Kim spürte sehr wohl, daß die beiden irgend etwas bedrückte. Er fragte nicht danach, aber er nahm an, daß es irgendwie mit dem Zwerg zu tun hatte.