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»Lauft!« schrie Kim. »Weg - in verschiedene Richtungen, dann können sie uns nicht so leicht fangen.«

Nur einer der Jungen beherzigte seinen Rat und stürmte davon, die anderen blieben hinter Peer und ihm stehen. Zwei oder drei griffen sich die gewaltigen Hämmer, mit denen sie zuvor das Gestein zerkleinert hatten, und blickten den Zweigen und dem eisernen Koloß entschlossen entgegen.

»Wir kommen hier ohnehin nie mehr heraus«, sagte Peer. Ein grimmiger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht, während sich seine Hände um den Stiel des Vorschlaghammers schlössen, mit dem er sich bewaffnet hatte. »Aber sie sollen wenigstens noch eine Weile an uns denken.«

Auch Kim wollte sich nach einer Waffe bücken, ließ es dann aber. Er wußte, daß es völlig sinnlos war zu kämpfen. Selbst wenn sie diesen einen eisernen Mann überwanden, so gab es noch genug andere hier unten, mit denen sie unmöglich fertigwerden konnten. Es mußte einen anderen Weg geben. Aber es gab keine Zeit, darüber nachzudenken, denn schon waren die Zwerge und ihr eiserner Begleiter heran, und auf dem Platz vor dem verhängnisvollen Zahnrad entstand ein wildes Gerümmel. Die Zwerge stürzten sich auf ihre Gefangenen und versuchten, sie niederzuringen - wozu ihre Kräfte allerdings nicht reichten -, und die Jungen und Mädchen, deren Muskeln von der schweren Arbeit gestählt waren, wehrten sich mit verbissener Wut. Sie verteilten Ohrfeigen und Knüffe und Faustschläge und Tritte. Hätte der Eisenmann nicht eingegriffen, dann wäre es fast eine wunderschöne Prügelei geworden; eine von der Art, in der sich jeder nach Kräften wehrt, ohne den anderen indes wirklich zu verletzen.

Aber der eiserne Gigant war von tödlichem Ernst.

Seine gewaltige Baggerhand packte einen der Gefangenen und schleuderte ihn weit durch die Luft gegen einen Felsen, wo der Bub reglos und blutend liegenblieb. Einer der anderen Jungen schwang seinen Vorschlaghammer und brachte einen furchtbaren Schlag gegen die eiserne Brust an, aber der Koloß wankte nicht einmal, sondern fuhr mit erstaunlicher Geschwindigkeit herum, zerschmetterte mit einem einzigen Hieb den Hammer des Jungen und brach ihm den Arm. Mit einem schmerzhaften Wimmern sank sein Opfer auf die Knie herab und preßte seine rechte Hand gegen die Brust. Kims Gedanken überschlugen sich. Er wußte, daß die Zwerge ihnen nicht wirklich etwas zuleide tun würden - und sei es nur, weil sie wertvolle Gefangene waren, deren Arbeitskraft noch gebraucht wurde. Der eiserne Koloß jedoch kannte solche Hemmungen nicht. Seine Arme fuhren wie Dreschflegel unter die Kinder und streckten sie nieder. Seine stählerne Klaue schnappte wie eine große Bärenfalle auf und zu. Immer wieder wurde er von Hammerschlägen getroffen, was er freilich nicht einmal zu bemerken schien, denn er wütete mit verbissener, stummer Kraft weiter, und der eben erst begonnene Aufstand drohte so schnell zusammenzubrechen wie er angefangen hatte. Kim tauchte unter dem wirbelnden Arm des eisernen Riesen durch, bückte sich nach der Kette, die er gerade noch selbst um den Fuß getragen hatte, und hielt ihr Ende fest. Mit wilden Sprüngen nach rechts und links, um den tödlichen Hieben des Riesen zu entgehen, lief er im Kreis um den Eisenmann herum, dabei wickelte sich die Kette um die Beine des Riesen.

Der Gigant versuchte, Kim nachzusetzen, doch nicht einmal seine Kräfte reichten, die dünne Kette aus Zwergenstahl zu sprengen. Zum erstenmal wankte er und drohte zu stürzen, fing sich aber wieder. Einen Moment lang wirkte er unentschlossen. Der Blick seines grünleuchtenden Auges verharrte eine Weile auf Kim, wanderte dann an der dünnen Kette in seinen Händen entlang und senkte sich auf seine eigenen Beine. Schwerfällig beugte er sich vor, streckte die rechte, geschickte Hand aus und versuchte, den Knoten zu lösen, zu dem sich die Kette verworren hatte. Und zu Kims maßloser Überraschung schien es ihm tatsächlich zu gelingen!

Da zerrte Kim mit aller Kraft an dem stählernen Gliederband. Die Schlinge zog sich wieder um die säulendicken Beine zusammen, doch im gleichen Moment zuckte die linke Schaufelhand des Eisenmannes vor, packte die Kette und hielt sie mit unerbittlicher Kraft fest, so daß seine Rechte erneut damit beginnen konnte, seine Unterschenkel zu befreien.

Plötzlich hatte Kim einen Einfall. Hastig drehte er sich herum, winkte Peer zu sich heran und drückte ihm das Ende der Kette in die Hand. »Halte sie fest«, befahl er. »Zieh sie so straff, wie du kannst.«

Peer gehorchte, wenn sein Gesichtsausdruck auch verriet, daß er keine Ahnung hatte, wozu das gut sein sollte. Kim aber begann, mit weiten Sprüngen um das riesige Zahnrad herumzuhetzen, dorthin, wo der Zwerg zuerst aufgetaucht war.

Ein paar Gnome versuchten, ihm den Weg zu verstellen, doch Kim rannte sie einfach über den Haufen, umrundete das Zahnrad - und dann erblickte er, wonach er gesucht hatte!

Auf der anderen Seite der gewaltigen Maschine befand sich ein übergroßer Hebel in leuchtendem Rot!

Mit einem Satz war Kim dort, packte ihn mit beiden Händen und drückte ihn herunter. Ein dumpfes Grollen ging durch den Boden, und schon setzte sich das Rad langsam wieder in Bewegung!

Die Zwerge begannen wütend zu schreien und versuchten, Kim von dem Hebel wegzudrücken, um die Maschine wieder abzuschalten, aber die Entschlossenheit verlieh Kim für einen Moment fast übermenschliche Kräfte. Allein wehrte er den Angriff der aufgebrachten Knirpse ab, bis einige der anderen Jungen herbeigestürmt kamen und ihm halfen.

Die Zwerge stoben auseinander, denn die Kinder hatten zwar ihre Waffen fortgeworfen, nachdem sie deren Nutzlosigkeit im Kampf gegen den Eisenmann eingesehen hatten, aber der tiefsitzende Groll gegen die Zwerge gab ihnen auch so Kraft genug.

Als Kim hinter dem Zahnrad hervorgestürmt kam, hatte sich die Lage völlig verändert. Peer hatte die Kette losgelassen, und das mußte er auch, denn sie wurde jetzt nach und nach ins Innere der riesigen Maschine hineingezogen. Ein unangenehmes, mahlendes Knirschen erklang, als brächen große Stücke aus den eisernen Zähnen heraus. Und mit der Kette wurde auch der Eisenmann weitergezerrt!

Er wehrte sich mit aller Kraft. Seine Füße rissen Funken aus dem Boden, als er versuchte, sich gegen den Zug der Kette zu stemmen, und für einen Moment begann das ganze Rad zu zittern, als wolle es einfach auseinanderbrechen. Doch so gewaltig die Kräfte des Eisenmannes waren, sie reichten nicht aus. Langsam, aber unerbittlich wurde die Kette weitergezogen, immer näher rückte der Koloß, bis er schließlich in das Räderwerk der Maschine geriet. Ein fürchterliches Splittern und Krachen erklang, als zuerst die Füße, dann die Beine und schließlich der Leib der rostroten Gestalt unter den mahlenden Zähnen verschwanden. Noch einmal bäumte sich der Eisenmann auf, aber dann erschlafften seine Bewegungen.

Kim trat mit einem erleichterten Seufzer an den Reglosen heran.

Und in diesem Moment glomm das schmale grüne Auge noch einmal in kaltem Feuer auf. Die gewaltige Hand zuckte vor und schloß sich wie eine zuschnappende Falle um Kims Fuß.

Kim schrie vor Schreck und vor Schmerz. Er warf sich mit aller Kraft zurück, aber der Griff des Eisenmannes war unbarmherzig. Noch immer drehte sich das Rad, und noch immer zogen seine messerscharfen Zähne den Koloß langsam tiefer ins Innere der Maschine und zermalmten ihn gleichzeitig - aber nun wurde Kim mitgezerrt, so verzweifelt er sich auch wehrte!

Nur noch Kopf, Schultern und ein kleiner Teil der Brust des eisernen Riesen lugten aus der Maschine hervor, aber sein mörderischer Griff lockerte sich nicht. Kim krallte verzweifelt die Finger in den Boden und versuchte sich festzuhalten. Peer stürzte herbei und zerrte mit aller Gewalt an seinen Schultern, aber auch ihre vereinten Kräfte reichten nicht aus. Die rechte Schulter des Eisenmannes verschwand, dann sein Schädel. Bis nur noch sein linker Arm und daran die Hand, die Kims Fuß gepackt hielt, hervorsahen. Ihr Griff lockerte sich noch immer nicht. »Kim!« brüllte Peer mit überschnappender Stimme. »Tu etwas!«