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»He!«, rief Kim. »Komm schon raus.«

»Damit du mich wieder treten kannst?« Die Stimme drang nur gedämpft aus dem Gebüsch und diesmal verging deutlich mehr Zeit, ehe die Spinne zurückkam. Sie humpelte sichtbar. »Du bist gemein«, nörgelte sie. »Findest du es vielleicht fair, so auf mich loszugehen! Du bist schließlich zehnmal so groß wie ich!«

»Findest du es fair, mich fressen zu wollen?«

»Es tut bestimmt nicht weh«, sagte die Spinne. »Mein Gift wirkt ziemlich schnell.«

»Wie tröstlich.« Kim seufzte. »Wir müssen einen anderen Ausweg finden.«

»Warum?«

Statt zu antworten riss Kim wieder mit aller Kraft an den Fäden. Das Netz bebte und zitterte und die Spinne begann zornig mit einem ihrer vielen Beine auf den Boden zu trommeln. Hätte sie einen Kopf besessen, hätte sie ihn wahrscheinlich missbilligend geschüttelt.

»Wie viel Arbeit, sagtest du, steckt in diesem Netz?«, fragte Kim, während er immer heftiger an den Fäden riss und zerrte. »Zu viel!« fauchte die Spinne. »Also gut. Wenn du unbedingt Ärger haben willst...«

Kim war auf den nächsten Angriff vorbereitet, sodass es ihm nicht schwer fiel, die Spinne davonzuschleudern. Sie rappelte sich jedoch sofort wieder auf und stürzte sich auf ihn. Offensichtlich war sie entschlossen die Sache jetzt zu Ende zu bringen.

Kim versetzte ihr einen Hieb, der sie davonkugeln ließ, und zog blitzschnell den Kopf ein, als die Spinne einen Faden auf ihn abschoss. Er griff danach, zerrte mit aller Kraft daran und wurde mit einem Anblick belohnt, der vielleicht sogar komisch gewesen wäre, hätte er sich in der Situation befunden ihn zu genießen: Die Spinne knickte in den beiden vorderen Beinpaaren ein und wurde ein gutes Stück auf ihn zugezerrt, ehe sie endlich auf den Gedanken kam, ihren Faden loszulassen; leider außerhalb seiner Reichweite.

»Damit kommst du nicht durch!«, zeterte sie, während sie sich aufrichtete und benommen davonwackelte. »Ich lasse mir schon etwas einfallen! Warte nur ab.«

Und es war keine leere Drohung. Die Spinne wackelte eine Weile unsicher umher, hielt dann plötzlich an und drehte sich zu ihm herum. Ihre Augen funkelten tückisch. Plötzlich raffte sie einen Stein vom Boden auf und warf ihn in Kims Richtung. Er ging fehl, aber dem ersten Wurfgeschoss folgten ein zweites und drittes, die Kim schmerzhaft an Schulter und Handgelenk trafen. Er schrie vor Schmerz und Schreck auf und der Steinhagel wurde noch schlimmer.

Schließlich traf einer der gemeinen Wurfgeschosse seine Schläfe und Kim sackte benommen in seinen Fesseln zusammen. Die Spinne stieß ein triumphierendes Zischeln aus, hörte auf mit Steinen nach ihm zu werfen und wetzte auf ihren dünnen Beinen auf ihn zu. Kim trat schwächlich nach ihr, aber die Spinne wich seinem Fuß mit einer mühelosen Bewegung aus und kletterte an ihm empor. Ihre Giftzähne blitzten.

»Jetzt bist du dran!«, keifte sie. »Übrigens: Ich habe gelogen. Mein Gift wirkt sehr langsam!«

Als sie zubeißen wollte, brach das Unterholz hinter ihr auseinander und der Pack stürzte hervor. Er schwenkte einen armlangen Knüppel in der rechten und etwas Kleines, heftig Zappelndes in der linken Hand. Mit einem einzigen Satz war er heran, schwang seinen Knüppel und ließ ihn wuchtig auf den Leib der Spinne hinuntersausen. Die Spinne ächzte, fiel zu Boden und rappelte sich benommen wieder auf. Der Pack schlug ein zweites Mal zu, verfehlte die Spinne aber und das Tier kletterte hastig an seinem Netz empor.

Kims Kopf dröhnte noch immer wie eine Glocke. Er hatte Mühe klar zu sehen, geschweige denn wirklich zu verstehen, was vorging. Wie durch einen grauen, wattigen Nebel hindurch sah er, wie der Pack vor ihm einen grotesken Tanz aufzuführen schien. Mit dem Knüppel in seiner rechten Hand hielt er die heftig keifende Spinne auf Distanz, während er mit dem linken Arm schüttelnde Bewegungen machte. Kim begriff nicht, was er tat.

Aber nach einigen Augenblicken spürte er, wie sich seine Fesseln zu lockern begannen. Mit einem Male war auch sein linker Arm frei, dann lösten sich die Fäden auf, die seine Schultern und seinen Brustkorb fesselten, und er stürzte haltlos nach vorne. Der Pack fuhr fort wedelnde Bewegungen mit dem linken Arm zu machen und endlich sah Kim auch, was er in der Hand hielt.

Es war die Elfe. Der Pack schüttelte das kleine Geschöpf wie einen Pfefferstreuer hin und her und bei jeder Bewegung rieselte goldleuchtender Staub von seinen Flügeln. Wo er die Spinnenseide berührte, löste sie sich auf. Nach wenigen weiteren Augenblicken war Kim vollends frei.

Langsam richtete er sich auf, presste die Hand gegen die schmerzende Schläfe und taumelte ein paar Schritte davon, ehe er wieder stehen blieb und sich herumdrehte.

Die Spinne saß hoch oben in der Mitte ihres Netzes, schoss ab und zu einen Seidenfaden auf den Pack ab und zeterte und keifte, was das Zeug hielt. Aber sie wagte es nicht, dem Pack und seinem Knüppel - und vor allem dem goldenen Elfenstaub - nahe zu kommen.

Der Pack ließ die Elfe los. Twix flatterte schimpfend davon, flog aber keineswegs weg, wie Kim erwartet hätte, sondern umkreiste den Pack ein paar Mal, flog dann senkrecht in die Höhe - und begann das riesige Spinnennetz methodisch mit ihrem Staub zu berieseln!

»He!«, brüllte die Spinne. »Aufhören! Bist du wahnsinnig!?« Twix hörte nicht auf. Ganz im Gegenteiclass="underline" Sie schoss immer schneller hin und her, bestäubte hier einen Faden, dort einen - und plötzlich fiel das gesamte, riesige Netz in sich zusammen und begrub seine Besitzerin unter sich. Sofort sprang der Pack vor und hob seinen Knüppel.

»Halt!«, sagte Kim scharf.

Der Pack erstarrte mitten in der Bewegung, drehte den Kopf und sah ihn verwirrt an. Kim war mit zwei, drei schnellen Schritten bei ihm, nahm ihm den Knüppel aus der Hand und bedeutete dem Pack mit einer Geste zurückzutreten.

In dem Haufen aus halb zerschmolzenen Spinnfäden vor ihm raschelte es und dann tauchte ein reichlich mitgenommener weißer Ball vor ihm auf.

»Das war nicht fair«, nörgelte die Spinne. »Drei gegen einen!«

»Zusammengenommen haben wir immer noch weniger Beine als du«, antwortete Kim. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir eine andere Lösung finden müssen. Mich kann man nicht essen.«

»Jetzt sieh dir an, was ihr mit meinem Netz gemacht habt!«, beschwerte sich die Spinne. »Was soll ich jetzt tun? Ich werde elend verhungern ohne Netz!«

»Kaum«, antwortete Kim. »Wie war das? Du kannst wochenlang ohne Essen auskommen? Dann hast du ja Zeit genug, dir ein neues Netz zu bauen.«

»Pah!«, machte die Spinne.

»Und nimm noch einen guten Rat von mir an«, sagte Kim. »Versuche nicht irgendetwas zu essen, mit dem du dich vorher unterhalten hast.«

Twix landete auf seiner Schulter. »Und leg dich nicht mit Elfen an!«, piepste sie. »Das nächste Mal kommst du nicht so leicht davon!«

»Pah!«, sagte die Spinne noch einmal.

Kim grinste, ließ seinen Knüppel sinken und trat zwei Schritte zurück, ehe er sich zu dem Pack herumdrehte.

»Und jetzt zu dir«, sagte er. »Ich bin dir zwar dankbar, dass du mich gerettet hast, aber wir müssen an unserer Kommunikation arbeiten.«

»Ihr müsst vor allem an euren Manieren arbeiten!«, keifte die Spinne. »Man zerstört nicht das Netz anderer Leute!«

Kim setzte zu einer scharfen Antwort an, überlegte es sich dann aber anders und drehte sich betont ruhig noch einmal zu der Spinne herum. Das Tier hatte mittlerweile schon wieder einen einzelnen, langen Faden zu den Baumwipfeln hinaufgeschossen.

»Beantwortest du mir trotzdem eine Frage?«

»Klar«, sagte die Spinne feindselig. »So nett, wie du bist, kann ich dir keinen Wunsch abschlagen, das weißt du doch.«