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»Und den Rest erledige ich«, fügte die Spinne hinzu.

»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Twix.

»Sie wird dir nichts tun«, sagte Kim. Er sah die Spinne an. »Nicht wahr?«

»Ha«, machte die Spinne.

»Da hörst du es!«, sagte Twix. »Du glaubst doch nicht, dass ich freiwillig auch nur eine Sekunde mit ihr allein bleibe!«

»Also gut«, sagte die Spinne. »Du hast mein Wort. Ich tue dir nichts. Jedenfalls jetzt nicht«, fügte sie nach ein paar Sekunden und deutlich leiser hinzu.

Twix war nicht überzeugt. Ihr Blick wanderte misstrauisch zwischen Kim und der Spinne hin und her. Aber schließlich nickte sie, wenn auch mit sichtbarem Widerwillen.

Sie machten sich unverzüglich ans Werk. Die Spinne produzierte einen kurzen Faden, an dessen Ende sie mit erstaunlichem Geschick eine Art Lassoschlinge knüpfte, die Kim um Twix' Hüfte schlang.

»Du musst vorsichtig sein«, sagte sie eindringlich. »Der Faden wird schwerer, je länger er wird, und es ist ein ziemlich langer Weg zum Ufer. Ich spinne immer nur so viel, wie nötig ist. Wenn du das Ufer erreichst, bindest du den Faden um einen Baum und kommst dann zurück.«

Twix nickte wortlos. Sie war sehr nervös. Aber sie protestierte nicht noch einmal, sondern erhob sich wortlos in die Luft.

Sie flog sehr langsam und die Spinne ließ den Faden im gleichen Maße weiter wachsen, wie die Elfe an Höhe gewann. Eine Zeit lang war Twix noch sichtbar. Sie hing wie ein winziger Kinderdrachen am Ende des Fadens und schwankte leicht hin und her, obwohl es nach wie vor völlig windstill war. Nach ein paar Augenblicken war die Elfe verschwunden und sie sahen nur noch den Faden, der sich scheinbar schwerelos in die Höhe erhob.

Kim versuchte sich in Geduld zu fassen, aber es fiel ihm sehr schwer. Twix brauchte nicht einmal lange um das Ufer zu erreichen. Wahrscheinlich vergingen nur zehn Minuten, allenfalls eine Viertelstunde, aber für Kim wurde es zu einer Ewigkeit.

Endlich hörte der Faden auf länger zu werden. Die Spinne stieß einen erleichterten Seufzer aus, griff mit vier Beinen nach dem Faden und zog ihn wieder zurück. Kim und der Pack halfen ihr, so gut sie konnten, den Faden stramm zu ziehen und an der Reling festzubinden.

Kim betrachtete die Konstruktion misstrauisch. Der Faden war dünn wie ein Haar. Er hatte zwar schon mehrmals erlebt, wie enorm fest die Fäden waren, die die Spinne produzierte, aber dieser Faden war gut und gerne dreihundert Meter lang...

»Und du glaubst, er trägt dein Gewicht?«, fragte er.

Die Spinne machte eine Bewegung, die vermutlich ein menschliches Schulterzucken nachahmen sollte. »Wenn nicht, bin ich die Erste, die es erfährt«, sagte sie.

Kim trat zur Seite, als sich die Spinne auf die Reling schwang und dann auf ihren eigenen Faden hinauszubalancieren begann. Kim hatte erwartet, dass sie einfach darauf zum Ufer laufen würde, aber stattdessen begann sie den Faden in engen Spiralen zu umkreisen. Sie wickelte ein zweites Seidenband um das erste, um dessen Stabilität zu erhöhen.

Auf diese Weise brauchte sie natürlich wesentlich länger als Twix um das Ufer zu erreichen. Und noch länger um zurückzukommen.

Während sie neben ihm saß und sich ein wenig erholte, zog Kim prüfend an dem Seil. Es fühlte sich nun wirklich so massiv wie eine Stahltrosse an, aber die Spinne beharrte darauf, sich mindestens noch zweimal zum Ufer und zurückzuhangeln um das Seil zu verstärken. Kim widersprach nicht. Immerhin ging es um ihr Leben. Und sie hatten nur diesen einen Versuch.

Auf diese Weise verging die Zeit. Es wurde Mittag, bis die Spinne von ihrer fünften Tour zurückkam und mit vor Erschöpfung zitternder Stimme erklärte, dass er es jetzt riskieren könnte. Außerdem sei sie sowieso nicht in der Lage auch nur noch einen einzigen Zentimeter Faden zu spinnen.

Kim betrachtete das Seil misstrauisch. Vermutlich würde es sein Gewicht tragen. Aber er konnte nicht sagen, ob er es sich zutraute an diesem Seil die ganze Strecke bis zum Ufer zu klettern.

Der Pack nahm ihm die Entscheidung ab.

Ohne zu zögern griff er nach dem Seil, klammerte sich mit beiden Händen daran fest und schlug die Beine über dem Seil zusammen. Kopfunter schob er sich auf diese Weise ein kurzes Stück auf den Fluss hinaus, kam dann auf dieselbe Weise zurück und sah Kim auffordernd an.

»Du lässt mir den Vortritt«, murmelte Kim. »Das ist nett. Wirklich.«

»Wartest du darauf, dass ich dir noch eine Sänfte webe?«, fragte die Spinne.

»Nein«, murmelte Kim. »Ich denke nur gerade darüber nach, dass es auch gewisse Nachteile hat, ein Held zu sein.«

Bevor er es sich noch anders überlegen konnte, griff er nach dem Seil, klammerte sich auf dieselbe Weise daran fest wie der Pack zuvor und begann den langen Weg zum Ufer.

Auf dem ersten Stück ging es sogar besser, als er erwartet hatte . Hand über Hand und mit dem Kopf nach unten hängend bewegte er sich auf das Ufer zu. Das Seil war wirklich stabil. Es hing nicht einen Zentimeter durch und da die Spinne es mehrfach verstärkt hatte, schnitt es auch nicht sehr in seine Hände ein.

Aber er begann sein eigenes Körpergewicht mit jedem Meter deutlicher zu spüren. Schließlich legte er die erste Pause ein, weil er sich seine Kräfte für den langen Weg einteilen wollte.

Er sah zum Floß zurück.

Und bedauerte es sofort.

Kr hatte sich bisher allerhöchstem dreißig Meter von der havarierten Fähre entfernt. Neun Zehntel der Strecke lagen noch vor ihm. Und seine Hände und Kniekehlen taten schon jetzt so weh, dass er am liebsten laut aufgestöhnt hätte.

Als er weiterkletterte, kam die Elfe herangeflattert. »Das machst du gut!«, piepste sie. »Nur noch ein kleines Stück und du hast es geschafft.«

Kim sparte sich die Kraft, dem Winzling, der wie ein lebendiger Hubschrauber reglos neben seinem Gesicht in der Luft hing, einen bösen Blick zuzuwerfen, und konzentrierte sich stattdessen darauf, immer eine Hand über die andere zu heben und sich an dem straff gespannten Seil entlangzuhangeln.

Sehr bald begann er zu spüren, dass er es nicht schaffen würde. Er hatte noch nicht einmal ein Drittel der Strecke zum Ufer zurückgelegt, aber seine Muskeln waren schon jetzt so verkrampft, dass es wehtat und sein eigener Körper schien immer schwerer und schwerer zu werden.

Das Wasser rauschte nur wenige Zentimeter unter ihm dahin und der Abgrund befand sich weniger als einen halben Meter neben ihm. Ein einziger Fehlgriff, eine einzige Unachtsamkeit und es war um ihn geschehen.

Die Elfe flatterte die ganze Zeit neben ihm her und versuchte ihm Mut zu machen, aber jede Bewegung fiel ihm jetzt schwerer. Seine Hände waren mittlerweile so verkrampft, dass er die Finger nur noch mühsam öffnen konnte, und das Seil schien wie ein Messer in seine Kniekehlen und seine Waden einzuschneiden.

Und schließlich geschah, war geschehen musste: Kim löste die linke Hand vom Seil um wieder nach vorne zu greifen und seine Muskeln versagten ihm einfach den Dienst. Mit einem keuchenden Schrei verlor er endgültig den Halt und stürzte ins Wasser.

Der Aufprall war so hart, dass er fast das Bewusstsein verloren hätte. Sein Hinterkopf knallte gegen einen Stein, dass er Sterne sah, und unzählige weitere, spitze Steine und Felszacken stachen in seinen Rücken.

Kim schrie vor Schreck und Schmerz laut auf, schluckte prompt Wasser und richtete sich hustend und qualvoll nach Luft ringend auf.

Es dauerte eine geraume Weile, bis er überhaupt begriff, was geschehen war. Das Wasser schlug wie mit Hämmern auf ihn ein. Es war eiskalt und die Strömung war wirklich reißend.

Aber der Fluss war an dieser Stelle allerhöchstens dreißig Zentimeter tief ...

Kim wandte fassungslos den Blick nach rechts und links, setzte sich behutsam weiter auf und tastete mit den Händen über den Flussgrund. Dann richtete er sich, zögernd und sehr vorsichtig, um auf den glitschigen Steinen nicht auszurutschen, vollends auf, drehte sich noch einmal im Kreis und machte einen ersten, vorsichtigen Schritt.