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Themistokles wirkte ehrlich überrascht, hob aber dann die Schultern und gab den Soldaten einen entsprechenden Wink. Die Männer senkten hastig ihre Waffen und zogen sich so schnell zurück, dass es einer Flucht gleichkam.

»Dann seid willkommen an meiner Tafel«, sagte Themistokles. »Kims Freunde sind auch meine Freunde. Nehmt Platz und genießt das Essen.«

Der Pack ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern sprang mit einem Satz auf den nächsten Stuhl und begann wahllos Obst, Fleisch, Käse und Brot in sich hineinzustopfen. Die Spinne hingegen wuselte sofort auf Kim zu und begann mit ihrer schrillen, unangenehmen Stimme zu keifen: »Das wurde aber auch Zeit! Ich weiß wirklich nicht, wie lange ich mich noch hätte beherrschen können! Diese groben Klötze! Sie haben mir nicht einmal Gelegenheit gegeben in Ruhe zu erklären, warum wir hier sind!«

»Genauso geht es mir auch«, piepste die Elfe. »Stell dir nur vor, sie wollten mich in eine Lampe stecken und flambieren!«

»Was für eine Verschwendung«, sagte die Spinne. Sie sah Twix an und Kim konnte regelrecht sehen, wie ihr das Wasser im Munde zusammenlief. Twix wirkte plötzlich spürbar nervöser und verkroch sich schließlich in seine Hemdtasche.

»Nur noch einen Moment Geduld«, sagte er. »Du kannst dich jetzt so richtig satt essen.«

»Satt essen? Womit denn?«

»Aber es ist doch nun wirklich genug da!«, sagte Gorg. Kim nahm ein wenig überrascht zur Kenntnis, dass der Riese einen guten Schritt vor der Spinne zurückgewichen war. Er schluckte ununterbrochen und er war ziemlich blass geworden.

»Genug da?!«, kreischte die Spinne. »Sehe ich aus, als würde ich totes Fleisch essen? Oder vielleicht Obst?!«

»Was können wir dir denn sonst anbieten?«, fragte Themistokles.

»Nun«, antwortete die Spinne, »da hätte ich schon ein paar Vorschläge...«

»Nicht jetzt«, sagte Kim rasch. »Das ist eine andere Geschichte.« Er steuerte den Stuhl direkt neben dem Pack an und registrierte zu seiner Erleichterung, dass die Spinne ihm nachkam. Vielleicht folgte sie auch nur seiner Hemdtasche.

Nachdem sie Platz genommen hatten, gab Themistokles den Bediensteten einen Wink, woraufhin die meisten den Raum verließen. Sie blieben jedoch nicht unter sich. Nach einigen Augenblicken gesellte sich ein gutes Dutzend weiterer Gäste zu ihnen. Fast alle waren prachtvoll gekleidet und das eine oder andere Gesicht kam Kim sogar bekannt vor, auch wenn er nicht genau wusste, woher.

Die Gäste nahmen der Reihe nach Platz. Nur der Stuhl unmittelbar neben der Spinne blieb frei.

Als sich der letzte Neuankömmling gesetzt hatte, ging die Tür noch einmal auf und ein eiskalter Windzug fauchte herein und ließ die Kerzen auf dem Tisch flackern.

Sturm kam herein. Der Junge trug noch immer dieselben zerfetzten Kleider wie am Nachmittag und auch seine Haare standen noch nach allen Richtungen zu Berge. Er grinste, als er Kims Blick begegnete, kam mit raschen Schritten näher und nahm ohne zu zögern auf dem freien Stuhl neben der Spinne Platz.

»Ihr kennt euch ja bereits«, sagte Themistokles.

»Wir sind uns heute Nachmittag zufällig begegnet«, antwortete Kim. »Kurz bevor das Unwetter losgebrochen ist.«

»Zufällig?« Themistokles schüttelte lächelnd den Kopf. »Das war kein Zufall. Ich hatte Sturm gebeten dich hereinzuholen.«

»Dann hat er aber -«, begann Kim und brach dann mitten im Satz ab, als ihm das spöttische Funkeln in Sturms Augen auffiel. Dann hatte er das Gefühl, dass es hinter seiner Stirn deutlich hörbar klick machte.

»Sturm ...«, murmelte er nachdenklich. »Ist das wirklich dein Name oder...?«

»Auch«, grinste Sturm.

»Dann war das Unwetter ... kein Zufall?«

»Unwetter?« Sturm lachte, dass die Kerzen auf dem Tisch erneut flackerten. »Das war doch kein Unwetter. Willst du einmal einen wirklichen Sturm erleben?«

»Nicht jetzt«, mischte sich Themistokles hastig ein. »Wir haben viel zu besprechen und ich fürchte, nur sehr wenig Zeit.«

Sturm wirkte ein bisschen enttäuscht, beließ es aber bei einem wortlosen Achselzucken und Themistokles wandte sich wieder direkt an Kim, der mittlerweile bereits kräftig zulangte. Der Anblick der in Massen aufgetischten Köstlichkeiten ließ ihn erst richtig spüren, wie hungrig er war. Der Pack stopfte weiter wahllos in sich hinein, was immer er erreichen konnte, und selbst die Spinne hatte sich aufgerichtet und berührte mit ihren langen Beinen prüfend das eine oder andere, ohne wirklich etwas zu essen.

Kim ließ seinen Blick verstohlen in die Runde schweifen. Nur die wenigsten Gäste aßen ebenfalls. Die meisten sahen ihn oder seine beiden Begleiter auf schwer zu deutende Weise an. Eine Atmosphäre angespannter Nervosität lag in der Luft.

Der Einzige, der außer dem Pack wirklich mit großem Appetit aß, war Gorg. Er verschlang mit einem einzigen Bissen einen halben Braten, streckte die Hand nach einer zweiten Portion aus, zog sie dann aber wieder zurück, als die Spinne dasselbe Bratenstück prüfend betastete und dann fallen ließ. Stattdessen deutete er auf eine silberne Schüssel mit Grütze, die unmittelbar vor dem Pack stand.

»He, Kleiner!«, sagte er. »Könntest du mir die Schale geben?«

»Gorg, tu das lieber -«, begann Kim erschrocken. Aber es war zu spät.

Während Gorg sich mit steinernem Gesicht die Grütze aus dem Gesicht wischte und etliche der Gäste in leises Kichern ausbrachen - das aber sofort aufhörte, wenn sie ein Blick aus Gorgs Augen traf -, sagte er ganz leise:

»- nicht.«

Themistokles betrachtete den Pack einen Moment lang lächelnd, aber dann erschien ein sehr überraschter Ausdruck auf seinem Gesicht.

»Ich habe noch nie einen gesehen«, sagte er, »aber ich glaube fast, das ... das ist ein Pack!«

»Ich fürchte, du hast Recht«, sagte Kim kleinlaut. »Ich muss mich für sein Benehmen entschuldigen.« Er wagte es nicht, Gorg bei diesen Worten anzusehen - schon weil er Angst hatte dann vor Lachen laut herauszuplatzen.

»Ein leibhaftiger Pack!«, sagte Themistokles kopfschüttelnd. »Das ist erstaunlich. Selbst in meinem Alter lernt man doch immer wieder etwas dazu.«

»Was ist denn daran so außergewöhnlich?«, fragte Kim.

»Sie gelten als sehr scheu«, antwortete Themistokles. »Tatsächlich habe ich noch nie gehört, dass einer mit einem Menschen Freundschaft geschlossen hätte.«

»Freundschaft würde ich das auch nicht gerade nennen«, sagte Kim mit einem schrägen Seitenblick auf den Pack. »Es ist eher so, dass ich ihn nicht mehr loswerde.« Er erzählte Themistokles mit knappen Worten, wie er den Pack kennen gelernt hatte und was er mit ihm erlebt hatte. Themistokles hörte schweigend und mit scheinbar ernstem Gesichtsausdruck zu, aber Kim hatte das Gefühl, dass es ihm immer schwerer fiel, ein schadenfrohes Grinsen zu unterdrücken.

»Du hast ihm also das Leben gerettet«, sagte Themistokles, als er zu Ende erzählt hatte. »Ich fürchte, dann hast du ein Problem. Zwei Probleme, um genau zu sein.«

»Wieso zwei?«, erkundigte sich Kim misstrauisch.

»Weil dein hässlicher kleiner Freund dich belogen hat«, sagte Gorg und seine Stimme klang eindeutig schadenfroh. »Pack sterben nicht.«

»Wie bitte?«, entfuhr es Kim.

Themistokles nickte. »Gorg sagt die Wahrheit«, bestätigte er. »Pack können nicht sterben. Sie altern nicht und man kann sie auch nicht töten.«

Kim starrte den Pack an, aber der hatte von dem Gespräch anscheinend gar nichts mitbekommen, sondern aß mit großem Appetit ungerührt weiter.

»Und was ist mein zweites Problem?«, fragte Kim.

»Dass du ihn wohl nicht mehr loswirst«, erklärte Gorg schadenfroh. »Er kann zwar nicht sterben, aber er ist einfach zu dumm um das zu wissen. Solange er glaubt, dass du ihm das Leben gerettet hast, wird er dir auf ewig dankbar sein.«