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Die verbliebenen fünf Kreaturen umkreisten ihn weiter. Ihre Bewegungen waren so hektisch, als wäre es ihnen gar nicht möglich, auch nur eine einzige Sekunde still zu stehen. Sie schnatterten und quietschten immer aufgeregter durcheinander. Ihre Fäuste hämmerten auf den Boden und ihre Zähne schlugen mit klappernden Geräuschen aufeinander.

Das Pferd in der Box hinter Kim wieherte erneut, trat mit den Hinterläufen aus und ein pelziger Ball flog in hohem Bogen aus der Box heraus und landete unmittelbar vor seinen Füßen. Ein paar Sekunden lang lag er reglos da, sodass Kim schon befürchtete, das der Neanderaffe tot wäre, aber dann richtete es sich benommen auf, schüttelte den Kopf und reihte sich in den randalierenden Kreis ein. Die Knirpse waren zäh, das musste man ihnen lassen.

Er versuchte wieder, den albernen Belagerungsring zu durchbrechen und eines der Geschöpfe senkte die Schultern, nahm Anlauf und rammte Kim den Schädel in den Bauch.

Kim verlor die Balance, fiel nach hinten ins Stroh und japste vor Überraschung und Zorn, als einer der kleinen Teufel auf seinen Bauch sprang und darauf herumzuhüpfen begann, als verwechsele er ihn mit einem Trampolin. Ein zweiter versuchte das Gleiche mit seinem Gesicht und das ging wirklich zu weit.

Kim fegte die beiden kleinen Quälgeister mit einer einzigen, zornigen Bewegung zur Seite, setzte sich mit einem Ruck auf, und diese Bewegung rettete ihm wahrscheinlich das Leben.

Er sah nur einen Schatten aus den Augenwinkeln. Etwas sauste mit einem hässlichen Geräusch um Haaresbreite an seinem linken Ohr vorbei und bohrte sich mit einem dumpfen Laut in den Boden; ziemlich genau da, wo eine halbe Sekunde zuvor noch sein Hals gewesen war.

Kim drehte sich hastig herum - und erschrak bis ins Innerste. Während drei der kleinen Biester ihn abgelenkt hatten, hatten die anderen mit vereinten Kräften eine Mistgabel herbeigeschafft und versuchten ihn damit zu erstechen!

Und sie gaben ihr Vorhaben keineswegs auf. Die Zinken der Mistgabel hatten sich tief in den Boden gebohrt, und die drei Knirpse zappelten und zerrten mit aller Kraft daran. Es sah schon wieder fast hämisch aus.

»Jetzt reicht's«, sagte Kim. »Das ist kein Spaß mehr!«

Er stand auf, pflückte die drei Neandertalerschimpansen von der Mistgabel und warf sie in hohem Bogen davon.

Die restlichen drei der kleinen Scheusale sprangen ihn gleichzeitig von hinten an und rissen ihn zu Boden. Kim stürzte mit dem Gesicht voran zu Boden, versuchte zu schreien, bekam aber den Mund voller Stroh und hustete qualvoll um überhaupt noch Luft zu bekommen. Eines der Biester verbiss sich in seinem linken Ohr. Kim schleuderte es davon und diesmal begann sein Ohr zu bluten und es tat weh.

Er versuchte wieder sich in die Höhe zu stemmen und jetzt gelang es ihm wenigstens, sich auf den Rücken zu wälzen. Sofort trat ihm ein übel riechender haariger Fuß ins Gesicht. Kim verdrehte ihn, brachte seinen Besitzer damit zu Fall und keuchte vor Schmerz, als eines der kleinen Mistviecher ungefähr zwei Meter weit in die Höhe sprang und dann mit angezogenen Knien auf seinem Magen landete. Er bekam nun endgültig keine Luft mehr und der Schlag in seinen Magen war so hart gewesen, dass ihm übel wurde.

Die Tür flog auf und Kim blinzelte geblendet in die Flut grellen Sonnenlichts, die hereinströmte. Seine Augen begannen zu tränen. Für einen Moment sah er nur noch Schatten und rasche Bewegungen rings um sich herum. Schwere schnelle Schritte näherten sich und dann brüllte eine dunkle Stimme: »Was ist denn hier los?! Aufhören! Auf der Stelle!«

Zwei, drei schwere, klatschende Laute erschollen und ein Teil der Füße und Fäuste, die ihn gepeinigt hatten, war plötzlich nicht mehr da.

»Macht, dass ihr rauskommt, ihr Gesindel!«, fuhr die brüllende Stimme fort. »Raus hier! Haut ab! Raus!«

Kim blinzelte die Tränen aus seinen Augen, setzte sich mühsam auf und versuchte etwas zu erkennen.

Ein grauhaariger Mann war durch die Tür hereingekommen. Dem Klang seiner Stimme nach hatte Kim einen wahren Riesen erwartet, aber das Gegenteil war der Fall. Vor ihm stand ein grauhaariger, sicherlich siebzig Jahre alter Mann in zerrissener Kleidung, der trotzdem von beeindruckender Größe war und sehr schlank. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, wie ein Berserker unter den Pelzgeschöpfen zu wüten. Er hatte einen breiten Ledergürtel in der Hand, den er mit großer Kraft schwang und ihn gezielt auf die Rücken und Hinterteile der Kreaturen heruntersausen ließ.

Was Kim nicht gelungen war, schaffte der Alte binnen Sekunden: Die kleinen Monster ließen von ihm ab und ergriffen kreischend und schnatternd die Flucht. Der Alte lief ihnen bis zur Tür nach, drosch weiter mit seinem Lederriemen auf sie ein und versetzte dem Letzten, der nicht schnell genug war, einen Tritt in das verlängerte Rückgrat, der ihn in hohem Bogen nach draußen beförderte.

Der alte Mann blieb unter der Tür stehen, schüttelte drohend die Faust und schrie: »Lasst euch hier bloß nie wieder sehen, verdammtes Gesindel! Das nächste Mal kommt ihr mir nicht so glimpflich davon!«

Kim richtete sich schwankend in eine halb sitzende Position auf und schüttelte benommen den Kopf. Sein Ohr und auch seine Nase bluteten und er begann allmählich zu spüren, dass ihm die haarigen Geschöpfe wohl doch mehr zugesetzt hatten, als er wahrhaben wollte. Es gab nicht viele Stellen an seinem Körper, die nicht wehtaten. Spätestens morgen früh würde er ein einziger großer blauer Fleck sein.

Der Alte blieb unter der Tür stehen, bis das Meckern und Kreischen der Bande in der Ferne verklungen war. Dann drehte er sich langsam herum und trat auf Kim zu. Während er es tat, fädelte er den Gürtel wieder in die Schlaufen seiner abgewetzten Kniehosen ein. Der Blick seiner dunklen Augen musterte Kim aufmerksam. Lag es an seiner Nervosität oder wurde der Ausdruck auf seinem Gesicht kein bisschen freundlicher?

»Haben sie dich verletzt, Junge?«, fragte er.

Kim war nicht ganz sicher, schüttelte aber trotzdem den Kopf. »Es geht schon«, sagte er. »Aber wenn Sie nicht gekommen wären... Vielen Dank.«

Der alte Mann schlurfte weiter auf ihn zu und streckte die Hand aus. Als Kim danach griff und sich von dem Alten auf die Füße helfen ließ, spürte er die Kraft, die in seinen schmalen Fingern lag.

»Wer bist du?«, fragte der Alte. »Ich habe dich noch nie hier gesehen. Du bist nicht aus dem Tal, habe ich Recht?«

»Mein Name ist Kim«, antwortete Kim. »Vielen Dank, dass Sie mir geholfen haben. Ich glaube, Sie haben mir das Leben gerettet. Die kleinen Biester hätten mich glatt umgebracht.«

»Wer sich von Pack umbringen lässt, hat es nicht besser verdient«, knurrte der Alte. Freundlichkeit schien nicht unbedingt zu seinen Stärken zu gehören. Trotzdem fragte er noch maclass="underline" »Ist dir auch wirklich nichts passiert? Du siehst nicht gut aus, Junge.«

Wenn Kim auch nur annähernd so aussah, wie er sich fühlte, dann musste er schrecklich aussehen. Trotzdem schüttelte er den Kopf und sagte: »Mir fehlt nichts, danke.«

»Gut«, knurrte der alte Mann. »Dann kannst du mir jetzt ja vielleicht sagen, wo du herkommst. Und was du in meiner Scheune zu suchen hast.«

Kim trat einen Schritt zurück, legte den Kopf in den Nacken und blinzelte zu dem Loch im Dach dessen hoch, was eigentlich die Garage seines Vaters sein sollte. Darüber spannte sich ein Himmel von einem so strahlenden Blau, wie Kim es noch nie zuvor gesehen hatte.

Aber es stimmte nicht. Es wurde ihm im selben Moment klar, in dem ihm dieser Gedanke kam.

Er hatte diesen Himmel schon einmal gesehen.