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»Imi.«

»Ja.«

»Hat Imi uns verlassen? Haben sie sie davon überzeugt, dass wir der Feind sind und dass sie allein nach Borra gehen sollte?«

Imenja schüttelte den Kopf. »Diese Siyee wissen nicht, dass sie bei uns war.«

»Vielleicht hat sie ihnen erzählt, dass sie nach Osten wolle, so dass sie in ihre Richtung schwimmen konnte, ohne die Aufmerksamkeit der Siyee auf uns zu lenken.«

»Wir können nur abwarten. Wenn sie in den nächsten Stunden nicht zurückkehrt, wissen wir, dass sie sich allein auf den Heimweg gemacht hat.«

Sie warteten schweigend. Die fernen Siyee kehrten ans Ufer zurück, ohne das kleine Boot zu bemerken.

»Ich höre sie«, sagte Imenja plötzlich.

Reivan stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und suchte das Wasser um sie herum ab. Jedes Spritzen erregte ihre Aufmerksamkeit. Plötzlich erschien ein Kopf über dem Rand des Bootes. Das Mädchen grinste, obwohl es außer Atem war.

»Tut mir leid«, stieß es keuchend hervor. »Ich konnte nicht … weg… Sie haben darauf bestanden, dass ich… bleibe… esse … schlafe.«

»Ich verstehe«, erwiderte Imenja lächelnd. Sie stand auf und hielt Imi die Hand hin. Das Mädchen nahm sie und heulte überrascht auf, als die Stimme es aus dem Wasser ins Boot hob.

»Du bist aber stark!«, rief es.

»Wenn es notwendig ist, ja«, pflichtete Imenja ihm bei. Dann befahl sie den Ruderern, sie zurück zum Schiff zu bringen, und setzte sich wieder. »Haben sie dir den Weg nach Borra erklärt?«, fragte sie Imi.

»Ja.« Imi verzog das Gesicht. »Sie mögen die Pentadrianer nicht besonders. Sie haben mir geraten, mich von euch fernzuhalten.«

Imenja nickte. »Das ist die unglückliche Folge davon, dass wir in einem törichten Krieg gegen sie gekämpft haben«, sagte sie mit aufrichtigem Bedauern.

Reivan sah Imenja an, überrascht, dass die Stimme in Gegenwart anderer eine solche Meinung äußerte. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie die Sprache der Elai sprachen; die Ruderer konnten sie nicht verstehen.

»Ich wollte ihnen eigentlich erklären, dass sie sich irren, was euch betrifft«, sagte Imi. »Aber ich habe es nicht getan.«

Imenja tätschelte ihre Hand. »Sie werden es mit der Zeit schon selbst herausfinden.«

»Ich hoffe es.« Imi gähnte ungeniert.

»Du bist müde«, bemerkte Imenja. »Leg dich hin und schlaf ein wenig. Ich werde dich wecken, wenn wir das Schiff erreichen.«

Imenja nickte und streckte sich auf einer Bank aus. Reivan griff nach einer Decke, tauchte sie ins Meer und legte sie dann über das Mädchen, um es vor der Sonne zu schützen. Als sie aufsah, stellte sie fest, dass Imenja beifällig nickte. Sie tauschten einen erleichterten Blick, dann verfielen sie in erschöpftes Schweigen. Als Mairae Jurans Quartier betrat, ging ihr durch den Kopf. dass das Bild, das sie dort erwartete, ein sehr vertrautes war. Juran lief im Raum auf und ab, und Dyara hockte auf der Kante ihres Stuhls, den Rücken durchgedrückt und eine steile Falte auf der Stirn. Als Rian Mairae zu den Stühlen folgte, hielt Juran inne, sah sie beide an und seufzte dann.

»Ich habe euch hierhergerufen, um euch Bericht über die Situation in Si zu erstatten«, sagte er. »Die Götter haben beschlossen, dass Auraya Mirar suchen und hinrichten soll, weil sie ihm am nächsten ist.«

Mairae sog überrascht die Luft ein, womit sie Jurans Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

»Sie war am nächsten«, wiederholte Juran. »Keiner von uns hätte schnell genug nach Si kommen können.«

Die arme Auraya, dachte Mairae. War es nicht schon schlimm genug, dass ihr ehemaliger Geliebter sich als ein Feind der Götter entpuppt hat? »Dann willst du uns jetzt also erzählen, dass sie sich deswegen miserabel fühlt und wir ihr Mitgefühl schulden?«, fragte sie trocken.

Juran zuckte zusammen. »Nein.«

Mairae blinzelte überrascht. »Sie fühlt sich nicht schlecht deswegen? Dann ist sie aus härterem Holz gemacht, als ich dachte. Ich nehme an, sie war so wütend, dass sie…«

»Sie hat Mirar nicht getötet«, unterbrach Juran sie. »Sie hat ihn gehen lassen.«

»Oh.« Mairae sah Dyara an. Die Lippen der Frau hatten sich vor lauter Missbilligung zu einer dünnen Linie verzogen. Rian musterte Juran mit einer Mischung aus Entsetzen und Zorn. »Warum?«

Juran schüttelte den Kopf. »Mirar hat ihr seinen Geist geöffnet. Er hat sie von vielen Dingen überzeugt: dass er seine eigene Identität unterdrückt und Leiard erfunden habe, um sich vor den Göttern zu verstecken, dass er nichts Böses im Schilde geführt und die Absicht habe, Nordithania zu verlassen, dass er die Hinrichtung nicht verdient.« Juran seufzte. »Ich kann nicht beurteilen, ob irgendetwas von dem der Wahrheit entspricht. Es wäre möglich, dass er seinen Geist mit Lügen füllen und sie als Wahrheit tarnen kann. Aber es ist unerheblich, ob er dazu in der Lage ist oder nicht. Die Götter haben Auraya befohlen, ihn zu töten. Sie hat es nicht getan.«

Stille senkte sich über den Raum. Ein Stich des Mitgefühls für Auraya durchzuckte Mairae, obwohl sie gleichzeitig enttäuscht war. Es hätte sie nicht überrascht zu erfahren, dass es hart für Auraya gewesen war, Mirar zu töten, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass Auraya sich geweigert hatte, den Göttern zu gehorchen.

»Einen Moment mal…«, sagte sie. »Konnte sie sich nicht dazu überwinden, es zu tun, oder hat sie sich geweigert?«

»Welchen Unterschied macht das?«, murmelte Rian.

»Es gibt einen Unterschied zwischen Zögern und Weigerung. Ein erfahrener Kämpfer mag in der Schlacht zögern, wenn er sich etwas Unerwartetem gegenübersieht – dass zum Beispiel sein Feind sein Freund ist. Was immer Mirar ihr gezeigt hat, es hat sie dazu gebracht zu zögern. Wenn sie Zeit gehabt hätte, hätte sie sich vielleicht darüber hinweggesetzt. Man sollte ihr eine zweite Chance geben.«

»Das ist bereits geschehen«, erwiderte Juran. »Sie hat bis heute Nachmittag Zeit, ihr Tun zu überdenken, dann muss sie ihre Aufgabe zu Ende führen. Mirar kann noch nicht weit gekommen sein. Man hat Siyee ausgesandt, die nach ihm suchen sollen.«

»Und wenn sie sich abermals weigert?«, fragte Rian. Juran verzog das Gesicht. »Dann wird sie bestraft werden.«

Mairae schüttelte den Kopf. »Ich bin immer noch der Meinung, dass die Götter zu viel von ihr verlangen. Sie ist nach wie vor neu in ihrer Rolle. Einer von uns sollte an ihrer Stelle gehen.«

»Sie muss ihre Treue den Göttern gegenüber unter Beweis stellen«, bemerkte Rian.

»Er hat recht«, sagte Dyara. »Wenn die Menschen erführen, dass sie sich dem Befehl der Götter widersetzt hat…«

»Wer sollte es ihnen denn erzählen?«, wandte Mairae ein. »Dies alles ist an einem fernen Ort geschehen.« Sie sah zu Juran hinüber. »Und hoffentlich ohne Zeugen. Außer uns und den Göttern weiß niemand davon.«

Dyaras Züge verhärteten sich. »Wenn die Götter dies von ihr verlangen, dann muss es notwendig sein. Die Götter blicken in unsere Herzen und in unseren Geist. Sie wissen, wann unsere Treue und Ergebenheit einer Prüfung bedürfen.«

Mairae starrte Dyara an. Die ältere Frau konnte streng und herrschsüchtig sein, aber normalerweise konnte man ihr keinen Mangel an Mitgefühl vorwerfen. Jetzt jedoch klang sie ähnlich wie Rian. »Wie unbefangen würdest du deinen Ratgeber töten, sollten die Götter es befehlen?«

Dyaras Augen weiteten sich vor Überraschung und Ärger. »Timare ist ein Priester, kein… kein schmutziger Wilder.«

»Woher weißt du das? Du hast auch Mirars Geist hinter dem Leiards nicht entdeckt.«

»Ich kenne Timare seit vierzig Jahren. Wie gut kennst du deine Liebhaber?«

Mairae zuckte die Achseln. »Überhaupt nicht. Das ist auch nicht notwendig.«

»Mir scheint, dass es viel mehr Menschen auf dieser Welt gibt, die zu töten dir widerstreben könnte.«

»Ich benutze sie für Sex, Dyara. Ich bin in keinen von ihnen verliebt.«