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»Nein.« Imi schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wie ich mich fühlen würde, wenn ich Landgeher unsere Inseln betreten sehen würde. Wenn ihr dort landet, werden die Leute wütend und verängstigt sein. Wenn ich eine Elai in Begleitung von Landgehern sähe, würde ich denken, dass sie eine Gefangene sein muss.«

»Dann werden wir dich näher ans Ufer rudern und abwarten.«

Imi schüttelte abermals den Kopf. »Nein. Ich schätze, ich werde in die Stadt schwimmen müssen.« Sie sah Imenja an und lächelte entschuldigend. »Es tut mir leid, aber mein Volk misstraut den Landgehern. Ich werde mit ihnen reden und ihnen erzählen, was ihr für mich getan habt.«

»Werden sie dir glauben?«, fragte Reivan.

»Dafür werde ich schon sorgen.« Imi runzelte die Stirn. »Obwohl es ein Weilchen dauern könnte.«

»Wir werden warten«, versicherte ihr Imenja. »Du kennst dein Volk am besten. Wenn du schwimmen musst, dann tu es.«

Imi lächelte, trat einen Schritt zurück und umarmte die Frau. Imenja kicherte und tätschelte ihr den Rücken.

»Gib auf dich Acht, Prinzessin. Es würde mich sehr bekümmern, wenn ich dich nie wiedersähe.«

»Das Gleiche gilt für mich«, erwiderte Imi und löste sich aus ihrer Umarmung. Dann wandte sie sich zu Reivan um. »Und dich möchte ich auch gern wiedersehen, Reivan. Ich werde versuchen, meinen Vater zu einem Treffen mit euch zu überreden. Ich bin davon überzeugt, dass er euch ebenso mögen wird, wie ich es tue.«

Reivan lächelte verlegen. »Wir werden sehen.«

»Geh jetzt«, sagte Imenja. »Je früher du aufbrichst, umso früher können wir deinen Vater kennen lernen.«

Imi grinste. Sie duckte sich unter der Reling hindurch und betrachtete das Wasser unter ihr. Es war sehr tief hier, in der Mitte der Inseln, aber seit sie das Schiff betreten hatte, hatte sie begriffen, dass es immer eine gute Idee war, nach großen Meeresgeschöpfen am Rumpf Ausschau zu halten, bevor sie ins Wasser sprang.

Schließlich löste sie sich von der Reling und ließ sich nach vorn fallen. Der Sturz war kurz, aber berauschend, und sie genoss das Eintauchen in das kühle Wasser. Als sie wieder an die Oberfläche gestiegen war, winkte sie Imenja und Reivan zu, bevor sie tief Luft holte und sich auf den Weg zur Stadt machte.

Sie war sich nicht ganz sicher, wo sich der Eingang der Stadt befand, daher beschloss sie, an der Felswand in dem Bereich entlangzuschwimmen, in dem sie den Eingang vermutete. Schon bald sah sie einen Schatten unter sich dahingleiten, und ihr Herz schlug vor Freude schneller, als sie begriff, dass es ein anderer Elai war. Sie hielt Abstand zu ihm, da sie wusste, dass sie große Aufmerksamkeit erregen würde, sobald man sie erkannte. Langsam folgte sie ihm.

Die schattenhafte Gestalt verschwand, und eine leise Furcht regte sich in Imi, aber dann erschienen zwei weitere Elai. Als sie ihnen nachschwamm, sah sie in der Felswand vor sich eine große schwarze Öffnung. Die Lichtfische waren fort, vielleicht eine Vorsichtsmaßnahme, die verhindern sollte, dass Landgeher den Eingang der Stadt fanden. Sie wusste, dass das möglich war, denn sie hatte Landgehertaucher gesehen. Aber Landgeher konnten nicht lange genug den Atem anhalten, um in die Stadt hineinzugelangen.

Nachdem sie in die Dunkelheit geschwommen war, bemerkte sie zu ihrer Erleichterung vor sich ein Licht. Es führte sie in die Lufttaschen im Tunnel. Sie brachte es fertig, den ganzen Tunnel zu durchmessen, ohne auftauchen und Atem holen zu müssen, daher erkannte sie auch niemand. Dann zog ein größerer, hellerer Schein sie aufwärts, und sie kam im Mund wieder an die Oberfläche.

Mehrere Minuten lang ließ sie sich dort treiben und betrachtete die Höhlen, die Lichter und die Menschen. Der Anblick war zu schön, um echt zu sein. Sie fürchtete sich davor, weiterzuschwimmen, falls …

Als ein anderer Elai spritzend neben ihr auftauchte, zog sie sich hastig zurück.

Wovor habe ich Angst?, fragte sie sich. Habe ich immer noch Angst, dass Teiti oder Vater mich dafür bestrafen werden, dass ich mich davongeschlichen habe? Selbst wenn ich wüsste, dass sie es tun würden, würde ich dann jetzt wegschwimmen?

Sie schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg zum Rand des Wassers.

Als sie auftauchte, begannen die ersten Leute, in ihre Richtung zu schauen. Gewöhnliche Elai sahen kurz zu ihr hinüber, dann bekamen sie große Augen. Wachen runzelten die Stirn und blinzelten dann überrascht. Einer, der Hauptmann, trat vor.

»Prinzessin? Prinzessin Imi?«

Sie lächelte schief. »Ja.«

»Wo bist du…« Er hielt inne und straffte sich dann. »Darf ich dich zum Palast begleiten?«

Erheitert über seine plötzliche Förmlichkeit, nickte sie. »Bitte.«

Sofort rief er den anderen mit lauter Stimme Befehle zu. Drei weitere Wachen nahmen ihre Plätze neben dem Hauptmann ein, so dass sie im nächsten Moment von Männern umringt war. Andere Elai liefen den Hauptfluss zum Palast hinunter.

Sie werden es Vater sagen. Er wird wissen, dass ich komme.

Ihr Magen zog sich zusammen, aber sie zwang ihre Beine, sich zu bewegen. Eine Schar Schaulustiger war stehen geblieben, um die Ereignisse zu beobachten, und jetzt schlossen sie sich ihrer Eskorte an. Die überraschten Blicke wichen einem Lächeln. Stimmen wurden laut, um sie willkommen zu heißen. Mit einem Mal traten ihr Tränen in die Augen, und sie blinzelte heftig dagegen an.

Die Strecke zum Palast erschien ihr endlos. Sie beschleunigte ihre Schritte und verlangsamte das Tempo dann wieder, als sie die Palasttore sah. Sie standen offen.

Und zwischen ihnen stand ein Mann.

Ihr Vater.

Als sie sich wieder in Bewegung setzte, traten die Wachen beiseite. Sie bemerkte es kaum. Sie sah nur ihren Vater, der auf sie zugeeilt kam, und als sie den feuchten Schimmer in seinen Augen sah, konnte sie die Tränen nicht länger aufhalten.

Endlich fiel sie ihm um den Hals und spürte seine Arme, vertraut und stark. Ihr wurde bewusst, dass sie sich entschuldigte, dann lachte sie laut auf, als sie feststellte, dass er das Gleiche tat.

»Wofür entschuldigst du dich, Vater?«, platzte sie heraus. »Ich bin diejenige, die Teiti entwischt ist und die Stadt verlassen hat.«

Er trat einen Schritt zurück, um sie anzusehen. »Ich hätte dich häufiger hinauslassen sollen. Dann wärst du nicht so neugierig gewesen, und du hättest Wachen zu deinem Schutz bei dir gehabt.«

Sie lächelte und wischte sich über die Augen. »Denen wäre ich auch entwischt.«

Er musterte sie forschend. »Wo bist du gewesen? Dieser Schurke von einem Kaufmannssohn hat uns erzählt, du wärst von Plünderern entführt worden.«

»Das ist wahr.« Sie hielt inne. »Du warst doch nicht allzu gemein zu ihm, oder? Ich habe ihn dazu überredet.«

Er runzelte die Stirn. »Teiti hat mich dazu gebracht, ihn einzusperren.«

Imi sog erschrocken die Luft ein. »Armer Rissi! Sie muss furchtbar wütend gewesen sein!«

Ihr Vater zuckte zusammen. »Das war sie auch, aber ich war noch viel wütender auf sie. Du musst mir alles erzählen.« Er wandte sich dem Palast zu. »Hat deine Rückkehr etwas mit dem Schiff dort draußen zu tun?«

»Ja, Vater. Die Leute auf diesem Schiff haben mich gerettet und nach Hause gebracht. Ich verdanke ihnen mein Leben.«

Er runzelte die Stirn, offensichtlich wenig erfreut darüber, das zu hören.

»Nicht alle Landgeher sind schlecht«, fuhr sie fort.

Jetzt erschien eine steile Falte zwischen seinen Augen. »Das glaubst du also, ja? Was wollen sie als Gegenleistung?«

»Nichts.«

»Nichts!« Er schüttelte den Kopf. »Sie wollen immer irgendetwas. Aber von mir werden sie nichts bekommen!«

»Vater«, sagte sie energisch, »sie haben mir das Leben gerettet.«

Er zögerte kurz, dann seufzte er. »Also sollte ich ihnen durchaus etwas als Gegenleistung geben.«

Sie zuckte die Achseln. »Zumindest schuldest du ihnen deinen Dank.«

Er blieb stehen und sah sie eigenartig an. »Was ist mit dir geschehen, dass du mit einem Mal so klug und tapfer bist?«