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»Wirst du bleiben?«, fragte Sirri. »Möchtest du heute Abend zu einem richtigen Essen in meine Laube kommen?«

»Ich werde bleiben, und ich nehme deine Einladung mit Freuden an.« Auraya hob Unfug auf und setzte ihn sich auf die Schulter. »Wie ist die Lage bei deinem Stamm?«

»Lass uns auf dem Weg zu deiner Laube darüber reden«, sagte Sirri. Sie schwieg, bis sie außer Hörweite der anderen Siyee waren. »Die Boten vom Sandstamm haben berichtet, dass an der Küste ein pentadrianisches Schiff gesehen wurde und dass sie dich darauf aufmerksam gemacht haben.«

Auraya nickte. »Das haben sie getan, aber als ich dort ankam, war das Schiff schon fort.«

»Wir haben seit deiner Abreise mehrere neue Fälle der Herzzehre gehabt. Die Kranken sind vom Stamm am Tempelberg gekommen und haben erzählt, du hättest sie hierhergeschickt. Wir haben sie isoliert, und die Priester kümmern sich um sie.«

Auraya stöhnte. »Ich habe dem Sprecher eingeschärft, nur Leute wegzuschicken, die krank gewesen waren und sich davon erholt hatten. Was ist mit den anderen Dörfern?«

»Selbst die entlegensten Stämme schicken inzwischen Boten, die um Hilfe bitten. Ich fürchte, du wirst sie nicht alle rechtzeitig erreichen können. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Und der Stamm vom Blauen See hat die Nachricht geschickt, dass Traumweber Wilar verschwunden sei.«

Als sie seinen Namen hörte, überlief Auraya ein Schaudern. In Sirris Gedanken konnte sie lesen, dass die Sprecherin den Grund für Mirars Verschwinden nicht kannte, dass der Bote vom Blauen See jedoch laut über die Möglichkeit nachgegrübelt hatte, dass es einen Streit zwischen Auraya und Mirar gegeben haben könnte.

»Ich weiß, dass er fortgegangen ist«, erklärte sie vorsichtig. »Und ich kenne den Grund dafür, aber ich kann dazu nur sagen, dass ich wünschte, er hätte nicht gehen müssen, und dass ich nichts tun kann, um ihm zu helfen.«

Außer gar nichts zu tun, fügte sie im Geiste hinzu.

Sirri war sichtlich neugierig, sprach jedoch keine der Fragen aus, die ihr in den Sinn kamen. Inzwischen hatten sie Aurayas Laube erreicht. Unfug sprang von ihrer Schulter und schoss hinein.

»Das ist wirklich eine Schande«, sagte Sirri. »Wenn du ihm nicht helfen kannst, wer soll es dann können?«

»Er kann sich nur selbst helfen.« Plötzlich fiel Auraya die Freundin wieder ein, die sie in Mirars Geist gesehen hatte. Würde die Frau, die ihm geholfen hatte, seine Identität wiederzufinden, ihm abermals helfen können?

Sirri lächelte und trat beiseite. »Wir haben heute Abend viel zu besprechen. Was wirst du als Nächstes tun?«

»Unfug davon überzeugen, dass er hierbleiben muss, und dann die kranken Neuankömmlinge besuchen.«

Sirri nickte. Als die Sprecherin gegangen war, trat Auraya in ihre Laube. Sie sah sich um und bemerkte die Schale mit Obst und den frischen Krug mit Wasser auf dem Tisch. Sie wusste nicht, wer alles für ihre Rückkehr bereitgemacht und sich um Unfug gekümmert hatte, aber wer es auch gewesen sein mochte, sie war ihm ungeheuer dankbar.

Der Veez war in den Hängekorb geklettert, den er als Bett benutzte. Seine Nase lugte über den Rand, dann richtete er sich auf und sprang auf Aurayas Schultern.

»Ich glaube, du bist schwerer geworden«, erklärte sie. »Wirst du langsam fett?« Sie kraulte ihn unterm Kinn.

»Unfug fett«, pflichtete er ihr bei.

Sie lachte. Er hatte den Ausdruck der Siyee für »fett« erkannt, obwohl sie sehen konnte, dass er ihn nicht verstand. Die Siyee mussten dieses Wort in seiner Anwesenheit so oft gebraucht haben, dass er es jetzt mit sich selbst in Verbindung brachte.

»Hast du die Leute um Essen angebettelt?«, fragte sie ihn.

Er antwortete nicht, sondern schloss die Augen, um ihre Zuwendung zu genießen.

»Also, Unfug bleiben. Auraya gehen und…«

Wo ist sie? Ah. Dort.

Sie erstarrte. Die Stimme gehörte Chaia. Ihr Herz begann zu hämmern. Unfug sprang von ihrer Schulter und musterte sie mit zuckenden Schnurrhaaren. Er konnte zwar ihre Erregung spüren, aber nicht deren Ursprung. Dann formte sich in der Mitte des Raums ein Leuchten, und der Veez floh ins Schlafzimmer.

Auraya schluckte, als aus dem Leuchten die Gestalt eines Mannes erwuchs. Chaia lächelte, wie sie zu ihrer Erleichterung feststellte.

Hallo, Auraya.

Hallo, Chaia, erwiderte sie.

Hast du mich vermisst?

Sie starrte ihn einen Moment lang an, unsicher, wie sie antworten sollte. Es war nicht die Frage, die sie erwartet hatte. Er sah sie mit einem Lächeln an, wie er es während seiner amourösen Stimmungen an den Tag zu legen pflegte, aber aus irgendeinem Grund beunruhigte sie dieses Lächeln und stieß sie ab. Als er einen Schritt auf sie zutat, musste sie dem Drang widerstehen, vor ihm zurückzuweichen.

Es ist ein wenig schwierig, jemanden zu vermissen, wenn man sich nicht sicher ist, ob einem gefallen wird, was der Betreffende als Nächstes tun oder sagen wird, bemerkte sie, vielleicht ein wenig zu freimütig.

Sein Lächeln wurde breiter, und er streckte die Hand aus, um ihr über die Wange zu streichen.

Natürlich. Aber davon einmal abgesehen, hast du unsere gemeinsamen Nächte vermisst? Hast du meine Berührung vermisst?

Wo seine Finger über ihre Haut glitten, verspürte sie ein wunderbar angenehmes Kribbeln. Ein Schauer überlief sie.

Ja, gestand sie. Ein wenig.

Nur ein wenig? Er zog einen Schmollmund. War ich nicht aufmerksam genug?

Sie konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.

Du warst mehr als aufmerksam. Sie trat zurück und entzog sich damit seiner Reichweite. Aber das war nur körperliches Wohlbehagen, Chaia. Das vermisse ich. Manchmal sehne ich mich sogar danach. Aber

Aber? Er zog die Augenbrauen hoch. Du hast mich nicht vermisst, nicht wahr? Liebst du mich nicht?

Sie wandte den Blick ab. Jetzt, da er sie mit dieser Frage konfrontiert hatte, wusste sie, dass er richtig vermutete.

Nicht so, wie menschliche Liebende es tun. Nicht auf die Art

Auf die Art, wie du Mirar geliebt hast, beendete er ihren Satz, und mit einem Mal war jedweder Humor aus seinen Zügen gewichen.

Ein Stich des Ärgers durchzuckte sie.

Nein. Es ist nicht vergleichbar mit dem, was ich für Mirar empfinde. Ist es Mitleid, was du willst?

Er starrte sie an, dann lächelte er.

Ich glaube, das habe ich herausgefordert. Und ich weiß, dass du mich nicht so liebst, wie du einmal Leiard geliebt hast. Seine Augen wurden schmal. Was empfindest du für mich?

Sie dachte nach.

Etwas zwischen der Liebe zu einem Gott und der Liebe zu einem Freund. Ich glaube… ich glaube, wir sind zu verschieden.

Ich habe dich immer als ebenbürtig behandelt, wenn wir miteinander allein waren. Du hast das Gleiche getan.

Ja, aber hier geht es nicht darum, dass wir so tun, als seien wir einander ebenbürtig. Sie schüttelte den Kopf. Eine Bewegung in der Schlafzimmertür erregte ihre Aufmerksamkeit. Unfug spähte hinaus. Vielleicht wäre es ebenso töricht, wenn ich von Unfug erwartete, romantische Liebe für mich zu empfinden. Er ist ein Veez, ich bin ein Mensch. Götter und Menschen mögen einander ähnlicher sein als Menschen und Veez, aber nicht ähnlich genug. Es gibt so viele Unterschiede darin, wie wir die Welt betrachten. So vieles, das wir voneinander nicht bekommen können, das nur unseresgleichen uns geben kann. Ich… Sie blickte zu Chaia auf. Aber du weißt das. Du kannst in meinen Geist sehen.