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Der Widerstand gegen das Hospital war unvermeidlich. Die Menschen gaben ihre Vorurteile nur selten über Nacht auf, selbst wenn es den Anschein hatte, als wollten die Götter, dass sie das taten. Wenn eine Entscheidung der Götter ihnen nicht gefiel, kamen sie zu dem Schluss, es müsse sich dabei um eine törichte menschliche Fehldeutung des göttlichen Willens handeln.

Und sie könnten recht damit haben, ging es ihr durch den Kopf. Meine Befehle kamen von Juran, nicht direkt von einem der Götter. Doch selbst wenn die Idee zu einem Hospital einzig auf Juran zurückzuführen war, hätten die Götter ihrem Tun ein Ende bereitet, wenn sie nicht damit einverstanden gewesen wären.

Der Maler blickte auf. Als er Auraya sah, weiteten sich seine Augen, und er strich noch einige Male mit dem Pinsel über die Fassade des Hospitals, dann eilte er hinein. Als der Plattan vor der Tür anhielt, nahmen die Wachen Habtachtstellung ein und schlugen das Zeichen des Kreises.

Auraya griff nach dem Päckchen, das neben ihr auf dem Sitz lag, und stieg auf den Gehweg hinab. Sie schritt zur Tür des Hospitals und drückte sie mit Magie auf. Als sie in die Halle trat, wandten sich mehrere Menschen zu ihr um. Sie spürte die Erleichterung der Priester und Priesterinnen, dass sie erschienen war, und sie wusste, dass sie sie in angespanntem Schweigen erwartet hatten. Der Grund für ihr Unbehagen waren fünf Traumweber, die gelassen hinter Raeli standen. Obwohl diese Männer und Frauen entspannt wirkten, nahm Auraya doch eine Mischung aus Neugier und Furcht bei ihnen wahr.

Sie begrüßte sie alle mit einem Lächeln, und wie immer überraschte es sie ein wenig, dass eine so simple Geste die Spannung in einem Raum lindern konnte.

»Vielen Dank, dass ihr gekommen seid«, begann sie und sah allen Anwesenden der Reihe nach in die Augen. »Was wir heute beginnen wollen, ist eine vornehme Aufgabe, wenn auch nicht ohne Gefahren. Die jüngsten Ereignisse haben mich zu der Ansicht gebracht, dass wir mit einer öffentlichen Zeremonie zur Feier der Eröffnung dieses Hospitals nur Ärger herausfordern würden, und ich weiß, dass ihr alle meiner Meinung seid. Stattdessen werden wir den Anlass ruhig und im engsten Kreis begehen. Traumweberratgeberin Raeli und Hohepriester Teelor, würdet ihr beide bitte vortreten?«

Die beiden Genannten kamen auf sie zu, beide ernst, beide würdevoll. Auraya wickelte das Päckchen aus, und ein hölzernes Schild kam zum Vorschein. Es war mit goldenen Lettern ausgelegt: Zum Wohle aller. Sie spürte die Billigung der Traumweber und der Heiler.

Das Schild war Danjins Idee gewesen, und er hatte auch diese Worte vorgeschlagen. Ihm erschien die Ironie darin überaus passend zu sein, da die Politik der Traumweber, niemandem Hilfe zu verwehren, zu ihrem Niedergang führen würde. Für Auraya war das Schild eine Erinnerung daran, warum sie das tat: um Seelen zu retten, die sich möglicherweise von den Göttern abwenden würden.

Raeli und Teelor blickten zur Tür hinüber, wo man zwei Treppen eingefügt hatte. Zwei Ketten hingen von der Oberschwelle herab, im gleichen Abstand angebracht wie die Haken am oberen Rand des Schilds. Auraya hielt ihnen das Schild hin, das sie gemeinsam zum Eingang des Flurs trugen, bevor sie die Stufen hinaufstiegen und die Ketten befestigten. Als das Schild an Ort und Stelle hing, breitete Auraya die Hände zu einer dramatischen Geste aus.

»Hiermit erkläre ich das Hospital für eröffnet.«

Die Traumweber und Heiler entspannten sich. Raeli und Teelor stiegen die Stufen hinab und wandten sich einander zu. Auf Teelors Zügen breitete sich ein Lächeln aus, und Raelis Mundwinkel zuckten schwach in die Höhe.

»Alles ist an seinem Platz«, fuhr Auraya fort. »Jetzt brauchen wir nur noch jemanden, den wir behandeln können.«

Die beiden tauschten einen Blick.

»Nun«, sagte Teelor, »wir haben bereits die ersten Patienten. Sie sind in der vergangenen Nacht gekommen. Eine Frau, die eine schwierige Geburt hinter sich hat, und ein alter Mann mit einer Lungenkrankheit.«

»Die Frau und der Säugling sind auf dem Weg der Genesung«, ergänzte Raeli. »Der alte Mann…« Sie zuckte die Achseln. »Ich denke, was ihm zu schaffen macht, ist nicht nur die Krankheit, sondern auch das hohe Alter. Wir haben dafür gesorgt, dass er es bequem hat.«

Teelor zog die Augenbrauen hoch. »Es hat sich herausgestellt, dass sie doch nicht alles heilen können«, murmelte er in Aurayas Richtung.

Raeli lächelte schief. »Das Alter ist keine Krankheit«, erklärte sie. »Es ist ein natürlicher Prozess des Lebens. Nachdem wir über tausende von Jahren hinweg Wissen angesammelt haben, machen wir uns keine Illusionen darüber, was man erreichen kann und was nicht.«

Der Hohepriester kicherte. »Es würde mich nicht überraschen, wenn ihr diese Ausrede für alle Fälle benutzt, die ihr nicht zu heilen vermögt«, neckte er die Traumweberin.

Auraya beobachtete die beiden mit einer Mischung aus Überraschung und Erstaunen. Raeli und Teelor hatten offenkundig ein Band geknüpft, das auf Respekt fußte und das vielleicht den Anfang einer Freundschaft darstellte. Wann war das geschehen? Sie schaute genauer hin und sah Erinnerungen an eine lange Nacht, in der sie beide sich bemüht hatten, die Mutter und ihr Kind zu retten. Es war für beide eine lehrreiche Erfahrung gewesen.

Eine schwache Hoffnung regte sich in ihr, die jedoch wider zunichtegemacht wurde, als sie sich ins Gedächtnis rief, worin ihr eigentliches Ziel bei dieser Unternehmung bestand. Doch die nagenden Schuldgefühle wurden durch das Wissen gelindert, dass die Heilerpriester, indem sie von den Traumwebern lernten, viel mehr Menschen würden helfen können. Plötzlich sah sie das ganze Projekt in einem anderen Licht. Es gab nur wenige Dinge im Leben, die nicht gleichzeitig schlechte und gute Auswirkungen hatten. Dieses Hospital war eines davon. Alles in allem überwog das Gute das Schlechte.

Und das war eine typisch traumweberische Art, die Dinge zu betrachten.

12

Du wirst langsam ein wenig zu alt dafür«, sagte Teiti.

»Aber wahrscheinlich ist es gut für dich, auch außerhalb des Palasts Freunde zu haben.«

Imi verzog das Gesicht. »Natürlich bin ich nicht zu alt dafür! Es gibt hier Kinder, die noch älter sind als ich.«

Ihre Tante schaute zur anderen Seite des Kinderteichs hinüber und runzelte missbilligend die Stirn. »Das ist mir bekannt.«

Imi folgte ihrem Blick und sah, dass sich wie gewohnt eine Gruppe älterer Kinder am Rand des tieferen Bereichs versammelt hatte. Im Gegensatz zu den kleinen Jungen und Mädchen, die in dem restlichen Teil des Teichs schwammen, lümmelten diese Kinder dort herum, als seien sie über kindische Spiele erhaben. Außerdem hatten sich viele Jungen und Mädchen zu Paaren gefunden, und einige von ihnen hatten sich untergehakt.

Nicht allzu weit entfernt ahmten einige Kinder, die nur eine Spur jünger waren, die älteren nach. Aber die meisten waren ihrer Abneigung gegen das andere Geschlecht noch nicht ganz entwachsen, und ihre Bemühungen um ernsthafte Gespräche lösten sich häufig in kindischem Toben auf.

Es war diese Gruppe, auf die Imi zusteuerte, sobald sie im Wasser war. Unter den Kindern befand sich ein Junge namens Rissi, der häufig damit prahlte, dass er mit seinem Vater, einem Händler, Ausflüge außerhalb der Stadt unternahm. Außerdem gab er gern damit an, über geheime Wege Bescheid zu wissen, über die man Dinge aus der Stadt hinausschmuggeln konnte. Rissi war es, mit dem sie reden wollte.

Die Kinder beobachteten sie mit wachsamem Interesse, als sie auf sie zuschwamm. Sie gestatteten ihr stets, an ihren Spielen teilzuhaben und ihren Gesprächen zuzuhören. Sie hoffte, dass sie sich so verhielten, weil sie sie mochten, und nicht, weil sie es nicht wagten, eine Prinzessin wegzuschicken.