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Mirar runzelte die Stirn. »Hat der Sprecher dich zu mir geschickt?«

»Ja.«

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, wenn das Unbehagen, das Mirar bei Tyve spürte, irgendwelche Schlussfolgerungen zuließ. Er kniff die Augen zusammen und musterte den jungen Siyee.

»Hat er das wirklich getan?«

Tyve warf Mirar einen schuldbewussten Blick zu. »Nicht direkt. Er ist zu krank, um etwas zu sagen. Ich habe den anderen vorgeschlagen, dich um Hilfe zu bitten, da du doch ein Heiler bist. Sie waren einverstanden.«

Dies war, das spürte Mirar deutlich, die Wahrheit. Er nickte. »Ich werde kommen. Welche Symptome weisen sie auf?«

»Das wirst du sehen, wenn du dort bist«, erwiderte Tyve ungeduldig. »Wir sollten sofort aufbrechen, wenn du ankommen willst, bevor… Es ist ein weiter Weg.«

»Daher ist es auch ein weiter Weg, zurückzukehren, um die richtigen Heilmittel zu holen«, bemerkte Mirar. »Ich muss wissen, was für eine Krankheit das ist, damit ich meinen Beutel packen kann. Erzähl mir davon.«

Tyve beschrieb, was er gesehen hatte. Während er sprach, breitete sich eine zunehmende Mutlosigkeit in Mirar aus. Es klang wie eine Krankheit, die man Herzzehre nannte und die man gelegentlich bei Landgehern fand. Höchstwahrscheinlich hatte ein Siyee sich während des Krieges damit angesteckt und die Krankheit zu seinem Stamm getragen. Mirar hatte nie darüber nachgedacht, dass Krankheiten eine unausweichliche Folge sein würden, wenn die Siyee mit Menschen außerhalb ihres Landes verkehrten. Im Stillen verfluchte er die Weißen.

Du kannst dir nicht sicher sein, dass die Weißen wussten, dass etwas Derartiges geschehen würde, rief Leiard ihm ins Gedächtnis.

Aber es gibt kein größeres Glück, als jemanden zu haben, dem man die Schuld in die Schuhe schieben kann, erwiderte Mirar.

»Ich kenne diese Krankheit«, erklärte er dem jungen Siyee. »Ich kann deinem Stamm helfen, sie zu überwinden, aber ich kann nicht versprechen, dass alle überleben werden.«

Tyve erbleichte.

Mirar legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun. Und nun gib mir ein wenig Zeit, damit ich meinen Beutel packen kann. Dann kannst du mich zu deinem Dorf bringen.«

Der Siyee setzte sich mit gequälter Miene auf einen Felsen, um zu warten. Mirar ging in die Höhle und betrachtete seinen Vorrat an Heilmitteln. Als er mit Emerahl das Schlachtfeld verlassen hatte, hatte er seinen Traumweberbeutel bei sich gehabt, der jedoch zu diesem Zeitpunkt fast leer gewesen war. Jetzt war er wohlgefüllt. Sowohl Emerahl als auch er hatten viele Stunden im Wald verbracht, um Heilmittel zu sammeln und zuzubereiten, wobei sie sich auf ihre Kenntnisse der hiesigen Pflanzen stützen konnten. Nicht alle Heilmittel entsprachen zur Gänze jenen, die sie ersetzen sollten. Einige waren wirkungsvoller, andere schwächer.

Er betrachtete die Dinge, die an den Wänden aufgestapelt lagen. Seile würden unverzichtbar sein, während Bettzeug zu unhandlich war, um es zu tragen. Er würde in seinen Kleidern auf dem Boden schlafen, was bedeutete, dass er jetzt, da es draußen kalt wurde, etwas Wärmeres zum Anziehen benötigen würde.

Und etwas zu essen, rief Leiard ihm ins Gedächtnis.

Natürlich. Er lächelte schief und sammelte zusammen, was er brauchen würde. Als er fertig war, sah er sich noch ein letztes Mal in der Höhle um.

Werde ich schon bald zurückkehren, oder wird mich diese Krise bei den Siyee für immer von hier fortführen? Er zuckte die Achseln. So oder so, es ist mir gleichgültig. Wenn Emerahl recht hat, wird es mir guttun, unter Leuten zu sein.

Mit diesem Gedanken wandte er sich ab und kehrte zu Tyve zurück, um einen weiteren anstrengenden Marsch durch die Berge von Si zu beginnen.

Als Auraya in der Ferne das Offene Dorf sah, stand die Sonne bereits tief am Himmel. Sie war nicht so schnell geflogen, wie sie beabsichtigt hatte, da Unfug Angst bekam, wenn sie eine gewisse Geschwindigkeit überschritt. Dann begann er vor Angst zu zittern und zu jaulen, aber solange sie sich ein wenig langsamer bewegte, war er es zufrieden, in dem Beutel zu hocken, den sie sich zwischen die Schultern gebunden hatte.

Wegen der Verzögerung ihrer Reise hatte sie nicht Halt gemacht, um mit den Siyee zu reden, die ihr seit ihrer Ankunft in Si begegnet waren. Auch sie hatten nicht versucht, sich mit ihr in Verbindung zu setzen; wahrscheinlich hatten sie gesehen, dass sie sich zu schnell fortbewegte, um sie abzufangen. Als sie sich nun dem langgezogenen, freiliegenden Berghang näherte, der der wichtigste Versammlungsort der Siyee war, flogen die Himmelsleute ihr entgegen.

Unfug verlagerte seine Position auf ihrem Rücken. »Fliegen!«, erklärte er. »Fliegen! Fliegen!«

Er verfügte nicht über die richtigen Worte, um ihr von den eigenartigen geflügelten Leuten zu berichten, die um sie herum in der Luft trieben, aber sie konnte seine Erregung spüren.

»Siyee«, sagte sie zu ihm. »Das sind Siyee.«

Er schwieg einen Moment lang. »Syee«, wiederholte er dann leise.

Einige Mitglieder ihrer improvisierten Eskorte erkannte sie, andere nicht. Sie tauschte gepfiffene Grüße mit ihnen allen aus. Die Gedanken der Siyee waren voller Erleichterung und Freude. Sie wussten jedoch, warum sie hier war, und aufgrund ihrer Sorge fiel ihr Willkommen gedämpfter aus als bei früheren Gelegenheiten.

Sie ließ sich stetig hinabsinken und steuerte auf das große, ebene Gebiet in der Mitte des Offenen Dorfes zu, das als die Flache bezeichnet wurde. Davor standen mehrere Siyee, und sie konnte das Dröhnen von Begrüßungstrommeln hören. Zwei weißgekleidete Männer erregten ihre Aufmerksamkeit. Wie die meisten Landgeher waren sie fast doppelt so groß wie die Siyee, und ihre weißen Priesterroben machten sie doppelt so auffällig.

Sie wandte ihre Aufmerksamkeit einer Reihe von Männern und Frauen zu, die in der Nähe des sogenannten Sprecherfelsens standen. Als sie näher kam, konnte sie einen jeden von ihnen erkennen. Sie alle waren Sprecher – Anführer der Stämme der Siyee -, aber nur die Hälfte aller Sprecher war anwesend. Das war keine Überraschung. Einige würden ihren Stamm nicht verlas sen wollen, solange Eindringlinge Si durchstreiften, und andere lebten zu weit entfernt vom Offenen Dorf, um zu jeder ungeplanten Zusammenkunft hierherzureisen. Allerdings lebten Abgesandte eines jeden Stammes hier, und sie würden unter jenen zu finden sein, die am Rand der Flache warteten.

Als Auraya landete, trat Sprecherin Sirri vor, die Erste Sprecherin aller Stämme. Sie hielt ihr lächelnd einen hölzernen Becher und einen kleinen Kuchen hin, und als Auraya beides entgegennahm, breitete Sirri die Arme weit aus. Sonnenlicht fiel durch die Membran ihrer Flügel und beleuchtete ein zartes Netzwerk von Venen und Arterien zwischen den tragenden Knochen.

»Willkommen zurück in Si, Auraya von den Weißen.«

Auraya erwiderte ihr Lächeln. »Ich danke dir, Sprecherin Sirri, und ich danke auch dem Volk von Si für sein herzliches Willkommen.«

Sie aß den süßen Kuchen, dann nippte sie an dem Wasser, bevor sie den Becher zurückgab. Sirris Blick wanderte zu Aurayas Schulter, und ihre Augen weiteten sich.

»Syee«, flüsterte Unfug ihr ins Ohr.

Auraya unterdrückte ein Lachen und kraulte den Veez am Kopf. »Sprecherin Sirri«, sagte sie, »das ist Unfug. Er ist ein Veez. Die Somreyaner haben sie vor langer Zeit gezähmt und halten sie als Haustiere.«

»Ein Veez«, wiederholte Sirri und trat vor, um Unfug anzustarren. »Ja, ich erinnere mich, dass ich dieses Tier im Kriegslager einmal gesehen habe.«

»Sie können sprechen, zumindest ansatzweise.« Auraya sah Unfug an. »Das ist Sirri«, erklärte sie ihm.

»Sierie«, wiederholte er. »Syee Sierie.«

Sirri kicherte leise. »Er ist ein nettes Tier. Ich sorge besser dafür, dass keiner der Siyee auf die Idee kommt, dass er eine schmackhafte Mahlzeit abgeben könnte.« Sie richtete sich auf. »Die Sprecher haben mich gebeten, gleich nach deinem Eintreffen eine Zusammenkunft in der Sprecherlaube anzuberaumen, aber falls du müde bist, könnten wir das Treffen verschieben.«