Выбрать главу

»Ich danke dir, Sprecherin Tyzi«, sagte Sirri. »Damit wären wir also zu dritt.«

Die Erleichterung der anderen Siyee war wie eine Welle, die über Auraya zusammenschlug. Sie unterdrückte ein Lächeln. Sirri klatschte entschlossen in die Hände. »Wir werden morgen früh beim ersten Tageslicht aufbrechen. Gibt es noch andere Dinge, die ihr mit Auraya besprechen wollt?« Sie blickte in die Runde, aber keiner der Siyee ergriff das Wort. »Dann ist diese Zusammenkunft beendet. Sprecher Iriz und Tyzi, würdet ihr bitte bleiben? Wir müssen über unsere Vorbereitungen für die Reise sprechen.«

Als die Siyee den Raum verließen, blickte Auraya auf Unfug hinab. Er schlief noch immer. Sie lächelte und wandte ihre Aufmerksamkeit den verbliebenen Siyee zu. Sofort durchzuckte sie ein Stich der Furcht. Falls sie einem der mächtigeren pentadrianischen Zauberer gegenübertreten musste, würde es nicht leicht sein, diese Siyee zu beschützen. Sie musste dafür sorgen, dass sie sich die Eindringlinge gründlich anschauen konnte, bevor sie sie sahen.

Für den Augenblick durfte sie sich den Siyee gegenüber ihre eigenen Zweifel und Befürchtungen jedoch nicht anmerken lassen.

22

Das Meer wogte unter dem Boot, als betrachte es das kleine Gefährt als einen ärgerlichen Störenfried, den es abschütteln musste. Als eine Welle es umzuwerfen drohte, abschütteln musste. Als eine Welle es umzuwerfen drohte, zog Emerahl Magie in sich hinein und benutzte sie, um den Rumpf wieder ins Wasser zu drücken. Ein Windstoß trieb ihr den peitschenden Regen ins Gesicht, und sie fluchte.

Ihr wurde bewusst, dass sie das Meer in einer lange vergessenen Sprache verfluchte, einer Sprache aus einer Zeit, da Fischer und Seeleute Göttern des Meeres huldigten. Es war leicht, sich vorzustellen, dass das um sich schlagende Wasser noch immer von einem größeren Geist beherrscht wurde – einem, der diesen Eindringling loswerden wollte -, vor allem, wenn sie bedachte, wie schnell der Sturm aufgekommen war.

Emerahl schnaubte. Die alten Götter sind tot. Hier geht es lediglich um schlechtes Wetter. Ich hätte den Rat des Bootsverkäufers beherzigen, ein größeres Boot kaufen und einige Wochen warten sollen, bis das Wetter besser würde.

Früher einmal hatte sie diesen Teil der Küste gut gekannt und war in der Lage gewesen, die Zeichen von schlechtem Wetter zu deuten. Doch in tausend Jahren konnte sich vieles ändern. Sowohl die Strömungen als auch das Wetter waren anders als damals. An manchen Stellen erkannte sie nicht einmal die Form des Ufers wieder. Als sie an der torenischen Küste entlanggefahren war, war ihr eine eigenartige Abfolge vertrauter wie unvertrauter Bilder begegnet. Glücklicherweise befanden sich die Hügel, die die Grenze zwischen Toren und Genria markierten, noch immer dort, wo sie sein sollten. Von diesem Punkt aus hatte sie der Küste den Rücken zugewandt und war, Gherids Anweisungen folgend, direkt aufs Meer hinausgesegelt.

Eine Welle brach sich über dem Boot und durchnässte sie bis auf die Haut. Sie schöpfte mit Magie das Wasser aus dem Rumpf. Der Regen fiel jetzt so dicht, dass sie das andere Ende des Bootes kaum noch erkennen konnte. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Situation zu ertragen. Unter diesen Umständen konnte sie das Segel unmöglich hissen. Sie konnte nicht sehen, wo sie war, geschweige denn ihr Ziel finden oder zum Festland zurückkehren.

Als eine weitere Welle das Boot beinahe zum Kentern brachte, fluchte sie abermals. Der Wind klang wie eine unmenschliche Stimme. Sie konnte einen Anflug von abergläubischer Furcht nicht ganz unterdrücken. Vielleicht sollte sie den Gott des Meeres besser doch nicht verfluchen.

Warum nicht? Er kann mir nichts antun, dachte sie. Er ist tot. So wie alle alten Götter. Nun ja, alle, mit Ausnahme des Zirkels. Konnte es sein, dass einer der verbliebenen fünf Götter gelernt hatte, das Meer zu beeinflussen? War gerade jetzt einer von ihnen damit beschäftigt, mit dem Meer zu spielen?

Der Gedanke war beunruhigend. Wenn die Götter hinter alledem steckten, was bezweckten sie dann damit? Wussten sie, dass sie hier war? Versuchten sie, sie daran zu hindern, ihr Ziel zu erreichen? Sie klammerte sich an das Ruder. Obwohl zwischen ihr und der Sonne eine dicke Wolkenschicht lag, drang dennoch dünnes graues Licht zu ihr durch. Plötzlich erlosch dieses Licht, und sie fuhr in die Dunkelheit hinein. Sie sah sich um und kämpfte eine wachsende Furcht nieder. Als sie sah, was diese Dunkelheit verursachte, gefror ihr das Blut in den Adern. Über ihr ragte etwas Großes, Finsteres auf.

Die Angst schmolz, als ihr klar wurde, was es war.

Der Hort!

Durch pures Glück hatte der Sturm das Boot an ebenjenen Ort getrieben, der ihr Ziel war. Jetzt zog die Strömung sie jedoch wieder davon weg. Sie sah sich suchend um und betrachtete schließlich die Ruder, die zu beiden Seiten des Bootes darauf warteten, benutzt zu werden.

Nein. Sie werden mir nichts nützen. Ich kann von Glück sagen, dass das Meer das Boot nicht gegen den Hort geworfen hat. Selbst wenn es mir gelänge, näher heranzurudern, kann ich das Boot nicht festmachen. Es würde in tausend Stücke zertrümmert werden. Dies bedarf der Magie und großer Konzentration.

Sie zog so viel Magie wie möglich in sich hinein und legte sie um das Boot. Sobald sie das Boot sicher im Griff hatte, würde sie sehr schnell handeln müssen, oder die nächste Welle würde über ihr zusammenschlagen.

Anheben.

Ihr Magen schlingerte, als das Boot in die Höhe stieg und sie mit sich trug. Sie blickte geradeaus, dorthin, wo der jetzt vom Regen verborgene Hort lag.

Vorwärts.

Es war keine ruhige Fahrt. Um das Boot zu bewegen, musste sie ihren Geist auf ihre Arbeit richten, ohne sich auch nur im mindesten ablenken zu lassen. Jeder Windstoß und jede Veränderung in ihren Gedanken führte dazu, dass das Boot sich zur Seite neigte oder sank. Selbst ihre Erleichterung, den Hort aus dem Regen auftauchen zu sehen, beeinträchtigte die Bewegung des Bootes.

Näher heran.

Als sie den Felsen vor sich sehen konnte, hielt sie inne.

Höher.

Das Geräusch der tosenden Wellen, die gegen den Felsen krachten, wurde leiser, als sie das Boot in die Höhe hob. Büschel rauen Seegrases, die in den Ritzen und Winkeln des Felsens wuchsen, wurden sichtbar. Sie hatte den oberen Teil des Horts erreicht.

Vorwärts.

Sie bewegte das Boot über das Seegras, dann ließ sie es einige Schritte entfernt vom Klippenrand auf den Boden sinken.

Es blieb keine Zeit für Erleichterung. Der Wind drohte das Boot wieder ins Meer zu schleudern. Emerahl sprang hinaus und griff nach ihrer Habe, dann drehte sie das Boot um, rammte den Anker in den Boden und vertäute das Boot daran.

Als sie sicher sein konnte, dass die Taue halten würden, richtete sie sich auf und sah sich um. Es war möglich, dass sie lediglich auf einem Vorsprung der Küste und nicht bei dem Hort gelandet war, den der Junge ihr beschrieben hatte. Also ließ sie das Boot zurück und ging vorsichtig zum Klippenrand hinüber. Das Meer unter ihr lag in dem dichten Regen verborgen.

Sie markierte ihre Position, indem sie drei Büschel Gras ausriss, so dass die bleiche, sandige Erde darunter zum Vorschein kam, dann lief sie am Klippenrand auf und ab. Nach fünfzig Schritten fand sie das ausgerissene Gras wieder. Um sicher sein zu können, dass sie nicht durch Zufall an eine Stelle gelangt war, an der ebenfalls einige Büschel ausgerissen waren, ging sie ein Stück landeinwärts. Als das Boot sichtbar wurde, nickte sie vor sich hin.

Wenn ich die Höhle finde, werde ich wissen, dass dies der Hort ist, von dem der Junge mir erzählt hat.

Sie ging abermals um den Klippenrand herum und hielt Ausschau nach der Treppe, die in die Höhle hinunterführte, konnte jedoch keine Spur davon entdecken. Nachdem sie die Insel fünfmal umrundet hatte, gab sie auf und kehrte zu ihrem Boot zurück.