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»Du triffst dich nicht häufig mit deinem Freund, oder?«, fragte sie mit einem leicht ironischen Unterton.

»Nicht persönlich.«

»Wenn dein Freund einverstanden ist, wie werde ich mich dann wieder mit dir in Verbindung setzen?«

»Er wird dir sagen, wie.«

Sie lachte. »Ah, das ist alles so wunderbar rätselhaft. Ich werde tun, was du sagst.« Sie sah ihn an und seufzte. »Ich muss nicht sofort aufbrechen, oder? Wir können noch für ein Weilchen plaudern?«

Er lächelte und nickte, den Blick in die Ferne gerichtet. »Natürlich. Nur einen…«

Seine Worte wurden übertönt, als abermals Wasser aus dem Boden schoss. Als es herabstürzte, kicherte er.

»Die Einheimischen erzählen Besuchern, dieses Phänomen würde Lores Spucknapf genannt, aber in Wirklichkeit haben sie einen noch ungehobelteren Ausdruck für die Wasserfontänen.«

Emerahl prustete. »Ich kann’s mir vorstellen.«

»Sie gehen davon aus, dass diese Fontäne hier für alle Ewigkeit besteht. Aber irgendwann wird das Wasser den Felsen so weit ausgehöhlt haben, dass der in der Höhle darunter herrschende Druck nicht mehr ausreichen wird, um das Wasser hochschießen zu lassen. Früher einmal gab es in Genria eine Wasserfontäne, neben der sich diese hier geradezu winzig ausnimmt.«

»Ah, daran erinnere ich mich.« Emerahl runzelte die Stirn. »Was ist damit passiert?«

»Ein Zauberer dachte, er brauche das Loch nur zu vergrößern, um eine noch mächtigere Fontäne zu schaffen.« Er schüttelte den Kopf. »Manchmal fallen die größten Gaben den größten Narren zu.«

Emerahl dachte an Mirar und die Mätzchen, für die er berühmt war, und nickte. »Ja, das ist wahr.«

Auraya stieg in das Hängebett und blieb still liegen, bis es zu schaukeln aufhörte. Es war früh am Abend, aber die Hinweise darauf, dass das Dorf zum Leben erwachte, drangen trotzdem an ihr Ohr. Jene unter den Siyee, die wieder einigermaßen bei Kräften waren, nahmen ihre alten Tätigkeiten wieder auf. Im Wind flatterten frisch gewaschene Kleider. Kochgerüche durchzogen ihre Laube. Das Lachen von Kindern war zu hören.

Sie schloss die Augen und dämmerte langsam in den Schlaf hinüber.

Auraya.

Sofort waren ihre Augen weit geöffnet, und ihre Sehnsucht nach Schlaf war vergessen.

Chaia! Du warst tagelang fort.

Ich hatte zu tun. Genau wie du.

Ja. Ich denke, das Schlimmste ist vorüber. Wir haben diejenigen, deren Körper nicht gegen die Krankheit kämpfen können, von den anderen abgesondert. Sobald alle geheilt sind, werden wir ihnen gestatten, zu ihrem Stamm zurückzukehren. Es wird trotzdem die Gefahr bestehen, dass sie sich erneut anstecken, falls jemand, der die Krankheit in sich trägt, den Stamm besuchen sollte.

Du kannst nicht hierbleiben, nur für den Fall, dass das geschieht, warnte Chaia sie.

Ich weiß. Aber Leiard könnte bleiben.

War er schon hier, als du angekommen bist?

Ja. Sie hielt inne. Ich kann seine Gedanken nicht lesen. Wie ist das möglich?

Er blockt dich ab. Es ist eine sehr seltene Gabe.

Seine Fähigkeit zu heilen ist außerordentlich.

Ja. Er ist mehr, als er anfänglich zu sein schien. Auch diese Fähigkeit zu heilen ist selten.

Es ist ein Jammer, dass er nicht Priester geworden ist. Auraya schloss die Augen. Ein mächtiger Heilerpriester. Er hätte viel mehr Menschen helfen können. Ich habe ihn gebeten, mich diese Gabe des Heilens zu lehren. Bist du damit einverstanden?

Chaia antwortete nicht sofort, dann begann er leise, wieder zu sprechen.

Ich muss darüber nachdenken. Wie stehst du jetzt zu ihm?

Sie runzelte die Stirn.

Anders. Ich bin nicht mehr wütend. Er hat sich entschuldigt. Das hat mehr verändert, als ich erwartet hätte.

Inwiefern?

Ich weiß es nicht. Ich denke… ich denke, ich wünsche mir, dass wir Freunde sein können – oder dass wir zumindest in Verbindung bleiben werden.

Du fühlst dich immer noch zu ihm hingezogen.

Nein!

Oh doch. Das kannst du vor mir nicht verbergen.

Auraya verzog das Gesicht.

Dann muss es wahr sein. Macht es… macht es dir etwas aus?

Natürlich, aber du bist ein Mensch. Solange du Augen hast, wirst du andere Männer bewundern. Das bedeutet nicht, dass du ihnen nachstellen wirst.

Nein. Ich werde Leiard ganz gewiss nicht nachstellen. Das ist ein Fehler, den ich nicht noch einmal machen werde.

Gut. Ich möchte nicht, dass du verletzt wirst. Und jetzt schlaf, Auraya, flüsterte Chaia. Schlaf und träum von mir.

32

Als das Zelt in sich zusammenstürzte, spürte Imi ein Flattern im Magen. Sie sog tief die Luft ein, dann atmete sie heftig wieder aus.

Ich bin auf dem Weg nach Hause!

Als ihre Aufregung sich legte, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass sie ein wenig Bedauern verspürte. Die Pentadrianer waren so nett zu ihr gewesen. Wenn all die Zeit, die sie in der Ferne verbracht hatte, wie diese letzten Tage gewesen wäre, hätte sie nicht den Wunsch verspürt, sofort nach Hause zu gehen. Sie hatte so viele wunderbare neue Dinge entdeckt: köstliches Essen, hübsche Sachen, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, hervorragende Musikanten und Schausteller. Im Vergleich dazu würde der Palast der Elai ihr alltäglich und langweilig erscheinen, aber sie vermisste ihren Vater, Teiti, die Wachen und die Kinder, mit denen sie spielte.

Imenja wandte den Dienern, die das Zelt jetzt sorgfältig zusammenfalteten, den Rücken zu und kam durch den Hof zu Imi herüber.

»Bist du so weit?«

Imi nickte. »Ja.«

»Du hast all deine Sachen?«

Imi deutete auf die kleine Kiste zu ihren Füßen. Darin befanden sich die Geschenke, die sie von Imenja und Nekaun bekommen hatte. »Ich habe alles dort hineingepackt.« Sie bückte sich, um die Kiste aufzuheben, aber Imenja hinderte sie daran.

»Nein, du bist eine Prinzessin. Du solltest dein Gepäck nicht tragen müssen.« Sie blickte zu Reivan auf, die lächelnd nach der Kiste griff. Wie Reivan verstand, was Imenja wollte, konnte Imi nicht sagen. Manchmal fragte sie sich, ob die beiden sich mit einer wortlosen Gestensprache verständigten.

Imenja drehte sich zu einer Tür in der Nähe um. »Lasst uns aufbrechen.«

Viele Flure und Treppen folgten. Die meisten führten zu Imis Erleichterung hügelabwärts. Obwohl sie inzwischen viel stärker war, ermüdete sie schnell. Sie kamen durch einen großen Innenhof und von dort aus in eine Halle voller schwarzgewandeter Männer und Frauen. Hinter den Bogen in der gegenüberliegenden Wand konnte sie viele Häuser von Landgehern sehen. Sie konnte Stimmen hören – sehr viele Stimmen. Draußen musste sich eine große Menge eingefunden haben.

Sie wandte sich von dem Spektakel ab. Ein vertrauter Mann in schwarzen Roben kam auf sie zu.

»Prinzessin Imi«, sagte Nekaun. »Es war mir eine Ehre, dich in unserem Sanktuarium zu Gast zu haben.«

Sie schluckte und dachte hastig nach. »Erste Stimme der Götter, Nekaun. Ich danke dir für deine Gastfreundschaft und dafür, dass ihr mich gerettet habt.«

Er lächelte mit blitzenden Augen, und ohne den Blick abzuwenden, winkte er die Leute hinter sich heran. Zwei Männer, die eine große Truhe trugen, traten vor. Sie stellten die Truhe neben Imi, dann zogen sie sich zurück.

»Das ist ein Geschenk für deinen Vater«, erklärte Nekaun. »Wirst du es in seinem Namen annehmen?«