Выбрать главу

Links von ihm schien der unebene Boden plötzlich aufzuhören, als würde er steil abfallen. Jamie ging dort hinüber. Er hörte Mironows keuchenden Atem in seinem Kopfhörer.

»Hier entlang, glaube ich«, rief Jamie und ging auf die Spalte zu. Es war eine Runse, sah er, eine ziemlich steile Talrinne.

Und dort lag Naguib, mit dem Gesicht nach unten, am Fuß einer zehn Meter hohen Felswand. Die Runse – ein zerklüfteter, unregelmäßiger Graben, der in den festen Basalt gekerbt worden war – hatte einen Durchmesser von ungefähr zwanzig Metern. Naguibs dunkelgrüner Raumanzug lag lang hingestreckt und mit gespreizten Beinen an ihrem Grund wie ein kaputtes, weggeworfenes Spielzeug. Er bewegte sich nicht.

»Er ist hier!« rief Jamie und drehte sich so weit um, daß er Mironow über die Spalte segeln sah. »Kommen Sie her. Wir brauchen ein Seil, eine Leine.«

Vorsichtig begann Jamie, die Steilwand hinunterzuklettern.

Sie lag vollständig im Schatten, weil die Sonne zum Horizont sank, aber es war noch hell genug, daß er Vorsprünge und kleine Spalten sah, an denen er mit Händen und Füßen Halt finden konnte.

Er hörte, wie Mironow Patel zurief: »Laufen Sie zum Rover zurück und holen Sie die Kletterwinde.« Die Funkstimme wurde merklich leiser, sobald Jamies Helm unter den Rand der Talrinne tauchte.

Es schien eine Stunde zu dauern, bis er sich zu dem Ägypter hinuntergearbeitet hatte. Auf der Talsohle war es dunkel; er benötigte seine Helmlampe, um auf den letzten Metern etwas zu sehen.

In seinem Kopfhörer hörte er Naguib jedoch rauh atmen. Er lebt. Sein Anzug ist nicht kaputtgegangen.

Endlich kam er bei dem Geophysiker an. Sein Tornistergerät war arg zerbeult. Im Licht von Jamies Helmlampe war schwer zu erkennen, wie stark es beschädigt war.

»Lebt er?« Mironows Stimme war so laut, daß Jamie zusammenfuhr.

»Ja. Wir brauchen eine Leine, um ihn hochzuhieven.«

»Schon unterwegs.«

Langsam und vorsichtig drehte Jamie Naguib auf den Rücken. Der verdammte Helm war ebenfalls verbeult, wie er sah. Er spähte in die Sichtscheibe, wischte den roten Sand weg, mit dem sie beschmiert war. Naguibs Lider flatterten. Sein Gesicht schien blutbeschmiert zu sein. Er hustete.

Jamie warf einen Blick auf die Kontrollinstrumente an Naguibs Handgelenk. Lieber Himmel, er hat keine Luft mehr! Er muß da drinnen seine eigenen Ausdünstungen einatmen.

Mit den automatischen Reaktionen, die von langen Stunden des Trainings herrührten, griff Jamie rasch an die Seite seines eigenen Tornisters und riß den Notluftschlauch los. Er schaute auf die Anzeigeinstrumente an seinem Handgelenk. Nicht mehr viel übrig; wir sind alle so verdammt lange draußen gewesen, daß die Filter des Luftaufbereiters weitgehend aufgebraucht sind.

Er steckte das freie Ende des Schlauches in die Notbuchse an Naguibs metallenem Kragenring, drückte auf den Auslöser und ließ Luft aus seinem Tank in Naguibs zerbeulten Helm strömen.

Der Ägypter tat einen tiefen, seufzenden Atemzug. Sein ganzer Körper bog sich leicht durch. Dann hustete er.

»Immer sachte«, sagte Jamie. »Immer sachte. Nur die Ruhe, dann kommt alles wieder in Ordnung.«

Naguib hustete wie jemand, der zu lange unter Wasser gewesen war, und brachte dann matt heraus: »Waterman? Sie?«

»Ja. Alex und Rava bauen gerade die Winde auf. In ein paar Minuten haben wir Sie hier rausgeholt.«

»Ich… bin ausgerutscht. Als ich abgestiegen bin… hat der Fels nachgegeben, und ich bin hinuntergefallen.«

»Können Sie sich aufsetzen?«

»Ich glaube schon.«

Jamie half ihm behutsam, den Oberkörper aufzurichten. Wegen des harten Anzugs war das, als würde man ein steifes Stück Plastikrohr umbiegen.

»Wie geht es Ihnen?« Jamie hörte nichts von Mironow und Patel; er vermutete, daß die beiden auf eine andere Funkfrequenz gegangen waren.

»Ich glaube, meine Nase ist gebrochen. Ich kann nicht durch sie atmen.«

»Rippen? Arme, Beine?«

Naguib schwieg einen Moment lang, dann sagte er: »Alles andere scheint in Ordnung zu sein. Ich glaube, ich kann jetzt aufstehen.«

»Noch nicht. Entspannen Sie sich.« Jamie schaute nach oben und sah, daß das Stück Himmel über der Runse noch hell war.

Da oben war es immer noch Tag, obwohl die Nacht innerhalb von Minuten über sie hereinbrechen konnte, wie er wußte.

Keine gute Idee, im Dunkeln mit einem Verletzten hier drau

ßen zu sein, sagte er sich und tippte auf die Kontrolltasten seines Funkgeräts. Aus seinem Kopfhörer brach Mironows knurrendes, grollendes Russisch über ihn herein, als dieser sich abmühte, die Winde am richtigen Platz aufzustellen.

»Alex«, rief er. Die Stimme des Kosmonauten verstummte sofort, obwohl Jamie ihn im Kopfhörer keuchen hörte. »Doktor Naguib scheint nichts weiter zu fehlen, außer daß er sich bei seinem Sturz vielleicht die Nase gebrochen hat. Aber sein Luftaufbereiter ist kaputt. Ich teile meine Luft mit ihm.«

Stille. Dann Pateis Stimme, hoch und ängstlich. »In unseren Luftaufbereitern ist auch nicht mehr viel. Wir waren den ganzen Nachmittag draußen.«

»Wir schaffen es schon«, sagte Mironow. »Wir teilen alle unsere Luft, sobald wir euch beide wieder hier oben haben.«

Das Windenkabel schlängelte sich zu ihnen herab. Das Klettergeschirr hing wie eine leere Weste daran. Jamie legte es Naguib um die Schultern und schloß die Gurte.

Der Ägypter sagte: »Mein Szintillationsdetektor… er hat angefangen zu blinken… kann sein, daß diese Runse eine Uranader freigelegt hat.«

»Sind Sie deshalb heruntergeklettert?« fragte Jamie, während er die Gurte festzurrte.

»Ich bin losgeklettert… und dann bin ich abgestürzt. Ich muß ohnmächtig geworden sein.«

»Das wird schon wieder. Sparen Sie sich jetzt Ihren Atem. Sie brauchen nicht zu sprechen. Warten Sie, bis wir wieder im Rover sind.«

Langsam zogen die beiden Männer am oberen Rand der Runse den Geophysiker in dem grünen Anzug zu sich herauf.

Jamie hörte, wie Mironow Patel befahl, Naguib etwas von seiner Luft abzugeben, während der Russe das Geschirr wieder herunterließ. Jamie legte es rasch um, rief, er sei fertig, und ließ sich vom Motor der Winde nach oben ziehen.

Dann machten sie sich auf den mühsamen Rückweg zum Rover. Jamie trug die Winde, Mironow und Patel stützten Naguib. Jetzt gab ihm der Russe etwas von seiner Luft ab, sah Jamie.

Die Sonne streifte den Horizont, als sie die Spalte erreichten, über die sie alle zuvor gesprungen waren. Im Osten war der Himmel bereits so dunkel, daß dort Sterne funkelten.

»Wir könnten drum herum gehen«, schlug Patel vor. Es klang, als wollte er, daß man ihm widersprach.

»Das würde zu lange dauern«, sagte Mironow. »Die Spalte ist viele Kilometer lang. Wir müssen hinüberspringen.«

»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, sagte Naguib.

»Wir halten Sie an den Armen«, antwortete Mironow, »und dann springen wir alle drei gemeinsam. Bei dieser Schwerkraft wird das nicht schwierig sein.«

»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, wiederholte Naguib. »Meine Beine…«

Jamie sah, daß Patel Naguibs Arm losgelassen hatte und langsam, fast verstohlen an der Rand der Spalte getreten war.

Mironow teilte seine Luft mit dem Verletzten. Jamie stellte die Winde ab und trat an die andere Seite des Ägypters. Er ergriff Naguibs freien Arm und legte ihn sich um die Schultern.

Leise sagte er: »Sie haben uns in diese Situation gebracht; jetzt müssen Sie uns helfen, auch wieder herauszukommen.«

Patel erhob Einwände, aber er hörte, wie Naguib tief in der Kehle gluckste. »Sie haben recht. Sie haben nur allzu recht, James. Ich werde mein Bestes tun.«

Jamie lächelte in seinem Helm. »Gut. Es dürfte gar nicht so schwer sein. Kommen Sie, Alex, gehen wir ein bißchen zurück und nehmen ordentlich Anlauf.«