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»Und wie erkläre ich das Professor Hoffmann?« fragte Brumado leise.

»Oh, ich wäre gern bereit, diese Aufgabe zu übernehmen«, sagte Reed sofort. »Es wäre mir fast eine Freude.«

Brumado schüttelte traurig den Kopf. »Nein. Dafür sind Sie nicht zuständig.«

Er schickte Reed hinaus und bat Dr. Li wieder ins Büro.

Während Joanna noch neben ihm saß, sagte Brumado müde:

»Ich glaube, wir kommen nicht drum herum. Wir müssen es Professor Hoffmann sagen.«

Li schien sich in der Zwischenzeit weitgehend beruhigt zu haben. Sein Gesicht war wieder eine Maske der Ausdruckslosigkeit.

»Es ist meine Pflicht, ihn davon zu unterrichten«, sagte Li.

»Wenn es Ihnen recht ist, werde ich es ihm erklären«, erwiderte Brumado.

Mit einem raschen Blick zu Joanna sagte Li leise: »Wie Sie wollen.«

Hoffmann sah so angespannt aus wie ein Leopard auf der Pirsch, als er das Büro betrat. Er blieb einen Moment lang an der Tür stehen und musterte Li, Brumado und Joanna mit unverhülltem Argwohn. Klein, runde Schultern, das runde Pfannkuchengesicht blaß vor Anspannung. Er trug eine ordentlich zugeknöpfte taubenblaue Strickjacke, darunter ein Hemd und eine gelb-rot gestreifte Krawatte. Seine Hose war dunkelblau, beinahe schwarz.

»Bitte«, sagte Brumado vom Konferenztisch aus, »kommen Sie herein und setzen Sie sich.«

Li stand am Ende des Tisches, so weit von der Tür entfernt wie möglich. Joanna saß immer noch neben ihrem Vater. Sie hatte sich Hoffmann zugewandt, so daß Brumado ihr Gesicht nicht sehen konnte.

Als schliche er auf Zehenspitzen durch ein Minenfeld, durchquerte Hoffmann den mit Teppichboden ausgelegten Raum, zog sich den Stuhl am Kopfende des Tisches heraus und setzte sich.

»Es ist eine Schwierigkeit aufgetaucht«, sagte Brumado. Er versuchte, entwaffnend zu lächeln, aber es gelang ihm nicht ganz.

»Die sind alle gegen mich. Ich weiß.«

Brumado merkte, wie seine Augenbrauen in die Höhe gingen. »Wir müssen ans Wohl der Mission denken. Das ist unsere vornehmste Pflicht.«

Hoffmanns Gesicht verzerrte sich. »Ich bin von der Auswahlkommission ins Team berufen worden. Ich verlange, daß ihre Entscheidung aufrechterhalten wird!«

»Wenn wir diese Entscheidung aufrechterhalten, wird die Mission scheitern. Über die Hälfte Ihrer Kollegen hat sich geweigert, den Flug anzutreten. Tut mir leid, das sagen zu müssen.«

»Über die Hälfte!«

Brumado nickte.

»Das ist ein Affront gegen das gesamte österreichische Volk!«

»Nein«, sagte Dr. Li vom anderen Ende des Tisches her. »Es ist eine rein persönliche Angelegenheit. Das hat nichts mit Politik zu tun. Nur mit einzelnen Personen.«

»Ja, ich verstehe.« Hoffmann reckte einen Finger zu Joanna.

»Sie will diesen Indianer bei sich haben, und deshalb soll ich rausfliegen.«

Brumado merkte, wie ihm der Mund offenstehen blieb.

»Was sagen Sie da?« fragte Joanna.

»Ich weiß sehr wohl, daß Sie und der Apache oder Navajo oder was immer er ist… daß Sie beide in McMurdo…«

»Zwischen uns ist nichts vorgefallen«, sagte Joanna scharf.

Sie drehte sich zu ihrem Vater um. »Er lügt. Da war nichts…«

Brumado hob die Hand, und sie verstummte. Zu Hoffmann sagte er: »Ich sehe, daß es hier Konflikte und Spannungen gibt, die bei der Marsmission zu einer Katastrophe führen könnten.«

Hoffmann funkelte ihn an, sagte aber nichts.

»Ich weiß, es ist ein gewaltiges Opfer, aber ich muß Sie bitten, aus dem Marsteam zurückzutreten«, sagte Brumado.

»Niemals!« fauchte Hoffmann. »Und wenn Sie mich zu zwingen versuchen, werde ich den Medien in aller Welt erzählen, daß Sie mich zugunsten des Liebhabers Ihrer Tochter geschasst haben!«

Joannas Miene zeigte, daß sie fassungslos und zutiefst betroffen war. Sie brachte kein Wort heraus.

Alberto Brumado hatte die Eigenschaft, um so ruhiger zu wirken, je wütender er wurde. Zorn, der bei einem anderen in Wutanfälle oder Gewalttätigkeiten münden würde, machte ihn nur kälter, schärfer und bedächtiger.

»Professor Hoffmann«, sagte er und verschränkte die Hände auf dem Tisch wie zum Gebet, »wenn Sie von mir verlangen, daß ich zwischen Ihrer Behauptung und dem Dementi meiner Tochter wähle, erwarten Sie da auch nur einen Augenblick lang, daß ich Ihnen glaube?«

»Die beiden waren ein Liebespaar, da bin ich sicher.«

»Sie haben uns allein schon in diesen wenigen Minuten bewiesen, daß es ein katastrophaler Fehler wäre, Sie ins Marsteam aufzunehmen.«

»Ich werde bei der Auswahlkommission Beschwerde einlegen! Und mich an die Medien wenden!«

So geduldig wie ein Arzt, der die Risiken einer Operation erläutert, sagte Brumado: »Die Auswahlkommission kann und wird sich nicht über die Wünsche des Forscherteams hinwegsetzen. Und wenn Sie sich an die Medien wenden, wären wir gezwungen zu enthüllen, daß die meisten Wissenschaftler im Team Sie derart verabscheuen, daß sie sich geweigert haben, die Mission anzutreten, wenn Sie daran teilnehmen.«

Hoffmanns Nasenflügel blähten sich. Seine Augen funkelten vor Zorn.

»Ganz gleich, was geschieht, was glauben Sie, welche Auswirkungen es auf Ihren Ruf haben wird? Wie wird Ihre Universität auf einen derart üblen Leumund reagieren? Wissen Sie, wie es ist, wenn die Medien Ihnen Tag und Nacht auf den Fersen sind?«

Der Österreicher wandte den Blick von Brumado ab, schaute zu Li hinüber und hob die Augen dann zur Decke.

»Ich bitte Sie inständig«, sagte Brumado vernünftig, beschwichtigend und unbarmherzig, »Ihren Rücktritt einzureichen. Zum Wohl Ihrer Karriere. Ihrer Frau zuliebe. Der Mission zuliebe. Bitte, bitte lassen Sie nicht zu, daß Stolz oder Wut den ersten Versuch der Menschheit zunichte machen, den Planeten Mars zu erforschen. Ich flehe Sie an.«

»Wir können dafür sorgen«, sagte Li, »daß Ihre Universität die während der Mission gesammelten Bodenproben und Steine als erste analysieren darf.«

»Wir können Ihnen aber auch helfen, eine Stelle an einer Universität Ihrer Wahl zu bekommen, wenn Sie wollen«, fügte Brumado hinzu, »und Sie können die Proben dort analysieren.«

»Sie versuchen, mich zu bestechen«, knurrte Hoffmann.

»Ja«, sagte Brumado, »offen gestanden, würde ich alles tun, um diese Mission zu retten.«

»Es liegt in Ihrer Hand«, flüsterte Li beinahe.

Brumado sah, daß der Schock im Gesicht seiner Tochter einem tiefergehenden Gefühl gewichen war.

Haß, erkannte er. Er legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter und spürte die Spannung, die sich in ihr zusammenballte.

»Meine Frau wollte sowieso nicht, daß ich zum Mars fliege«, murmelte Hoffmann.

»Sie können eine sehr prestigeträchtige Position bekommen«, half Dr. Li nach. »Leiter der wissenschaftlichen Analyse der Marsproben.«

»Bisher ist die endgültige Zusammensetzung des Teams nicht bekanntgegeben worden«, rief ihm Brumado in Erinnerung. »Sie werden also nicht in eine peinliche Lage geraten.«

Auf einmal liefen Hoffmann Tränen aus den Augen. »Was kann ich schon machen? Ihr seid alle gegen mich. Sogar meine Frau!«

Er barg das Gesicht in den Händen und schluchzte. Brumado wandte sich an Li. Er fühlte sich wie ein Folterknecht, wie ein Mörder.

»Ich kümmere mich um ihn«, sagte Li leise. »Bitte gehen Sie jetzt, alle beide. Und schicken Sie Doktor Reed herein, wenn er noch draußen ist. Sonst bitten Sie die Sekretärin, einen Arzt zu holen.«