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Sein pfirsichfarbener Anzug verschmolz viel besser mit dem rostroten Hintergrund, als Jamie gedacht hätte. Er ist richtiggehend getarnt. Das könnte ein Problem werden. Die Anzugfarben waren unter dem Gesichtspunkt ausgewählt worden, daß sie sich deutlich gegen die Marslandschaft abhoben. Wer, zum Teufel, hatte das Pfirsich genehmigt?

Ilona nahm das lockere, sandige Erdreich mit einer kleinen Schaufel auf und kippte es in eine Schachtel. Sie, Joanna und Monique wollten versuchen, im Innern der Kuppel ein Sortiment von Bohnen, Kürbissen, Erbsen und Gurken anzubauen und dabei so viele einheimische marsianische Ressourcen zu benutzen wie möglich – einschließlich Wasser, wenn sie welches entdeckten. Unter anderem wollten sie damit herausfinden, wie sich die geringere Marsschwerkraft auf das Wachstum und die Größe der Pflanzen auswirken würde. Sie hatten vor, ihre kleine agrikulturelle Versuchseinrichtung zum Raumschiff in der Umlaufbahn mitzunehmen und das Experiment auf dem Rückflug zur Erde weiterzuführen.

Zuerst werden sie das Erdreich erhitzen müssen, damit sich die Oxide darin verflüchtigen, dachte Jamie. Sonst wäre es so, als würde man Samen in Bleichmittel anpflanzen.

Er wandte seine Aufmerksamkeit den Steinen zu.

An denen herrschte kein Mangel. Große Blöcke von über einem Meter Durchmesser, jede Menge kleinere bis hinab zur Größe von Kieselsteinen. Viele sahen zernarbt aus, von der Verwitterung gezeichnet. Regen konnte es nicht gewesen sein, dachte Jamie. Hat hier bestimmt seit einer Milliarde Jahren nicht mehr geregnet. Aber an Wintermorgen gab es Frost. Die Steine dehnten sich in der Tageswärme aus, sofern man von Wärme sprechen konnte, und zogen sich in den bitterkalten Nächten wieder zusammen.

Aber das würde keine Vertiefungen in ihnen hinterlassen, dachte Jamie. Sie müßten lateral zerbrechen und abblättern, statt Dellen zu bekommen wie Golfbälle. Wenn sie vulkanischen Ursprungs waren, dann stammten die Narben möglicherweise von in den Steinen gefangenen Gasen, die ausgetreten waren und sich verflüchtigt hatten. Konnten die Steine von den sechs- bis siebenhundert Kilometer entfernten Vulkanen bis hierher geschleudert worden sein? Oder waren sie durch lange zurückliegende Meteoriteneinschläge aus dem Boden gesprengt und aus der Atmosphäre herausgeschleudert worden, so daß sie hinterher wie Raketengeschosse wieder eingetreten waren?

Er füllte die beiden mitgebrachten Beutel mit Steinen verschiedener Größe, dann stellte er überrascht fest, daß er bereits seit über drei Stunden draußen war. Die Sonne stand beinahe senkrecht über ihm – eine sonderbar dünne und blasse Imitation der Sonne, die er kannte – und schien matt aus dem lachsfarbenen Himmel.

Als er sich umdrehte, konnte er die Kuppel nicht mehr sehen, wohl aber die stumpfen, zylindrischen Spitzen der beiden Lander. In der Ferne erblickte er eins der unbemannten Raumfahrzeuge, dessen leere Ladeluke gähnend offenstand.

Der Horizont ist hier viel näher, rief er sich in Erinnerung.

Dreh dich um, orientiere dich richtig.

»Waterman, Sie sind außerhalb des Bereichs der Überwachungskameras.« Wosnesenskis Stimme klang eher ärgerlich als besorgt. »Können Sie mich hören?«

»Ja, laut und deutlich.«

»Sie sind fast an der Grenze der sicheren Rückkehrdistanz.

Kommen Sie zur Kuppel zurück.«

Jamie war beinahe froh über den Rückkehrbefehl. In den Bergen oder dem wüstenähnlichen Buschland daheim allein zu sein, war eine Sache. Hier draußen, auf dieser fremdartigen Welt, wo es keine Luft zum Atmen und kein Wasser zum Trinken gab, hatte Jamie beinahe Angst gehabt.

Und dennoch – es war ein gutes Gefühl, allein zu sein, fern von den anderen. In den letzten paar Jahren war er selten allein gewesen; eigentlich so gut wie nie. Jamie wandte der Kuppel und den anderen den Rücken zu, richtete sich so hoch auf, wie es sein Anzug erlaubte, und schaute zum lockenden Horizont hinaus. Selbst in der harten Hülle seines Anzugs strebte er danach, ein Gespür für diese Marslandschaft zu bekommen, ein Gefühl von Harmonie mit dieser seltsamen neuen Welt zu entwickeln.

Dann sah er einen grünen Fleck.

DREHPLAN

Während der ersten Exkursion an Sol 3 wird Pilot/ Astronaut P. Connors vor der Kamera folgendes demonstrieren: 1. Farben der Marslandschaft. Kameraschwenk, um Farbe des Bodens und des Himmels zu zeigen.

2. Einen marsianischen Stein. Einen mittelgroßen Steinbrocken aufheben, ihn der Kamera zeigen. Erklären, daß die rote Farbe von der Oxidation von Mineralien auf Eisenbasis stammt.

3. Temperatur. Thermometer auf den Boden legen, Temperatur zeigen (etwa 14-18 Grad Celsius). Thermometer auf Augenhöhe heben, zeigen, wie das Quecksilber auf weit unter null Grad fällt. Erklären, daß dieses Phänomen auf der geringen Wärmespeicherungsfähigkeit der dünnen Marsatmosphäre beruht.

4. Niedrigen Luftdruck. Gefäß mit normalem Wasser öffnen und der Kamera zeigen, daß es wegen des extrem niedrigen Luftdrucks sofort kocht, selbst bei einer Temperatur von weit unter null Grad. Erklären, daß mit dem Blut dasselbe geschehen würde, wenn es nicht durch den harten Druckanzug geschützt wäre.

5. Geringe Schwerkraft. Steinhammer fallenlassen, um zu zeigen, daß er langsamer fällt als ein ähnlicher Gegenstand auf der Erde, aber schneller als auf dem Mond (zum Vergleich Einspielung des früheren Videobandes von Astronaut Connors, der den gleichen Steinhammer auf dem Mond fallenläßt).

6. Marsmond. Falls am Tageshimmel sichtbar, inneren Mond Phobos zeigen, wie er im Westen aufgeht und den Marshimmel in vier Stunden überquert. Es ist nicht erforderlich, die gesamte vierstündige Mondbahn zu filmen. Teleobjektiv benutzen, um zu zeigen, daß Phobos die Phasen wechselt – von ›Neumond‹ zu ›Viertelmond‹ und ›Vollmond‹. Band kann der Sendezeit entsprechend geschnitten werden.

SOL 3

MITTAG

Jamies erste instinktive Reaktion war, zu blinzeln und sich die Augen zu reiben, aber seine behandschuhten Hände stießen an die transparente Sichtscheibe seines Helms.

Er starrte den Stein an. Dieser war ungefähr sechzig Zentimeter lang, oben abgeflacht und rechteckig. Seine Seiten sahen glatt aus, nicht zernarbt wie bei den meisten anderen Steinen.

Und auf einer Seite war ein deutlich erkennbarer grüner Fleck.

Er ging langsam drum herum, stieg über andere kleine Steine weg und umging die größeren, die überall verstreut lagen, konnte aber keine weiteren grünen Stellen entdecken. Wenn ich von der anderen Seite gekommen wäre, hätte ich die Farbe überhaupt nicht gesehen, erkannte er.

Ein einziger Stein. Mit einem kleinen grünen Fleck an einer der flachen Seiten. Ein Stein unter Tausenden. Ein Farbklecks in einer Welt rostiger Rottöne.

»Waterman, ich sehe Sie nicht«, rief Wosnesenski.

»Ich habe etwas entdeckt.«

»Kommen Sie zur Kuppel zurück.«

»Ich habe was Grünes gefunden«, sagte Jamie verärgert.