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Er schloß sich ihr an, als sie auf die Rückseite der Küche und die Doppeltür zusteuerten, die zu den Laderampen und der Zulieferstraße hinausging.

»Ich war gerade mitten beim Essen«, sagte die Vizepräsidentin und wedelte mit einem dünnen Blatt Papier, »als das hier aus Houston kam.«

Brumado nahm das Blatt von ihr entgegen, ohne beim Gehen innezuhalten, und überflog es rasch.

Dann sah er wieder die Vizepräsidentin an und sagte: »Doktor Li hatte anscheinend keine Bedenken, die Rover-Exkursion auszudehnen…«

»Es ist dieser verdammte Indianer!« Die Vizepräsidentin blieb an der Tür stehen, und ihre gesamte Entourage, einschließlich Brumado, machte ebenfalls halt. Bis auf drei Secret Service-Agenten, die wie Gespenster hinausschlüpften, um die Umgebung draußen zu überprüfen.

»Sie meinen Doktor Waterman.«

»Er war seit dem Augenblick, als sie gelandet sind, ein Unruhestifter! Warum will er den Missionsplan ändern? Was hat er vor?«

»Ich bin sicher, er hatte triftige wissenschaftliche Gründe«, antwortete Brumado milde. »Wenn…«

Aber die Vizepräsidentin schüttelte bereits heftig den Kopf.

»Er versucht, alle anderen auszustechen. Er will den ganzen Ruhm für sich allein. Glaubt, er kommt als Held hierher zurück.«

»Ich habe das Band gesehen, das Sie nicht an die Medien weitergeben wollten«, sagte Brumado und legte ein bißchen Eisen in seine Stimme. »Er scheint sich überhaupt nicht für Politik zu interessieren.«

»Das glauben Sie doch wohl selber nicht! Wenn er nach Hause kommt, werden Sie ihn als Kandidaten für den Senat aufstellen. Das ist schon einmal passiert. Und zwar in New Mexico.«

»Machen Sie sich Sorgen, daß er politisch aktiv werden könnte – als Ihr Gegner?«

»Ich mache mir Sorgen, daß meine Feinde sich an ihn hängen und ihn gegen mich einsetzen, so wie die liberalen Republikaner Eisenhower gegen Taft eingesetzt haben.«

Brumado senkte den Kopf ein wenig und überlegte in rasender Eile. Wenn diese Frau die nächste Präsidentin wird, tritt sie mit Sicherheit gegen die Finanzierung weiterer Expeditionen zum Mars ein. Erst recht, wenn sie glaubt, daß einer unserer Wissenschaftler von der Opposition benutzt wird.

»Sie haben keine Ahnung, wieviel Druck sich um diesen Indianer herum aufbaut«, sagte die Vizepräsidentin gerade. Ihre zornige Stimme klang wie das Kratzen von Fingernägeln an einer Wandtafel. »Es sind nicht nur die Indianerrechtsaktivisten.

Die High-Tech-Bande ist auch mit von der Partie. Sie schließen sich mit den Latinos und den Schwarzen in den Ghettos zusammen. Es ist wieder die alte Regenbogenkoalition, dazu die Technofreaks, mit einem Waschechten indianischen Wissenschaftlerhelden als Galionsfigur!«

Langsam, mit einer enormen Last in seinem Innern, die seinen Worten einen zögerlichen Klang verlieh, fragte Brumado:

»Angenommen… angenommen… ich könnte Waterman dazu bewegen, eine Erklärung abzugeben, daß er… Ihre Kandidatur unterstützt?«

Ihre Augen blitzten, dann wurden sie berechnend. »Warum sollte er mich unterstützen?«

»Weil…« – Brumado mußte mit sich ringen, um die Worte auszusprechen – »weil Sie öffentlich erklären werden, daß Sie weitere Missionen zum Mars befürworten.«

»Das kann ich nicht«, fauchte sie.

»Wenn die erste Expedition zurückkommt, werden sie alle Helden sein. Der öffentliche Beifall wird enorm sein. Und es gibt keinen Vietnamkrieg, der die Öffentlichkeit von ihrem Erfolg ablenken könnte.«

»Sie kommen gerade rechtzeitig zu den Vorwahlen zurück«, murmelte die Vizepräsidentin.

»Sie könnten aus ihrem Erfolg Kapital schlagen.«

»Können Sie Waterman wirklich dazu bewegen, mich offiziell zu unterstützen?«

»Sobald Sie offiziell erklärt haben, daß Sie weitere Marsmissionen unterstützen.«

Die Vizepräsidentin war lange genug in der Politik, um zu wissen, daß es in erster Linie darauf ankam, gewählt zu werden, und daß man seine Gegner aus dem Weg räumen mußte, um das zu erreichen. Manchmal hieß das, daß man ihre Färbung übernahm – zumindest für eine Weile.

Sie wußte auch, daß es töricht gewesen wäre, sich sofort definitiv festzulegen. »Ich muß darüber nachdenken. Es klingt, als könnte es funktionieren.«

»Dadurch würde der Mars während Ihres Wahlkampfs kein Thema mehr sein«, sagte Brumado.

Sie nickte lebhaft. »Ich melde mich wieder bei Ihnen.«

Dann ging sie zur Tür, die ihr ein Secret Service-Agent eilig aufstieß. Die Entourage rauschte auf die Laderampe hinaus.

Bevor die Doppeltür zuschwang, erhaschte Brumado einen Blick auf eine Phalanx von Limousinen, die dort wartete, wo normalerweise die Lieferwagen parkten.

Dann schloß sich die Tür, und er war allein in der Küche –

zusammen mit der lärmenden, schreienden, klappernden und polternden Aufräumtruppe.

Er lächelte vor sich hin. Aber das Lächeln verblaßte, als ihm klar wurde, daß er gerade versprochen hatte, James Waterman für die Wahlkampagne der Vizepräsidentin zu ›liefern‹.

Das wird keine leichte Aufgabe werden, erkannte er.

NEW YORK: »Aber das ergibt keinen Sinn!« beharrte Edith.

»Jamie ist nicht der Typ, der die Medien brüskiert. Er würde es nicht ablehnen, sich interviewen zu lassen.«

»Wollen Sie behaupten, daß die Regierung ihn daran hindert, mit uns zu sprechen? Daß sie ihn mundtot macht?«

»Ja! Ich bin sicher!«

Es war fast elf Uhr abends. Edith hatte drei Tage auf einen Termin bei Howard Francis gewartet. Als Chef der Nachrichtenabteilung des Networks hatte er die Entscheidungsmacht, und sie war entschlossen, ihm eine Entscheidung zu ihren Gunsten abzuringen. Die Tage in New York hatten Edith stark unter Druck gesetzt. Sie war kein fröhlich lächelnder ehemaliger Cheerleader mehr, keine Ex-Schönheitskönigin und Moderatorin der lokalen Fernsehnachrichten in Houston; jetzt war sie im Big Apple und kämpfte mit jeder Waffe, die ihr zu Gebote stand, um einen Job bei der Network-Nachrichtenorganisation.

Howard Francis’ Büro war so hoch über der Straße, daß Edith damit rechnete, Wolken an dem Fenster hinter seinem großen, glänzenden Schreibtisch vorbeiziehen zu sehen. Die Wände waren mit Fotos bedeckt, die Howard Francis mit den Großen und nicht ganz so Großen aus Politik, Showbusiness und Nachrichtenbranche zeigten: Er lächelte, schüttelte Hände, verlieh Preise, bekam Preise verliehen. Der Mann hinter dem Schreibtisch war nicht viel älter als Edith. Sein Anzug kostete mehr, als sie in Texas in einer Woche verdiente. Die Krawatte hing modisch locker um seinen nicht zugeknöpften Kragen. Er hatte die Züge eines Nagetiers, scharfe Augen und große Zähne, und bekam sogar nervöse Zuckungen, wenn er in Aufregung geriet. Edith sah, wie der Tick eine Seite seines Gesichts verzerrte.

Francis stützte seine mageren Unterarme auf die Schreibtischplatte und sagte zu Edith: »Hören Sie – es ist spät, und ich habe noch nicht zu Abend gegessen. Ich stecke bis über beide Ohren in Problemen und habe morgen früh um neun einen Termin mit den hohen Tieren des Unternehmens. Können Sie beweisen, was Sie da sagen?«

Sie zwang sich, ihn anzulächeln, obwohl sie ein flaues Gefühl im Magen hatte. »Na ja… niemand bei der NASA wird das offiziell zugeben.«

»Und inoffiziell?«

»Ich habe eine Menge Freunde im Johnson Space Center«, sagte sie.

»Wissen Sie, ich habe ganze Teams von Korrespondenten, die in Houston, Washington und sonstwo für mich arbeiten«, sagte er. »Was können Sie für mich tun, was die nicht können?«

»Was ist mit Jamies Eltern?« konterte sie. »Und seinem Großvater in Santa Fe? Der ist ein reiner Navajo.«

Francis schüttelte den Kopf. »Die Eltern sind langweilig. Vielleicht der Großvater, wenn er wirklich Indianer ist. Das wäre vielleicht was. Aber später. Erst müssen Sie mir beweisen, daß die Regierung Ihren Indianer mundtot macht. Das wäre ein Knüller.«