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Hast du schon mal was von Michel aus Lönneberga gehört, der auf dem Hof Katthult in der Gemeinde Lönneberga in Smaland lebte? Etwa nicht? In Lönneberga jedenfalls - das versichere ich dir - gab es nicht einen einzigen Menschen, der den schrecklichen kleinen Jungen der Katthulter nicht kannte, diesen Michel, der mehr Unfug machte, als das Jahr Tage hat, und der den Lönnebergern solche Schrecken einjagte, dass sie Michel nach Amerika schicken wollten.

Ja, ja, tatsächlich, die Lönneberger sammelten Geld in einem Beutel und gingen damit zu Michels Mama und sagten: »Vielleicht reicht das, damit ihr Michel nach Amerika schicken könnt.«

Sie glaubten, es würde in Lönneberga viel ruhiger werden, wenn Michel nicht mehr da wäre und damit hatten sie natürlich Recht. Aber Michels Mama wurde furchtbar wütend und schleuderte das Geld aus dem Fenster, sodass es über ganz Lönneberga flog.

»Michel ist ein netter kleiner Junge«, sagte sie. »Wir haben ihn lieb, so wie er ist!«

Und Lina, die Magd auf Katthult war, sagte: »Wir müssen ja auch ein bisschen an die Amerikaner denken. Die haben uns doch nichts Böses getan. Weshalb also sollten wir ihnen Michel auf den Hals hetzen?«

Da sah Michels Mama Lina lange und streng an, so dass Lina merkte, sie hatte etwas Dummes gesagt. Sie fing an zu stottern und wollte es wieder gutmachen.

»Ja, aber Frau«, sagte sie, »in der >Vimmerby-Post< steht doch von dem schrecklichen Erdbeben da drüben in Amerika ... Ich meine ... das wär doch zu viel, wenn nun auch noch der Michel ...« »Still, Lina«, sagte Michels Mama. »Geh in den Stall melken, das ist das Einzige, wovon du was verstehst.« Da nahm Lina die Milcheimer und lief in den Stall.

Und sie setzte sich hin und melkte, dass es nur so spritzte. Sie arbeitete immer am besten, wenn sie ein bisschen wütend war. Deshalb melkte sie jetzt auch mit mehr Schwung als sonst und murmelte dabei dumpf vor sich hin:

»Ein bisschen Gerechtigkeit muss es ja wohl geben! Alle Plagen sollen die Amerikaner doch auch nicht haben. Aber ich würde gern mit denen tauschen und ich glaub, ich glaub, ich werd denen schreiben: Hier habt ihr Michel, schickt mir dieses Erdbeben her.« Damit nahm Lina den Mund ein bisschen zu voll. Sie wäre gerade die Rechte gewesen, nach Amerika zu schreiben, sie, die nicht einmal so schreiben konnte, dass man es zu Hause in Smaland lesen konnte.

Nein, wenn jemand nach Amerika schreiben sollte, dann hätte es nur Michels Mama sein müssen. Die war tüchtig im Schreiben. Sie schrieb allen Unfug, den Michel machte, in ein blaues Schreibheft, das sie in einer Kommodenschublade aufbewahrte.

»Wozu soll das gut sein?«, fragte Michels Papa. »Bei all dem Unfug, den der Bengel anstellt! Du nutzt nur unseren Bleistift ab. Hast du daran gedacht?« Michels Mama kümmerte sich nicht darum. Getreulich schrieb sie allen Unfug auf. Michel sollte eines Tages, wenn er groß war, erfahren, was er gemacht hatte, als er klein war. Jawohl, denn dann würde er verstehen, warum seine Mutter graue Haare bekommen hatte, und würde sie vielleicht lieben trotz all ihrer grauen Haare, die sie seinetwegen bekommen hatte.

Nun darfst du nicht glauben, dass Michel ungezogen war. O nein, seine Mama hatte ganz Recht, wenn sie sagte, er sei ein netter kleiner Junge und wie ein Engel sehe er aus mit seinen frommen blauen Augen und dem hellen wolligen Haar. Sicher war Michel artig und seine Mama war gerecht, sie schrieb auch das gewissenhaft in das blaue Schreibheft.

»Gestern war Michel artig«, schrieb sie am 27. Juli in ihr Heft. »Den ganzen Tag hat er keinen Unfug gemacht. Vielleicht lag es daran, dass er hohes Fieber hatte und einfach keine Kraft hatte.« Aber bereits am 28. Juli war Michels Fieber so weit gefallen, dass seine Streiche mehrere Seiten im Schreibheft füllten. Denn er war stark wie ein kleiner Ochse, der Junge, und wenn er nur gesund war, schaffte er jede Menge Unfug.

»So einen Bengel wie den hab ich noch nie gesehn«, sagte Lina.

Vielleicht hast du schon gemerkt, dass Lina nicht ganz einverstanden war mit Michel. Sie mochte Ida lieber, Michels kleine Schwester, die ein braves und folgsames Kind war. Aber Alfred, der Knecht auf Kat-thult, der mochte Michel - warum, weiß keiner. Und Michel mochte Alfred. Sie hatten ihren Spaß zusammen, wenn Alfred mit seiner Arbeit fertig war. Von ihm lernte Michel alles mögliche Nützliche, wie man ein Pferd anschirrt und wie man Hechte in Schlingen fängt und wie man Tabak kaut. Ja, dieses Letzte war sicher nicht besonders nützlich und Michel versuchte es auch nur ein einziges Mal, aber er versuchte es, denn er wollte alles können, was Alfred konnte, und alles machen, was Alfred machte.

Alfred hatte ihm ein Gewehr aus Holz geschnitzt -nett von ihm, nicht? Diese Holzbüchse war Michels kostbarster Schatz. Sein zweitkostbarster Schatz war eine kleine hässliche Schirmmütze, die ihm sein Papa einmal gekauft hatte, als er in der Stadt war und nicht genau wusste, was er tat.

»Ich mag meine Büsse und meine Müsse«, sagte Michel immer im reinsten Smaländisch. Nicht einen einzigen Abend ging er schlafen, ohne die Büchse und die Mütze mit ins Bett zu nehmen.

Erinnerst du dich noch, wer alles auf Katthult wohnte? Es waren Michels Papa, der Anton hieß, Michels Mama, die Alma hieß, Michels Schwester, die Ida hieß, der Knecht, der Alfred hieß, die Magd, die Lina hieß, und dann Michel, der Michel hieß.

Und natürlich Krösa-Maja dürfen wir nicht vergessen.

Sie war ein altes mageres Kätnerweiblein, die in einer Kate oben im Wald lebte. Sie kam dann und wann nach Katthult, um bei der großen Wäsche und beim Wurststopfen und so was zu helfen und um Michel und die kleine Ida mit ihren unheimlichen Geschichten zu erschrecken, Geschichten von Geistern und Gespenstern, Mördern und Einbrechern und derartigen unterhaltsamen Dingen, über die Krösa-Maja Bescheid wusste.

Aber jetzt willst du wahrscheinlich etwas von Michels Unfug hören? Den machte er ja alle Tage - außer wenn er Fieber hatte. Wir können also ruhig irgendeinen Tag aus dem großen Haufen seines Unfugs herauspicken und sehen, was er da anstellte. Ja, warum übrigens nicht gerade diesen 28. Juli? Es war

Samstag, der 28. Juli, als Michel Blutklößeteig über seinen Vater ausgoss und sein hundertstes Holzmännchen schnitzte

In der Katthult-Küche stand eine blau angemalte, aufklappbare Küchenbank und darin schlief Lina. Zu der Zeit, als all dies geschah, war ganz Smaland voller solcher Schlafbänke mit Mägden darin, die dort auf ausgebeulten Matratzen schliefen, von Fliegen umsummt, warum sollte es auf Katthult also anders sein? Lina schlief gut in ihrer Küchenbank und vor halb fünf Uhr am Morgen, wenn der Wecker schrillte und sie aufstehen und melken musste, konnte nichts sie lebendig machen.

Sobald Lina hinausgegangen war, kam Michels Papa in die Küche geschlichen, um dort in Ruhe und Frieden seinen Morgenkaffee zu trinken, bevor Michel aufwachte. Er fand es herrlich, dort ganz allein an dem großen Klapptisch zu sitzen, nirgendwo einen Michel zu sehen, nur von draußen das Gezwitscher der Vögel und das Gegacker der Hühner zu hören, den Kaffee zu schlürfen, ein wenig mit dem Stuhl zu wippen, die sauberen Dielenbretter unter den Füßen zu spüren, die Lina so geschrubbt hatte, dass sie schneeweiß waren. Nein, es waren die Dielenbretter, die sie geschrubbt hatte, das verstehst du ja wohl, und nicht die Füße von Michels Papa, wenn die es vielleicht auch ebenso nötig gehabt hätten - wer weiß. Morgens lief Michels Papa immer barfuß herum, aber nicht nur, weil er es schön fand.

»Auch am Schuhwerk kann man ein bisschen sparen«, sagte er zu Michels Mama, die widerspenstig war und auf keinen Fall barfuß gehen wollte. »So wie du deine Schuhe abnutzt, müssen wir ja wirklich, aber wirklich, alle zehn Jahre neue für dich kaufen.« »Ja, genau das«, antwortete Michels Mama und dann wurde nicht mehr darüber gesprochen.