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»Unglaublich begabt, wie ich Ihnen vermutlich nicht erst erklären muss.« Ich nicke feierlich. »Sehen Sie sich an, wie subtil er seine Botschaft in die ... die Bildkomposition einarbeitet.« Ich zeige auf das Schaf. »Sehen Sie sich dieses Motiv an. Das unterschätzt man nur allzu leicht. Aber als Profi habe ich es sofort erkannt.«

Die Rektorin legt ihre Stirn in Falten, als sie prüfend das Bild betrachtet.

»Unbedingt«, sagt sie.

»Ich bin mir sicher, dass eine ausgezeichnete Schule wie die Ihre ein solch einzigartiges Kind liebevoll hegt und pflegt. « Mit scharfem Blick lächle ich sie an. »Denn -glauben Sie mir -dieser Junge ist etwas ganz Besonderes. Hat er ein Kunststipendium?«

»Ernest? Ein Stipendium?« Bei dem bloßen Gedanken scheint es der Schulleiterin die Sprache zu verschlagen. »Also, nein ... «

»Ich vermute, dass andere Schulen Ihnen dieses außergewöhnliche Talent abspenstig machen werden.« Ich widme ihr noch einen scharfen Blick und sehe auf meine Uhr. »Unglücklicherweise muss ich gehen, aber vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben ... «

»Ich würde Ihnen gern noch einige Arbeiten anderer Schüler zeigen!«, sagt die Rektorin, während sie neben mir zur Tür eilt. »Das hier ist von einem sehr talentierten kleinen Mädchen namens Eloise Gibbons, das uns gerade verlassen hat ...« Sie deutet auf ein Mohnfeld, das sehr nach Van Gogh aussieht.

»Epigonal«, sage ich abschätzig und widme dem Bild kaum einen Blick. »Vielen Dank. Auf Wiedersehen.«

Eilig schreite ich durch das Schultor auf den Bürgersteig hinaus und muss meine Lippen zusammenpressen, um nicht laut loszulachen. Ha. Vielleicht wissen sie Ernie jetzt zu schätzen. Und es war mein Ernst! Okay, es war ein bisschen schräg, aber trotzdem fand ich Ernies totes Schaf das Beste an dem ganzen Laden.

Als ich zu The Look komme, merke ich gleich, dass Danny schon da ist, und zwar an der Limousine draußen vor der Tür und dem Pulk junger Mädchen im Erdgeschoss, die seine Autogramme auf ihren T-Shirts vergleichen.

Ich fahre zum Konferenzraum in der obersten Etage, und als ich eintrete, ist das große Meeting bereits im Gange. Überall stehen Teller mit Shetland Shortbread, an den Wänden hängen Bilder der neuen Kollektion, und am Tisch drängen sich Geschäftsleute. Danny ist mitten unter ihnen. In seiner hellblau-grünen Jacke und den Jeans sieht er aus wie ein Pfau. Als er mich bemerkt, winkt er und klopft auf den Stuhl neben sich.

Die gesamte Geschäftsleitung von The Look ist anwesend, dazu Leute, die ich nicht kenne und die wohl von Shetland Shortbread sind, außerdem Lukes Freund Damian, der mittlerweile Tarkies Berater ist. Brenda aus unserer Marketing-Abteilung hält eine Power-Point-Präsentation und ist gerade bei irgendeiner Grafik, auf der die Vorbestellungen für die neue Danny-Kovitz-Kollektion abzulesen sind, im Vergleich zum letzten Jahr.

»Absolut umwerfend«, sagt sie gerade. »So eine Reaktion hatten wir noch nie. Also, vielen Dank Ihnen, Danny Kovitz, für die wunderbare Zusammenarbeit, vielen Dank Shetland Shortbread, dass Sie an Bord gekommen sind -und ein Hoch auf uns alle, weil wir so gut zusammengearbeitet haben!«

»Sie alle haben sich große Mühe gegeben«, sagt Danny. »Hey, Becky, du hättest zum Foto-Shooting mit nach Schottland kommen sollen! Wir hatten echt Spaß! Ist mein Dudelsack schon angekommen, Zane?« Abrupt wendet er sich einem Jungen mit rot gefärbten Haaren zu, der hinter ihm steht. Das muss einer von Dannys fünf Trillionen Assistenten sein.

»Mh ...« Schon zückt Zane sein Handy mit kummervoller Miene. »Ich kann mal checken ... « »Du hast dir einen Dudelsack gekauft?« Unwillkürlich muss ich kichern. »Kannst du den auch spielen?«

»Als Accessoire. Glaub mir, das wird der neue It-Bag. Hey, Sie sollten den ganzen Laden mit Dudelsäcken dekorieren!« Danny wendet sich Kathy zu, der Merchandising-Chefin, die sofort nach ihrem Notizblock greift, Dudelsack aufschreibt und dreimal unterstreicht.

»Wir sind absolut begeistert von der Publicity, die wir bereits vor der Markteinführung genießen«, fährt Brenda fort. »Schon jetzt wurden wir in der Vogue und im Telegraph erwähnt, und wenn ich es richtig sehe, hat Lord Cleath-Stuart kürzlich der Zeitschrift Style Central ein Interview gegeben.«

»Tarkie ist in Style Central?« Ich starre sie an, möchte am liebsten loslachen. Style Central ist die Bibel der Avantgarde Designer und Moderedakteure, die in Gegenden wie Hoxton wohnen. Und Tarkie ist ... nun ... Tarkie. Ich meine, er trägt immer noch den Cricket-Sweater, den er schon in Eton hatte.

»Ich war dabei«, wirft Danny beschwichtigend ein. »Keine Sorge, ich habe das Reden übernommen. Super Fotos«, fügt er hinzu. »Er hatte keine Angst, Grenzen zu überschreiten. Wusstest du, wie experimentierfreudig Tarquin ist?«

»Tatsächlich?«, sage ich zweifelnd. Meinen wir hier denselben Tarquin? Den Tarquin, der sein Gesicht noch immer mit Karbolseife wäscht, egal wie viele Flaschen Designer-Waschlotion Suze ihm auch kaufen mag?

»Nun, denn ... « Trevor, unser Geschäftsführer, meldet sich zum ersten Mal zu Wort, und alle sehen ihn an. »Da wir hier versammelt sind, möchte ich noch die Verdienste von jemand anderem an diesem Tisch hervorheben. Becky war die Mitarbeiterin, die die geniale Idee für diese Zusammenarbeit hatte. Sie hat Danny Kovitz überhaupt erst mit unserem Unternehmen bekannt gemacht -und dann den Kontakt zu Shetland Shortbread hergestellt. Bravo, Becky!«

Applaus brandet auf, und ich lächle bescheiden in die Runde, bis Trevor seine Hand hebt, um fortfahren zu können.

»Und nicht nur das. Wie wir alle wissen, sind momentan überall harte Zeiten am Markt angebrochen. Beckys Abteilung hat dennoch die Verkäufe im vergangenen Monat um siebzehn Prozent steigern können! «

Er legt eine Pause ein, um die Wirkung zu steigern, und alle werfen mir staunende oder giftige Blicke zu. Gavin, unser Abteilungsleiter Herrenbekleidung, wird ganz rot am Hals und runzelt schmollend die Stirn.

»Und Beckys Kundenreaktionen sind schier unglaublich«, fügt Trevor hinzu. »Jamie, würden Sie vielleicht einige vorlesen?«

»Gern!« Jamie von der Kundenbetreuung nickt begeistert. »Hier ist eine von Davina Rogers, einer Ärztin. »Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen ein Lob zu Ihrer Personal-Shopping-Abteilung aussprechen, besonders aber Rebecca Brandon. Ihre Weitsicht und Diskretion haben mir in diesen schweren Zeiten das Leben gerettet. Ich komme gern immer wieder.«

Unwillkürlich leuchte ich vor Stolz. Ich hatte keine Ahnung, dass Davina einen Brief schreiben würde! Sie hat mir ein Foto von sich bei dem Empfang gemailt, und in diesem Alberta-Ferretti-Kleid sah sie einfach traumhaft aus.

»Hier ist noch einer.«Jamie nimmt den nächsten Brief. »Endlich jemand, der begreift, was Frauen brauchen und sich wünschen, wenn sie shoppen gehen! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Chloe Hill.«

Ich erinnere mich an Chloe HilI. Sie hat etwa zehn Teile aus der neuen Marc-Jacobs-Kollektion gekauft und bei uns deponiert. Wir hatten es so eingerichtet, dass Jasmine am nächsten Abend zu ihr nach Hause ging, mit den Kleidern in einem Müllsack, und sich als Nachbarin ausgab, die wieder nach Neuseeland ging und ihre ungeliebten Klamotten loswerden wollte. Offenbar war Chloes Mann zu Hause und ließ sich ohne Weiteres täuschen. (Problematisch wurde es nur, als er meinte, Chloe solle ein paar von den Sachen in die Reinigung bringen, und ihr dann Knauserigkeit vorwarf, als sie sich strikt weigerte.)