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Claudia erbleichte bis in die Lippen, als sie das hörte. Meiner Miene konnte sie entnehmen, daß Nero die Wahrheit sprach. Außerdem hatte sie selbst mich mit ihrem Mißtrauen verfolgt, bis es mir gelungen war, ihr Sand in die Augen zu streuen, indem ich ihr erklärte, daß ich an der Verschwörung des Piso teilhatte und dergleichen Zusammenkünfte nachts stattzufinden pflegten.

Sie hob die Hand und schlug mich auf die Wange, daß es laut schallte. Demütig hielt ich ihr auch die andere Wange hin, wie es Jesus von Nazareth gelehrt hatte. Claudia hob die andere Hand und schlug so heftig zu, daß mir das Trommelfell platzte. Seither bin ich ein wenig taub. Dann stieß sie eine Flut von so gemeinen Schimpfwörtern hervor, daß ich nie geglaubt hätte, dergleichen einmal aus ihrem Mund zu hören. Ich möchte meinen, daß ich Christi Lehre besser befolgte als sie, denn ich schwieg still.

Claudia aber goß einen solchen Schwall von Grobheiten über mich und die tote Antonia aus, daß Nero ihr zuletzt Einhalt gebieten mußte. »Über die Toten nur Gutes«, mahnte er. Claudia vergaß anscheinend, daß Antonia seine Halbschwester war und daß er deshalb nicht dulden durfte, daß andere schlecht von ihr sprachen.

Um Claudia zu besänftigen und ihr Mitleid zu erregen, schlug ich meinen Mantel zur Seite, hob das Untergewand, zeigte ihr den blutigen Verband und versicherte ihr, daß ich für meinen Fehltritt genug gestraft sei. Nero zwang mich, die Binde abzuwickeln, so schmerzhaft das auch war, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen, daß ich ihn nicht täuschte. Als das geschehen war, sagte er verwundert: »Du hast dich also in deiner Dummheit wirklich gleich beschneiden lassen! Ich habe doch nur gescherzt und meine Strenge bereut, sobald du gegangen warst. Ich will aber gern anerkennen, daß du meine Befehle treu befolgst, Minutus.«

Claudia hatte kein Erbarmen mit mir. Im Gegenteil, sie schlug entzückt die Hände zusammen und pries Nero darum, daß er eine Strafe gefunden hatte, auf die sie selbst im Traume nicht gekommen wäre. Mir schien es Strafe genug, mit Claudia verheiratet zu sein. Ich glaube, sie hat mir nie verziehen, daß ich sie ausgerechnet mit Antonia betrog. Eine vernünftige Frau sieht ihrem Mann einen gelegentlichen Seitensprung nach, aber sie machte mir noch jahrelang Vorwürfe.

Nero betrachtete nun die ganze Angelegenheit als erledigt und kam ohne das geringste Mitgefühl auf etwas anderes zu sprechen, sobald Claudia und die beiden Juden gegangen waren. »Wie du weißt, hat der Senat den Beschluß gefaßt, ein Dankopfer für die Aufdeckung der Verschwörung darzubringen«, begann er. »Ich selbst habe beschlossen, Ceres einen Tempel zu bauen, der ihrer würdig ist. Den früheren haben die verfluchten Christen niedergebrannt, und ich konnte noch keinen neuen errichten lassen, weil ich mit dem Wiederaufbau Roms alle Hände voll zu tun habe. Die Kultstätte der Ceres liegt seit unvordenklichen Zeiten auf dem Aventin, aber ich habe dort kein hinlänglich großes Grundstück finden können. Um unser gegenseitiges Vertrauen wiederherzustellen und unsere Freundschaft zu bekräftigen, bist du gewiß gern bereit, dein Haus und deinen Garten auf dem Aventin Ceres zu schenken. Es ist der geeignetste Platz. Wundere dich daher nicht, wenn du heimkommst. Die Sklaven haben nämlich schon begonnen, das Haus niederzureißen. Die Sache eilt, und deiner Zustimmung war ich gewiß.«

So nahm mir Nero das alte Haus der Manilier ab. Ich vermochte über diese Gunst keine überquellende Freude zu empfinden, wußte ich doch nur zu gut, daß er alle Ehre für sich in Anspruch nehmen und meinen Namen bei der Einweihung des Tempels nicht einmal erwähnen würde. Ich fragte ihn bitter, wohin er bei der Wohnungsnot mein Bett und meine übrige Habe gedenke schaffen zu lassen.

Neros Gesicht hellte sich auf: »Ja freilich, daran hatte ich nicht gedacht. Aber das Haus deines Vaters oder vielmehr Tullias steht noch immer leer. Ich konnte es noch nicht verkaufen, weil es darin nicht geheuer ist.«

Ich antwortete ihm, daß ich nicht gesonnen sei, gewaltige Summen für ein Spukhaus zu zahlen, das noch dazu für mich recht ungünstig lag, und ich erklärte ihm auch, wie verfallen und überhaupt von Anfang an schlecht geplant dieses prahlerisch große Haus war, für das man seit achtzehn Jahren nichts mehr getan hatte und dessen riesiger verwilderter Garten mich bei den neuen Wassersteuern viel zu teuer käme.

Nero lauschte diesen Erklärungen mit sichtlichem Genuß und sagte: »Um dir meine Freundschaft zu beweisen, wollte ich dir das Haus zu einem mäßigen Preis überlassen. Es widert mich an, daß du frech und würdelos zu feilschen beginnst, bevor ich noch einen Betrag genannt habe. Nun reut es mich nicht mehr, daß ich dir im Scherz befahl, dich beschneiden zu lassen. Um dir zu zeigen, wer Nero ist, schenke ich dir das Haus deines Vaters. Es ist unter meiner Würde, mit dir zu schachern.«

Ich dankte ihm aus ganzem Herzen, obwohl er mir das Haus genaugenommen ja nicht schenkte, sondern als Ersatz für mein altes auf dem Aventin gab. Allerdings gewann im bei dem Tausch.

Ich dachte zufrieden, daß Tullias Haus beinahe eine Beschneidung wert war, und dieser Gedanke tröstete mich noch, als ich am Wundfieber darniederlag. Ich hatte selbst mein Bestes getan, zu verhindern, daß das Haus verkauft wurde, indem ich das Gerücht in Umlauf setzte, es spuke darin, und ein paar Sklaven anstellte, die nachts in dem verlassenen Haus mit Topfdeckeln klappern und mit Möbelstücken poltern mußten. Wir Römer sind ein abergläubisches Volk und fürchten uns vor Gespenstern.

Nach alledem kann ich nun mit gutem Gewissen dazu übergehen, von Neros Siegeszug durch Griechenland, von dem traurigen Ende des Kephas und des Paulus und von meiner Teilnahme an der Belagerung Jerusalems zu berichten.

XIII

NERO

Die völlige Unterdrückung der Pisonischen Verschwörung dauerte alles in allem an die zwei Jahre, und es wurden auch in den Provinzen alle vermögenden Männer zur Rechenschaft gezogen, die nachweisbar von dem Plan gewußt und ihn stillschweigend gebilligt hatten. Auf diese Weise gelang es Nero, obwohl er aus Barmherzigkeit die Todesstrafe in Verbannung verwandelte, wo immer es anging, die Staatsfinanzen trotz seinen ungeheuren Ausgaben in Ordnung zu bringen.

Im Grunde verschlangen allerdings den größten Teil der staatlichen Ausgaben die Kriegsvorbereitungen gegen Parthien. Neros eigene Lebensgewohnheiten waren für einen Kaiser eher maßvoll zu nennen, vor allem wenn man sie mit denen gewisser Reicher und Neureicher verglich. Dank dem Einfluß des verstorbenen Petronius war er noch immer bestrebt, die Prunksucht des Emporkömmlings durch guten Geschmack zu ersetzen, wenngleich er manchmal freilich danebengriff, da er Petronius nicht mehr um Rat fragen konnte.

Zu seiner Ehre muß gesagt werden, daß er beispielsweise, als er seine durch den Brand zerstörten Kunstschätze durch neue, unvergleichliche Skulpturen und anderes ersetzte, die Staatskasse nur mit den Transportkosten belastete. Er schickte einen Sachverständigenausschuß nach Achaia und Asia, der jede bedeutendere Stadt durchkämmte und die besten Skulpturen für das Goldene Haus auswählte.

Das machte viel böses Blut unter den Griechen. In Pergamon kam es sogar zu bewaffnetem Aufruhr. Im übrigen aber führte der Ausschuß seine Aufgabe so geschickt durch, daß er sogar noch in Athen, das seinerzeit bei der Eroberung gründlich ausgeplündert worden war, und in Korinth, wo man einst kaum einen Stein auf dem anderen gelassen hatte, kostbare Statuen und Malereien aus der großen Zeit Griechenlands fand. Die reichen Kaufleute und Schiffsreeder in dem neu erblühten Korinth hatten gute Arbeit geleistet, als sie im Laufe der Jahre ihre Kunstsammlungen vervollständigten, und dies kam Nero nun zugute. Sogar auf den Inseln im Meer, wo man bisher nicht nach Kunstschätzen für Rom gesucht hatte, entdeckte man nun alte Skulpturen, die einen Ehrenplatz in den Sälen und Gängen des Goldenen Hauses verdienten.