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Das Haus war so groß, daß es immer noch leer wirkte, obwohl der Ausschuß eine Schiffsladung nach der andern schickte. Einen großen Teil der Skulpturen, denen er geringeren Wert beimaß, schenkte Nero seinen Freunden, da er selbst von der Kunst der Alten nur das Allerbeste haben wollte. Auf diese Weise kam ich zu meiner Marmor-Aphrodite, die von Phichas stammt und deren Farben wunderbar erhalten sind. Ich schätze sie trotz Deinen Grimassen noch immer sehr hoch. Versuche nur einmal. Dir auszurechnen, wieviel sie einbringen würde, wenn ich sie öffentlich versteigern müßte, um Deinen Rennstall zu erhalten.

Wegen des bevorstehenden Krieges gegen die Parther, und um sein eigenes Gewissen zu beruhigen, machte Nero die Geldabwertung rückgängig und ließ, da nun genug Gold und Silber in die Staatskasse flossen, im Tempel der Juno Moneta wieder vollgewichtige Münzen schlagen. Die Legionen, die in aller Heimlichkeit nach dem Osten verlegt wurden, um Corbulos Truppen zu verstärken, waren wegen der verringerten Kaufkraft ihres Soldes so unzufrieden, daß der ursprüngliche Geldwert allein schon aus militärischen Gründen wiederhergestellt werden mußte.

Den Sold um ein Fünftel zu erhöhen wäre unklug gewesen. Es wird jedem einleuchten, daß das untragbare Mehrausgaben bedeutet hätte und daß es auf die Dauer billiger kam, den Geldwert wiederherzustellen. Nero gewährte außerdem den Legionären gewisse Erleichterungen, ähnlich wie er schon früher den Prätorianern kostenlose Kornrationen zugebilligt hatte.

Im Grunde war das Ganze ein Zauberkunststück, über das sich so mancher kluge Mann vergeblich den Kopf zerbrach. Ich will nichts Nachteiliges über die Freigelassenen im Dienste der Staatskasse sagen, deren Amt beschwerlich ist und die den Plan austüftelten. Ich fand es nur unverschämt, daß Neros kupferhaltige Silbermünzen im Verhältnis zehn zu acht eingetauscht werden müßten, so daß man für fünf alte Münzen nur vier neue, vollgewichtige bekam.

Ich selbst erlitt dadurch zwar keine Verluste, aber bei den Minderbemittelten löste diese Verordnung ebensoviel Bitterkeit aus wie Neros ursprüngliche Münzreform. Sie war daher nicht, so wie er sich das vorstellte, seinem Ansehen förderlich. Nero verstand ja nichts von finanziellen Dingen, sondern befolgte nur die Empfehlungen listiger Ratgeber. Die Legionen gaben sich jedoch zufrieden, weil ihr kaum merklich verringerter Sold hiernach in reinem Silber ausbezahlt wurde.

Nero konnte über den Zustand der Staatskasse nur bekümmert den Kopf schütteln, da er doch seiner Meinung nach alles tat, um die Lage zu bessern, und auf Kosten seiner künstlerischen Betätigung viel von seiner Zeit opferte, um die Steuerlisten der Provinzen durchzugehen und vermögende Männer auszusuchen, deren Eigentum zur Strafe für die Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung beschlagnahmt werden konnte.

Es fiel nicht schwer, Beweise herbeizuschaffen. Der eine hatte sich eine unvorsichtige Freudenäußerung zuschulden kommen lassen, ein anderer hatte Neros Geburtstag übersehen, wieder ein anderer – und das war das schlimmste Verbrechen – hatte eine geringschätzige Bemerkung über seine Stimme gemacht. Kein Reicher hat ein ganz und gar reines Gewissen. Man mußte sich sogar hüten, einzuschlafen oder auch nur zu gähnen, wenn Nero im Theater auftrat, und ebensowenig duldete er es, daß einer während der Vorstellung ging, und sei es einer ernsthaften Erkrankung wegen.

Um den bevorstehenden parthischen Krieg zu finanzieren, mußte er alle Luxusartikel mit unziemlich hohen Umsatzsteuern belegen, und die Folge davon war, daß solche Waren nur noch unter dem Ladentisch verkauft wurden. Daher wurden die Läden der Stadt immer wieder ohne Vorankündigung durchsucht, und die Kaufleute nahmen es sehr übel auf, daß ihre Vorräte beschlagnahmt und sie selbst zu Geldbußen verurteilt wurden.

Flavius Sabinus, mein ehemaliger Schwiegervater, schämte sich dieser Maßnahmen, für deren Durchführung er als Stadtpräfekt verantwortlich war, und fürchtete, sein Ansehen zu verlieren. Manchmal, das weiß ich aus ganz sicherer Quelle, ließ er die Kaufleute, zumindest die reicheren, im voraus warnen, und er brauchte seine Ehrlichkeit nicht zu bereuen. Seine finanziellen Verhältnisse besserten sich innerhalb erstaunlich kurzer Zeit.

Statilia Messalinas Eitelkeit kam jedoch Nero zu Hilfe. Statilia fand, Veilchenblau kleide sie am besten, und darin hatte sie gewiß recht. Um diese Farbe ganz für sich allein zu haben, überredete sie Nero dazu, den Verkauf veilchenblauer Farbstoffe zu verbieten. Die Folge davon war selbstverständlich, daß jede Römerin, die auf sich hielt, in Gesellschaft zuverlässiger Freunde in Veilchenblau aufzutreten oder zumindest irgendein Kleidungsstück in dieser Farbe zu besitzen wünschte.

Der Schleichhandel mit Veilchenblau nahm daraufhin solche Ausmaße an, und die Kaufleute verdienten so viel, daß sie gern ab und zu ihre Vorräte beschlagnahmen ließen und die Buße zahlten.

Nero war selbst nicht darauf erpicht, gegen die Parther Krieg zu führen, so notwendig ein solcher Krieg auch für Roms Zukunft sein mochte, da es galt, dem Handel einen Landweg in die Reiche des Ostens zu bahnen. Auch mich dünkte ein großer Krieg verhängnisvoll, aber ich dachte an Dich und freundete mich allmählich mit dem Plan an. Die Freigelassenen meines Vaters in Antiochia verdienten durch die Lieferungen an die Legionen ungeheure Summen und redeten mir in ihren Briefen eifrig zu, die Kriegspläne im Ausschuß für orientalische Angelegenheiten zu befürworten. An sich war der Zeitpunkt günstig. Parthien mußte um der Sicherheit Roms willen früher oder später unterworfen werden. Ich hatte mir nur gewünscht, es möge nicht zu meinen Lebzeiten geschehen, und es geschah auch nicht. Das Unausweichliche steht uns noch bevor.

Nero gab nach, als man ihm vor Augen führte, daß er den Krieg selbst getrost Corbulo überlassen und als oberster Feldherr den Triumph feiern konnte. Ich glaube aber, mehr als der in Aussicht gestellte Triumph verlockte ihn der Gedanke, eine Vorstellung in Ekbatana zu geben, um sich dort durch seine glänzende Stimme nach den Leiden des Krieges die Ergebenheit seiner neuen Untertanen zu sichern.

Keiner seiner Ratgeber hielt es für nötig, ihn darüber aufzuklären, daß die Parther die Musik nicht sonderlich lieben und den Gesang als keinen eines Herrschers würdigen Zeitvertreib betrachten. Weit höher schätzen sie die Kunst des Reitens und des Bogenschießens, wie der Triumvir Crassus seinerzeit am eigenen Leib erfahren mußte. Um sich seiner zu entledigen, schickte ihn Dein Ahn Julius Caesar gegen die Parther ins Feld, und die Parther töteten ihn, indem sie ihm geschmolzenes Gold in die Kehle gossen, damit er endlich einmal genug davon bekam. Laß Dir das eine Lehre sein, mein Sohn. Wenn wirklich einer nach Parthien muß, so geh nicht selbst, sondern schicke einen andern.

Über die Geschichte Parthiens und das Herrschergeschlecht der Arsakiden brauche ich nicht viel zu berichten. Es gibt da nichts als Brudermord, Staatsstreiche, orientalische Hinterlist und derlei Dinge mehr, die bei uns in Rom nicht vorkommen können. Von den römischen Kaisern ist ja im Grunde nur einer öffentlich ermordet worden, nämlich Dein Stammvater Julius Caesar, und der war selbst schuld, weil er in seiner Eitelkeit klugen Rat in den Wind schlug. Seine Mörder glaubten zudem aufrichtig, zum Besten des Vaterlandes zu handeln. Gajus Caligula ist ein Fall für sich, und es ist nie eindeutig nachgewiesen worden, ob Livia wirklich Augustus vergiftet und ob Caligula Tiberius erwürgt hat. Agrippina vergiftete Claudius, ohne öffentliches Aufsehen zu erregen. Man mag also über diese Geschehnisse denken, wie man will, eines muß man zugeben: es wurde alles auf denkbar anständige Weise, sozusagen innerhalb der Familie, erledigt.

Die Arsakiden dagegen betrachten sich als die rechtmäßigen Erben des früheren persischen Reiches und herrschen nun schon seit mehr als dreihundert Jahren. Sie brüsten sich mit ihren Morden und bilden sich auf ihre Heimtücke auch noch etwas ein. Ich will mich nicht damit aufhalten, alle diese undurchsichtigen Mordintrigen aufzuzählen. Es genügt zu sagen, daß es zuletzt Vologeses gelang, seine Macht zu festigen, und daß er ein sehr schlauer Widersacher Roms wurde. Er machte seinen Bruder Tiridates zum König in Armenien, um ihn in Bedrängnis zu bringen. Armenien war durch die Kriegszüge Corbulos dreimal verheert und zurückerobert worden. In dem armenischen Krieg erlitten zwei Legionen eine so schimpfliche Niederlage, daß Corbulo jeden zehnten Mann hinrichten ließ, um die Manneszucht wiederherzustellen. Es dauerte Jahre, bis aus den verweichlichten syrischen Legionen wieder ein kampftüchtiges Heer geworden war, aber nun begannen Corbulos Anstrengungen Früchte zu tragen.