Vologeses mußte klein beigeben und Armenien als Verbündeten Roms anerkennen, um seinen Bruder von Ekbatana fernzuhalten. In Gegenwart der Legionen und der Reiterei legte Tiridates sein Diadem zu Neros Füßen nieder. Man hatte zu diesem Zweck eine Statue Neros auf einen Senatorenschemel gestellt. Tiridates gelobte und schwor, er werde selbst nach Rom kommen, um die Bundesgenossenschaft zu bekräftigen und das Diadem aus Neros Hand zurückzuerhalten.
Er ließ sich jedoch nie in Rom blicken. Auf Fragen antwortete er mit Ausflüchten. Unter anderem behauptete er, sein Glaube verbiete ihm, sich den Gefahren einer Seereise auszusetzen. Als man ihn daraufhin bat, den Landweg zu benutzen, klagte er über seine Armut. Ohne Zweifel verschlang der Wiederaufbau Armeniens alle seine Mittel.
Nero versprach ihm, für die Kosten der Landreise bis auf römischen Boden aufzukommen, doch Tiridates zog es vor zu bleiben, wo er war. Sicheren Angaben zufolge bemühte er sich, unnötig enge Verbindungen mit den armenischen Edlen anzuknüpfen, von denen immer noch einige am Leben waren, obgleich sowohl Römer wie Parther alle hinrichteten, die ihnen in die Hände fielen.
Im Senatsausschuß für orientalische Angelegenheiten betrachteten wir die Ausflüchte des Tiridates als bedenklich. Wir wußten nur zu gut, daß die Parther insgeheim Aufwiegler zu den Verbündeten Roms im Osten und sogar in die Provinzen schickten, die die Unzufriedenheit schürten, um einen Krieg zu verhindern. Sie bestachen germanische Stämme und stifteten sie zu Unruhen an, damit die Legionen nicht aus Germanien abgezogen und in den Osten verlegt werden konnten, und versuchten durch allerlei Versprechungen sogar in Britannien feindlich gesinnte Stämme zum offenen Aufruhr aufzuhetzen. In Britannien standen damals noch immer vier Legionen, um den Frieden zu sichern. Als Boten verwendete Vologeses umherziehende jüdische Händler, die sprachkundig waren und sich neuen Verhältnissen gut anzupassen verstanden.
Zum Glück erfuhr ich rechtzeitig von diesen Umtrieben, und zwar durch den alten Petro in Lugundanum. Ich war es, des großen Erbes wegen, Lugunda schuldig, eine Stadt nach ihr zu benennen. Der Ort ist glücklich gewählt und zu einem Knotenpunkt im Land der Icener geworden. Petro wohnt dort und genießt eine wohlverdiente Alterspension, die ich ihm zum Lohn für seine Treue ausbezahle. Durch ihn stehe ich weiterhin mit den Druiden in Verbindung, und er berichtet mir, was die einzelnen Stämme treiben.
Die Druiden rieten von einem Aufruhr ab, weil gewisse Vorzeichen sie davon überzeugt hatten, daß die Macht Roms auf ihrer Insel ohnehin nicht bestehen werde. Ich bin, wenn es um mein Vermögen geht, nicht abergläubisch. Ich lasse mein Geld ruhig in Britannien weiterarbeiten und sich vermehren und lege sogar immer wieder welches dort an.
Wie dem auch sei: durch meine Verbindungen mit den Druiden erfuhr ich von den verdächtigen Reisen der jüdischen Kaufleute in Britannien. Auf meinen Rat ließ der Prokurator zwei von ihnen ans Kreuz schlagen, und zwei weitere opferten die Druiden von sich aus in Weidenkörben ihren Göttern, weil die Juden, ungeachtet ihres geheimen Auftrages, in Glaubensdingen allzu selbstbewußt auftraten. Wenigstens eine der in Britannien stehenden Legionen konnte in den Osten verlegt werden. Die anderen blieben meiner Ansicht nach besser, wo sie waren.
Allmählich gelang es, unter vielen Vorsichtsmaßnahmen zehn Legionen im Osten zusammenzuziehen. Ich zähle sie nicht auf, weil sie auf dem Marsch sowohl die Nummern als auch die Adler wechseln mußten, um die parteiischen Kundschafter irrezuführen. Trotzdem war Vologeses sehr gut über die Bewegungen und die Aufstellung unserer Truppen unterrichtet, und er wußte sogar, daß wir die Absicht hatten, dem Senat und dem Volk von Rom einen Streit um Weideland am Euphrat als Kriegsursache darzustellen. Corbulo, der noch gut bei Kräften war, hatten wir in einer geheimen Ausschußsitzung die Ehre bewilligt, als Kriegserklärung einen Speer über den Euphrat auf parthisches Gebiet zu werfen. Er versicherte in einem Brief, er sei dazu imstande, versprach aber, vorsichtshalber täglich zu üben, damit der Speer nicht ins Wasser fiel, sondern wirklich das umstrittene Weideland erreichte.
Neros schon seit langem geplante Reise nach Griechenland kam nun sehr gelegen und diente unseren militärischen Absichten als Tarnung^ Nicht einmal die Parther konnten daran zweifeln, daß es Nero wirklich darum zu tun war, bei den uralten Spielen der Griechen Sängerlorbeer zu gewinnen, und es konnte keinen Verdacht erwecken, daß er zu seinem Schutz die eine der beiden Prätorianerlegionen mitnahm und die andere zur Bewachung seines Thrones zurückließ.
Tigellinus versprach, Neros Gegner während seiner Abwesenheit im Zaum zu halten, so bitter er es auch beklagte, daß ihm nicht die Ehre vergönnt war, mit dem Kaiser zu reisen. Selbstverständlich wollte jeder, der jemand zu sein glaubte, den Kaiser begleiten, um Zeuge seiner Siege im Wettstreit der Sänger zu sein und sich in seiner Nähe aufzuhalten. Es war darunter so mancher, der von dem geplanten Krieg und den Möglichkeiten, sich auszuzeichnen, die er bot, nichts wußte und vermutlich Krankheit oder irgendeinen anderen Hinderungsgrund vorgeschützt haben würde, wenn er davon gewußt hätte.
Zwar waren Nachrichten von dem Aufruhr der Juden in Jerusalem und Galiläa, der selbstverständlich von den Parthern geschürt wurde, nach Rom gelangt, aber keiner von uns nahm sie wirklich ernst. In diesen Gegenden gab es immer Streit, ob nun Felix Prokurator war oder Festus. König Herodes Agrippa schien allerdings aufrichtig bekümmert zu sein.
Wir beschlossen im Ausschuß für orientalische Angelegenheiten, aus Sicherheitsgründen eine ganze Legion aus Syrien hinzuschicken, um diesen zur Unzeit auftretenden Unruhen mit harter Faust ein Ende zu machen. Die Legion konnte ein wenig Kampferfahrung sammeln, wenn schon keinen größeren Kriegsruhm gewinnen. Jedenfalls waren die mit Keulen und Steinschleudern bewaffneten Juden unserer Meinung nach nicht imstande, einer gut ausgebildeten Legion nennenswerten Widerstand zu leisten.
So kam nun die langersehnte Reise nach Griechenland, mit der Nero seine Künstlerlaufbahn zu krönen gedachte, endlich zustande. Er hatte befohlen, daß alle Wettspiele unmittelbar nacheinander abgehalten werden mußten, so daß er gleich nach seiner Ankunft an allen teilnehmen konnte.
Soviel ich weiß, war dies das einzige Mal, daß die Olympischen Spiele auf einen früheren Zeitpunkt vorverlegt wurden, und man kann sich ausmalen, was für Schwierigkeiten das mit sich brachte. Nicht zuletzt kam die griechische Zeitrechnung durcheinander, denn stolz auf ihre Vergangenheit rechnen die Griechen, mit den ersten Spielen in Olympia beginnend, noch immer in Olympiaden, obwohl sie sich damit begnügen könnten, die Jahre, bescheiden wie wir Römer, ganz einfach von der Gründung der Stadt an zu zählen. Damit hätten wir eine einheitliche Zeitrechnung, aber den Griechen ist nichts umständlich genug.
Im letzten Augenblick vor der Abreise weigerte sich Nero, Statilia Messalina mitzunehmen. Als Grund gab er an, er könne im Falle eines Kriegsausbruchs nicht für ihre Sicherheit bürgen. Der wahre Grund trat unterwegs ans Licht. Nero hatte endlich den Menschen gefunden, der in allen Zügen Poppaea ähnelte. Er hieß Sporus und war leider keine Frau, sondern ein ungewöhnlich schöner Jüngling.