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Madame macht uns miteinander bekannt. Wie es ihre Gewohnheit ist, stellt sie mich vollständig vor, das heißt samt den hundert Feddan und dem Projekt. Ich freue mich darüber und lobe ihre Gewandtheit, das Resultat vieljähriger Erfahrungen. Bei meinen Rundfahrten konzentriere ich mich jetzt auf das Muharram-Bey-Viertel, wo ihre Schule liegt. Einmal habe ich sogar Erfolg. Ich sehe sie am frühen Nachmittag an der Bushaltestelle stehen. Ich stoppe und lade sie ein, mit mir zu fahren. Sie zögert zunächst, aber die Tatsache, daß sich der Himmel zunehmend bezieht, bringt sie schließlich dazu, meine Einladung anzunehmen. Ich fahre sie zu unserem Haus und klage ihr dabei, wie einsam ich in Alexandria bin, wie sehr ich einen Rat und eine Meinung zu meinem Projekt brauche, und sage schließlich, als sie sich von mir verabschiedet: »Ich glaube, ich muß Sie unbedingt wiedersehen!«

»Aber bitte, besuchen Sie uns doch!« ermutigt sie mich herzlich.

Tatsache ist, Sunnyboy, daß dein Alter und dein Geld dich mit zwingender Logik zu einer guten Partie machen. Deswegen sollte ich besser gar keine Lehrerin, Ärztin, Rundfunksprecherin oder Beamtin nach Hause begleiten. Wenn ich meinen Aktionsradius erweitern will, muß ich unbedingt meine Umgebung mit einem Ring hinters Licht führen, mit einer Ehe, die ich gar nicht führe.

Mir fällt für den Rest des Tages nichts anderes mehr ein, als zu der maltesischen Kupplerin im Cleopatra zu fahren und sie aufzufordern, so viele wie möglich von ihren Mädchen herzuschaffen. Und dann erlebe ich eine ganz tolle, wilde Nacht voll der ausgefallensten Tobereien, wie sie die Geschichte seit der Zeit unseres Kalifen Harun al-Raschid, Ehre seinem ewigen Andenken, nicht mehr gekannt hat.

»Er hat seine Mutter nie kennengelernt, und sein Vater hat ihn allein gelassen, als er sechs Jahre alt war. Deswegen kann ich einfach nicht streng zu ihm sein!«

Er sagte das ganz ruhig, aber mein Bruder kochte vor Zorn.

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Ringsum lauter Leichen. Den Methusalem der Journalistik kann ich echt nicht ausstehen. Wenn ich schon morgens sein Gesicht am Frühstückstisch sehe, weiß ich, daß mir das Pech bringt. Tolba Marzuq will von mir wissen, wie ich mit meinem Projekt vorangekommen bin. Ich schnuppere, rieche den Duft von Räucherwerk und frage, was es damit auf sich hat.

Da lacht Tolba Bey und sagt: »Sie sollten Madame sehen, wie sie mit dem Räuchergefäß in der Hand durch die Zimmer wandelt!«

»So lieben Sie Umm Kulthum und glauben auch daran, daß Räucherwerk gegen den bösen Blick hilft?« Ich schaue sie fragend an, denn das ist wirklich seltsam bei einer Griechin. Sie lächelt beiläufig, weil sie ganz gebannt einem griechischen Schlager zuhört.

Ich sage zu Tolba Bey: »Ich muß mir unbedingt einen Khawaga suchen, der auswandern will, damit ich übernehmen kann, was er hier abstößt.«

»Eine gute Idee! Was meinen Sie dazu, Mariana?«

»Ja«, sagt sie schnell, denn sie will sich nicht von dem griechischen Schlager ablenken lassen, »warten Sie, ich glaube, der Besitzer des Cafes Miramar denkt daran.«

»Worum geht es eigentlich in dem Schlager?«

»Er handelt von einem Mädchen im heiratsfähigen Alter«, entgegnet sie gespreizt. »Ihre Mutter fragt sie, und sie zählt auf, welche Vorzüge sie von ihrem späteren Bräutigam verlangt.«

Ich lasse den Blick zwischen dem Foto des Kapitäns und ihrem Jugendbild hin und her gehen, und sie erklärt leise: »Ich könnte heute noch eine große Dame sein.«

»Aber Sie sind doch eine Dame durch und durch!«

»Ich meine, eine Dame im Ibrahimijja-Palais«, wendet sie ein.

»Vergeuden Sie Ihre Zeit nicht tatenlos«, fordert mich der Methusalem der Journalistik auf. Insgeheim verfluche ich ihn.

Es ist beißend kalt und ganz still. Ich habe mich mit dem italo-syrischen Mädchen in der Wohnung der Kupplerin in Sidi Gaber verabredet.

Vergiß es, Sunnyboy, vergiß es!

Am Frühstückstisch erfahre ich, daß Zuchras Schwester und ihr Mann dagewesen sind. »Sie hat endgültig beschlossen, bei uns zu bleiben«, freut sich Madame.

»Wir wollen froh sein, daß die Begegnung friedlich verlaufen ist«, werfe ich ein. »Ich meine, daß man nicht versucht hat, sie umzubringen.«

»Al-Buhera scheint mir ganz schön abgeschlafft!« spotte ich dann zu Sarhan al-Buheri.

»Abgeschlafft?«

»Man sagt, daß es so nahe bei Alexandria liegt, daß die strengen ländlichen Sittenbegriffe abgeschliffen sind.«

Er brüstet sich mit seiner dröhnenden Stimme: »Das heißt doch nur, daß es heute zivilisierter ist als der übrige Rif!«

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Tolba Marzuq fährt mit mir, denn ich soll ihn ins Windsor-Hotel bringen. Er ist der einzige, für den ich so etwas wie Sympathie und Verehrung habe. Mir kommt er immer wie die Statue eines alten Königs vor, dessen Reich vergangen und dessen Zeit längst vorüber ist, der aber alle seine persönlichen Vorzüge bewahrt hat.

Voll boshafter Gedanken sage ich zu ihm: »Wäre es nicht das Beste für das Fellachenmädchen gewesen, wenn es mit ihren Leuten gegangen wäre?«

»Das Beste wäre zweifellos gewesen, wenn sie gar nicht erst geflohen wäre!«

»Das heißt, es gibt ernsthafte Gründe, die sie daran hindern zurückzukehren, selbst wenn sie das wollte?«

»Sie meinen den Burschen aus al-Buhera?«

»Ich denke zwar nicht speziell an ihn, aber es hängt jedenfalls mit ihm zusammen.«

»Sehr wahrscheinlich«, lacht der Mann. »Wahrscheinlich ist er auch unschuldig an dem, was Sie argwöhnen. Und ein anderer stand hinter ihrer Flucht aus dem Dorf.«

Mein Mißtrauen ihr gegenüber wächst, als ich — ein paar Tage später — erfahre, daß sie den Heiratsantrag von Machmud Abul-Abbas, dem Zeitungsverkäufer, ausgeschlagen hat. Machmud hat mich nämlich in der Angelegenheit um Rat gefragt, da ich ein alter Kunde von ihm bin, bevor er sich getraute, zu Madame zu gehen, um um die Hand des Mädchens anzuhalten. Als ich am Tag nach seinem vergeblichen Versuch vor seiner Auslage stehe, bin ich mir ganz sicher, daß er auf das Thema zu sprechen kommen wird. Er scheint ärgerlich und aufgeregt. Wir schauen uns gegenseitig in einer Weise an, die nicht mehr vieler Worte bedarf. Ich versuche ihn zu trösten: »Ein Paradebeispiel für die Mädchen von heute!«

Erbost entgegnet er: »Soll sie noch einmal so einen finden wie mich!«

»Gott wird Ihnen eine bessere geben als sie. Und wenn Sie meine Meinung wissen wollen: Die Pension ist nicht der rechte Ort für Sie, sich eine Braut zu suchen.«

»Ich hatte sie für ein anständiges Mädchen gehalten!«

»Ich habe nicht gesagt, daß sie das nicht ist, aber…«

»Aber was?« fragt er interessiert.

»Was kümmert Sie das denn noch, wo die Geschichte für Sie vorbei ist?«

»Ich will wieder in Frieden leben können.«

»Würden Sie das tun können, wenn ich Ihnen sage, daß sie Sarhan al-Buheri liebt?«

»Sie muß doch total verrückt sein! Wird Ustas Sarhan al-Buheri sie denn heiraten?«

»Ich habe von Liebe geredet, nicht von Heirat«, sage ich zum Abschluß.

Vom ersten Tag an konnte ich Sarhan nicht leiden. Ja, meine Abneigung war nahezu verschwunden, als er meine Gesellschaft suchte, mir sein Herz öffnete, mich ins Vertrauen zog. Aber sehr schnell war alles wieder beim alten. Zuchra hatte mit dieser Abneigung nichts zu tun. Sie war viel zu unbedeutend, als daß ich ihretwegen einen Menschen verabscheute oder liebte. Vielleicht haßte ich ihn wegen seiner ungeschminkten Art daherzureden, vielleicht auch, weil er hartnäckig die Revolution bei passender oder unpassender Gelegenheit in den höchsten Tönen lobte. Dabei zwang er mich oft, daß ich mich, wenn auch schweigend, auf seine Seite stellte.