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»Ich werde Sie bitten, daß Sie mir bei der Abrechnung helfen!«

Ich sagte ihm meine Hilfe zu. Dann kam mir der Gedanke, meine Feddan Acker zu verkaufen und sein Teilhaber zu werden. »Vielleicht brauchen Sie ja einen, der mitmacht?« fragte ich ihn.

»Nein!« entgegnete er mit sichtlichem Widerwillen. »Ich halte nichts von Teilhaberschaft! Ich möchte schließlich nicht, daß das Restaurant so groß wird, daß der Staat darauf aufmerksam wird!«

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Ich ging zum Hauptgebäude der ASU zu einem Vortrag über den schwarzen Markt, dem eine öffentliche Diskussion folgte. Als die Versammlung zu Ende war und ich mich schon auf dem Weg zum Ausgang befand, hörte ich, wie jemand nach mir rief. Ich blieb im dichten Gedränge stehen, blickte mich um und sah Rafat Amin auf mich zukommen. Seit unserer gemeinsamen Studienzeit an der Universität waren wir uns nicht mehr begegnet. Wir schüttelten uns herzlich die Hände und gingen mit der Menschenmenge hinaus. Er erzählte mir, er habe an der Versammlung teilgenommen, weil er — wie ich auch -Mitglied einer Grundeinheit sei, nämlich der der Vereinigten Grubengesellschaft. Wir spazierten zur Corniche, denn es war ein herrlicher Abend. Als wir endlich allein oder doch fast allein waren, konnten wir uns vor Lachen kaum noch halten. Wir lachten ohne äußeren Anlaß, lediglich aufgrund unserer gemeinsamen Erinnerungen, die wir nie vergessen werden, gemeinsamer sozialer Erfahrungen, die wir Seite an Seite gemacht hatten. Gemeinsam hatten wir Beifall zu Reden geklatscht, gemeinsam Begeisterungsrufe ausgestoßen. Das war zu jener Zeit, als wir beide Mitglied im Wafd-Komitee der Studenten an der Fakultät waren. Weißt du noch… ? Natürlich, wer könnte das vergessen? Damals waren wir Feinde des Staates. Ja! Aber heute sind wir der Staat. Auf diese Weise sprangen wir in unserem Gespräch zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her.

Schließlich meinte ich: »Ich kann nicht glauben, daß du, ausgerechnet du, dich heute so ganz von deinem Wafd-Denken gelöst haben solltest!«

Wieder lachte er auf und entgegnete: »Du dagegen warst nie ein richtiger Wafdist! Du hast später bloß eine Parteizugehörigkeit gegen die andere eingetauscht, und wer damit den Anfang macht, wie du, ist besonders charakterlos!« Dann stieß er mich mit dem Ellenbogen an und wollte wissen: »Bist du denn nun wenigstens heute ein aufrichtiger Sozialist?«

»Aber natürlich!«

»Und warum bitte?«

»Es gibt Faktoren bei der Revolution, mit denen sich selbst ein Blinder einverstanden erklären muß!«

»Und ein Sehender?«

»Ich meine, was ich sage!« entgegnete ich ernsthaft.

»So bist du also ein sozialistischer Revolutionär?«

»Ohne jeden Zweifel!«

»Na, dann herzlichen Glückwunsch! Und jetzt sag mir lieber, wo wir die heutige Nacht verbringen wollen!«

Ich lud ihn ins Genevoise ein, und wir blieben bis Mitternacht dort. Ich wollte auf Safejja warten, aber sie ließ mir ausrichten, sie sei von einem libyschen Kunden gebeten worden, mit ihm zu kommen.

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Ich kam aus dem Strand-Kino, als ich die niedliche Fellachin wiedersah. Sie kam mit einer alten Griechin aus der Safejja-Zaghlul-Straße, hübsch, braunhäutig, voll jugendlicher Frische, kurz, bezaubernd anzusehen. Auf dem Bürgersteig drängten sich die Menschen. Ein belebender Wind wehte den Duft des Meeres herüber. Die Himmelskuppel war von einer dicken Aureole aus gekrempelter Baumwolle umrankt, die alles in ein schläfriges Weiß tauchte, sanft wie ein Herz voller Wohlgefallen. Die beiden Frauen bahnten sich ihren Weg durch die Menge, und ich trat einen Schritt zurück, um ihnen mehr Platz zu verschaffen. Dabei grüßte ich kurz mit den Augen. Sie lächelte verhalten zurück. So begegnete sie mir also mit einem verhaltenen Lächeln! Ich konnte mir sagen, daß das Wild ins Netz gegangen war, und das machte mich so glücklich, war so schön wie der angenehm knackige Geschmack von zarten jungen Bohnen, die eben aus frisch begrünter Erde geerntet wurden.

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Als ich meinen Nachmittagskaffee trank, schaute ich sie verstohlen an. Ihre Augen waren vom tiefen Schlaf noch rot und verquollen, ihre dicken Lippen standen offen. Sie war wie üblich so abstoßend häßlich und ungepflegt, wie sie nur sein konnte, und sie hatte keinerlei Ahnung, was ich mit ihr vorhatte.

»Safejja«, sagte ich mit falschem Bedauern. Sie schaute mich fragend an, und ich fuhr fort: »Es sind absurde Umstände eingetreten, aber wir müssen mit ihnen gemeinsam fertig werden!«

In ihre Augen trat ein vorsichtiger Blick. Sie nickte mit dem Kopf zum Zeichen dafür, daß ich erklären sollte, worum es gehe.

»Wir müssen unsere Lebensweise ändern, ich meine die Tatsache, daß wir eine Wohnung miteinander teilen.«

Sie zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen und wirkte kampfbereit.

Ich fuhr fort: »Es ist wirklich katastrophal, ganz katastrophal im Hinblick auf die kritische Wohnungslage. Aber ein Kollege in der Gesellschaft hat mir einen Wink gegeben. Ich habe dir einmal von der Kontrolle der Verwaltungsbehörden erzählt. Meine Zukunft interessiert dich zweifellos genauso, wie sie mich interessiert!«

»Aber wir leben jetzt ungefähr eineinhalb Jahre zusammen!« protestierte sie ärgerlich.

»Es waren die glücklichsten Jahre meines Lebens, und von mir aus hätten sie ewig dauern können, ohne daß jemand davon erfahren hätte.« Ich schaute auf den Boden der Tasse, als wollte ich aus dem Kaffeesatz die Zukunft vorhersagen, und erklärte dann: »Aber ich habe Pech gehabt. Ich werde wieder in eine unordentliche Junggesellenbude zurückkehren oder vielleicht gezwungen sein, in ein billiges Hotel oder eine Pension zu ziehen, in der man ständig gestört wird.«

Sie stieß heftig die Luft aus und schimpfte: »Es gäbe eine Lösung, natürlich gäbe es eine, aber du bist so ein jämmerlicher Mistkerl!«

»Ich bin ein ehrlicher und offener Mann. Ich liebe dich wirklich und werde dich immer lieben, aber ich habe dir vom ersten Tag an gesagt, daß ich für die Ehe nicht geschaffen bin!«

»Weil du keinerlei Anstand und Gefühl besitzt!«

»Wenn du das findest, ist es auch sinnlos, daß wir wieder einmal eine dieser Debatten austragen, die ohnehin zu nichts führen!«

»Du willst mich also verlassen?« fragte sie und schaute mich so prüfend an, als wollte sie mir auf den Grund der Seele sehen.

»Safejja«, schnitt ich ihr das Wort ab, »wenn ich wirklich die Absicht hätte, dich zu verlassen, dann hätte ich das in aller Offenheit gesagt und wäre gegangen.«

Sie war verärgert, und man sah es ihr an. Ihre Verdrossenheit machte sie noch häßlicher. Ich wünschte mir nur, daß sie mich so haßte und verabscheute, daß jeder von uns seiner Wege gehen konnte.

Ich sagte mir, daß beim Jüngsten Gericht unsere Waagschalen einander mit Sicherheit aufwiegen würden. Wir hatten unser Leben tatsächlich miteinander geteilt. Sie hatte mir allerdings hin und wieder Geschenke überreicht, die ich — aufgrund meiner besonderen Situation — nicht hatte erwidern können. Es gibt andere, die nutzen ihre Geliebte schamlos aus. Ich dagegen bin es nur überhaupt nicht gewohnt, für Frauen Geld auszugeben.

Jedenfalls bin ich darauf eingestellt, daß es zum Schluß noch zu einer heftigen Auseinandersetzung kommen wird. So etwas habe ich schon mehr als einmal erlebt. Ich hatte mich damals an der Fakultät verliebt, aber ich war leider zu spät gekommen. Und dann war die Chance verpaßt. Es war eine wirkliche Chance gewesen. Sie war hübsch, ein Mädchen mit Zukunftsaussichten, war die Tochter eines Arztes, dem die Gelder der Kranken nur so zuströmten. Aber was nutzt schon das Wörtchen »wenn«?

Und nun schlug mir das Herz wieder schneller. Ja, ich hatte mich in die Fellachin verliebt. Aber es war ein rein körperliches Verlangen, ähnlich dem, das mich damals zu Safejja ins Genevoise getrieben hatte.