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Erst nach längerer Zeit sehe ich ihn wieder. Ich war ins Restaurant Panioti gegangen, um ein leichtes Abendbrot zu mir zu nehmen, und finde ihn auf dem Platz des Besitzers hinter der Kasse. Ich will wieder hinausgehen, aber er springt von seinem Platz auf, schließt mich in die Arme, küßt mich auf den Kopf und will mich unbedingt zum Abendbrot auf seine Kosten einladen. Er entschuldigt sich für das Vorgefallene und gesteht mir, Husni Allam habe ihm damals diese Lüge aufgetischt.

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»Meine Liebe, ich bitte dich, Zuchra darf nichts von dem erfahren, was zwischen uns ist!«

Wir sitzen am Machmudijja-Kanal im Casino al-Palma im wärmenden Sonnenschein. Daß sie ständig mit Zuchra zusammen ist, macht mir Sorgen. Sie weiß nichts von den wirklichen Gründen für Zuchras Wunsch, bei ihr Unterricht zu nehmen. So wie Zuchra sich nicht vorstellen kann, daß ihre Lehrerin beschlossen hat, den Mann ihres Herzens zu erobern.

Alejja schaut mich zweifelnd an und fragt: »Und warum?«

»Sie tratscht, und Tratsch können wir beim gegenwärtigen Stand unserer Beziehung nicht gebrauchen!«

»Aber unsere Beziehung wird früher oder später ohnehin bekannt werden«, entgegnet sie, immer noch voller Zweifel.

Mit unüberlegter Offenheit sage ich: »Manchmal kommt es mir so vor, als warte sie nur auf einen geeigneten Moment…«

Sie lächelt matt: »Vielleicht hat sie Gründe dafür…«

»Alle Gäste treiben gelegentlich ihre Späßchen mit ihr, und ich mache es nicht anders. Das ist alles!«

Ihre Beziehung zu mir ist jedenfalls zu Liebe geworden. Mir ist weniger wichtig, daß sie mir wirklich glaubt, als daß sie Zuchra nichts sagt. So hat also der Verstand über das Herz gesiegt, und ich muß jetzt unbedingt die Verlobung bekanntgeben! Trotzdem zögere ich. Ich verschiebe den ausgemachten Termin unter dem Vorwand, ich müsse zunächst aufs Dorf fahren, damit meine Familie die traditionelle Rolle spielen könne. Mit jedem Tag werden meine Gefühle gegenüber Zuchra gespannter, nagt mein peinlicher Betrug stärker an meinem Herzen. Ich seufze voller Wehmut und sage bei mir: Wenn sie doch nachgäbe, wenn sie sich meinen Wünschen fügte, mein Herz gehörte ihr für immer!

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Ist das Donner? Ein Erdbeben? Ist ein Leichnam ins Zimmer gefallen? Ich stecke meinen Kopf unter der Decke hervor und sehe um mich herum stockdunkle Nacht. Ich bin es nur, niemand anderer! Und das ist mein Bett in der Pension Miramar! Aber was ist das? Mein Gott! Das ist doch Zuchras Stimme! Sie klopft an meine Tür!

Ich eile hinaus. Im Licht der Nachtlampe sehe ich, wie sie sich in heftiger Abwehr aus der Umklammerung von Husni Allam freizumachen sucht. Mir wird auf den ersten Blick klar, was los ist. Ich will sie befreien, ohne daß es Aufsehen erregt und ohne daß meine Beziehungen zu Husni getrübt werden. Sanft lege ich meine Hand auf seine Schulter und flüstere: »Husni!«

Aber er hört mich nicht. So packe ich ihn fester an der Schulter und sage lauter: »Husni, sind Sie verrückt geworden?!«

Er versetzt mir mit seinem Rücken einen brutalen Stoß, ich jedoch greife ihn noch kräftiger an der Schulter und fordere ihn entschieden auf: »Gehen Sie sofort ins Bad, und stecken Sie den Finger in den Mund!«

Da dreht er sich zu mir um und schlägt mich gegen die Stirn. In einem jähen Wutanfall schlage ich zurück. Wir prügeln uns heftig, bis Madame zu uns tritt. Sie behandelt den Übeltäter mit einer Sanftheit, die er nicht verdient. Ich verstehe die Alte gut. Aus meinen eigenen Interessen heraus verstehe ich sie gut. Beide sind wir darauf erpicht, uns mit Husni gut zu stellen, in der Hoffnung, aus seinem Phantasieprojekt Nutzen zu ziehen. Sie zögert, stellt ein Bein vor und das andere zurück. Ich dagegen bin die ganze Zeit sprungbereit. So wird mir jetzt die Tür endgültig vor der Nase zugeschlagen. Sie aber behandelt das Opfer mit Strenge zugunsten des Täters.

Einige Tage später sehe ich Husni Allam um ein Uhr nachts in Begleitung von Safejja Barakat aus dem Genevoise kommen. Mein Erstaunen hält nur kurze Zeit an, dann erinnere ich mich, wie er sie damals aus der Pension geführt hat. Sie sind sich gleich im Hinblick auf ihren Leichtsinn und ihre Träume von utopischen Projekten. Liebe und Träume werden sie miteinander verbinden. Ich habe jene Nacht mit Ali Bakir und Rafat Amin in George's Bar verbracht. Wir waren die Corniche entlangspaziert, angeregt von der lauen, reinen Luft der Nacht und vom Wein, den wir getrunken hatten. Rafat Amin kennt, besonders wenn er betrunken ist, kein anderes Gesprächsthema als die Wafd-Partei. Mir wurde klar, daß Ali Bakir keinen Unterschied zwischen der Wafd-Partei und dem Nationalen Sportclub zu kennen scheint. Andererseits interessiert mich Politik nicht eigentlich, trotz meiner zahlreichen politischen Aktivitäten. Rafat Amin erzählt weinselig vom Wafd und der Zeit, da er die Macht im Lande hatte. »Wirst du dir eigentlich nie eingestehen, wenn jemand oder etwas tot ist?« spotte ich.

Seine Stimme hallt in der leeren Straße wider: »Sag von mir aus von der Revolution, was du willst. Ich will ja ihre allumfassende Macht gar nicht bestreiten. Aber das Volk ist tot, seit der Wafd tot ist.«

In diesem Augenblick sehe ich Husni Allam und Safejja Barakat wie zwei kräftige Bären auf die Corniche tapsen. Ich zeige auf sie und sage lachend: »Da hast du das Volk des Wafd, das in nachmitternächtlicher Stunde seinen Kampf fortsetzt!«

Als wir uns trennen müssen, flüstert mir Ali Bakir ins Ohr: »Wir werden bald das Startzeichen geben können!«

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Ich komme in die Pension, als alle schlafen. Durch die Glastür des Zimmers von Mansur Bahi allerdings sickert Licht. Es ist die anregende Wirkung des Weins, die mich bei ihm anklopfen und eintreten läßt ohne wirklichen Anlaß. Er sitzt in einem großen Sessel und sieht mich leicht erstaunt an. Seine kleinen, aber schönen Augen blicken nachdenklich und kummervoll.

Ich setze mich auf einen Stuhl in seiner Nähe und erkläre: »Entschuldigen Sie! Ich bin betrunken!«

»Das sieht man!« entgegnet er obenhin.

Ich lache und fahre dann mit leichtem Vorwurf fort: »Tatsache ist, daß ich vergeblich versucht habe, Ihre Sympathie zu gewinnen. Sie scheinen sehr introvertiert zu sein!«

»Es hat eben jeder seine Eigenheiten!« entgegnet er höflich, aber nicht sehr ermutigend.

»Augenscheinlich macht Ihnen Ihr Kopf zu schaffen!«

»Der Kopf ist die Ursache allen Übels!« Er hüllt sich in Rätselhaftigkeit.

»Wie selig sind da doch wir Hohlköpfe!« lache ich.

»Machen Sie sich nicht so schlecht! Sie sind doch der Mittelpunkt unermüdlicher Aktivitäten!«

»Ach, wirklich?«

»Ich meine Ihre politischen Aktivitäten, Ihre revolutionären Gedanken… Ihre Liebesabenteuer!«

Das letzte empfinde ich als Schlag vor den Kopf, der aber durch meine Betrunkenheit gemildert wird. Mir wird jedoch klar, daß er mich nicht gerade willkommen heißt, daß er niemanden willkommen heißen würde. So schüttle ich ihm die Hand und gehe.

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Als Zuchra in mein Zimmer tritt, um mir den Tee zu bringen, löse ich mich aus meinen Gedanken und Plänen, und mein Herz öffnet sich für die wirkliche Liebe, nur für sie. Aber ihr Gesicht ist hart, wie versteinert, und bleich vor Zorn. Ihr Blick, unbeweglich, finster, feindselig, schrecklich, erfüllt mich mit Unruhe und Hoffnungslosigkeit.

Mitfühlend stelle ich fest: »Zuchra, du bist anders als sonst!«

Sie entgegnet zornig und aggressiv: »Wenn Gottes Weisheit nicht unbegreiflich wäre für unseren Verstand, so würde ich nicht mehr an ihn glauben!«

Unruhe befällt mich. »Gibt es neuen Kummer, zusätzlich zu unseren Sorgen, mit denen wir nicht fertig werden?« frage ich sie.