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Um sich zu vergewissern, daß die Angebote des Menüs das waren, was sie zu sein schienen, und nicht Kodes für andere Informationen, drückte er den Buchstaben F, um Daten über verurteilte Kriminelle zu erhalten, die im County lebten. Es folgte ein weiteres Menü, das ihm zehn Möglichkeiten bot:    MORD, TOTSCHLAG, VERGEWALTIGUNG,

SEXUALDELIKTE, ÜBERFALL UND GEWALTANWENDUNG, BEWAFFNETER RAUBÜBERFALL, EINBRUCH, EINBRUCH UND HAUSFRIEDENSBRUCH, ANDERE DIEBSTÄHLE, VERSCHIEDENE KAVALIERSDELIKTE.

Er rief die Datei über Mörder ab und erfuhr, daß drei verurteilte Mörder - die alle das Mordes ersten oder zweiten Grades für schuldig befunden worden waren - heute als freie Männer im County lebten, nachdem sie alle zwischen zwölf und vierzig Jahre ihrer Strafe abgesessen hatten und wegen guter Führung entlassen worden waren. Ihre Namen, Adressen und Telefonnummern erschienen auf dem Bildschirm zusammen mit den Namen ihrer Opfer, kurzen Zusammenfassungen der Verbrechen und den Daten ihrer Inhaftierung; keiner wohnte auf der Gemarkung von Moonlight Cove.

Sam sah von dem Bildschirm auf und über den Parkplatz. Er war immer noch verlassen. Der allgegenwärtige Nebel war jetzt mit dichteren Schwaden durchsetzt, die wie Flaggen wehten, als sie am Auto vorübertrieben, und ihm war fast, als säße er in einem Unterseeboot im Meer und würde lange Tangfäden betrachten, die in unterirdischen Strömungen schwebten.

Er kehrte zum Hauptmenü zurück und verlangte die Rubrik C. ANZEIGENTAFEL. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eine Sammlung von Nachrichten, die Watkins und seine Männer füreinander hinterlassen hatten, in denen es sich manchmal um dienstliche und manchmal um private Dinge handelte. Die meisten waren in so geheimnisvollen Abkürzungen geschrieben, daß Sam sie nicht entziffern konnte oder sie nicht der Mühe für wert erachtete.

Er versuchte Rubrik D auf dem Hauptmenü, AUSSENSY-STEM-MODEM, und bekam eine Liste von nationalen Computern, in die er sich mit dem Telefonmodem im Rathaus einschalten konnte. Die möglichen Verbindungen des Reviers waren erstaunlich: Los ANGELES PR (für Polizeirevier), SAN FRANCISCO PR, SAN DIEGO PR, DENVER PR, HOUSTON PR, DALLAS PR, PHOENIX PR, CHICAGO PR, MIAMI PR, NEW YORK CITY PR und eine ganze Reihe anderer Großstädte; KRAFTFAHRZEUGBEHÖRDE    VON    KALIFORNIEN,

GEFÄNGNISHAUPTVERWALTUNG, AUTOBAHNPOLIZEI und zahlreiche    andere    staatliche    Behörden

mit nicht so offensichtlichen Beziehungen zur Polizeiarbeit; PERSONALAKTEN U.S. ARMY, PERSONALAKTEN MARINE, LUFTWAFFE, FBI VERBRECHERKARTEI, FBI LVUS (Lokales Verbrechensbekämpfungs-Unterstützungssystem, ein ziemlich neues Programm des Bureau); sogar das New Yorker Büro von INTERPOL, durch das die internationale Organisation Zugang zum zentralen Datenspeicher in Europa hatte.

Was, zum Teufel, wollte eine kleine Polizeitruppe im ländlichen Kalifornien mit diesen vielen Informationsquellen anfangen?

Und es waren noch mehr: Daten, zu denen nicht einmal voll computerisierte Polizeireviere in Städten wie Los Angeles leicht Zugang hatten. Manches war Material, zu dem die Polizei von Gesetzes wegen nur mit richterlicher Anordnung Zugang hatte, etwa die Datenspeicher von TRW, der Kreditüberwachungsagentur des Landes. Daß die Polizei von Moonlight Cove Zugang zur Datenbank von TRW hatte, mußte selbst vor TRW geheimgehalten worden sein, denn die Agentur hätte einem Zugriff in ihre Dateien ohne gerichtliche Verfügung niemals zugestimmt. Das System bot auch Zugang zu den Datenbänken des CIA in Virginia, die angeblich vor jedem Computerzugriff geschützt waren

- abgesehen von den internen Computern - und zu bestimmten FBI-Dateien, die man ebenfalls für unzugänglich hielt.

Sam zog sich erschüttert aus dem AUSSENSYSTEM-MODEM ins Hauptmenü zurück.

Er sah über den Parkplatz und dachte nach.

Als Morris Stein ihn vor ein paar Tagen unterwiesen hatte, hatte er angedeutet, die Polizei von Moonlight Cove könnte in Drogenschiebereien verwickelt sein, und daß die Großzügigkeit von New Wave, was Computersysteme anbelangte, auf eine Mitwisserschaft bestimmter Angestellter der Firma hinzudeuten schien. Aber das Bureau interessierte sich auch für die Möglichkeit, daß New Wave illegal High-Tech-Syste-me an die Sowjets verkaufte und die Polizei von Moonlight Cove gekauft hatte, weil die Firma durch diese Kontakte zur Polizei zum frühestmöglichen Zeitpunkt von möglichen bevorstehenden Untersuchungen des FBI erfahren könnte. Das erklärte natürlich nicht die jüngsten Todesfälle, aber mit irgendeiner Theorie mußten sie ja anfangen.

Jetzt war Sam bereit, beide Vorstellungen, daß New Wave Geschäfte mit den Sowjets machte und daß einige Angestellte im Drogenhandel tätig waren, über Bord zu werfen. Das umfangreiche Netz von Datenbänken, das sich die Polizei durch das Modem zugänglich gemacht hatte - einhundert-undzwölf standen auf der Liste! - überstieg alles, was sie entweder für Drogenschmuggel oder das Aufspüren möglicher FBI-Ermittlungen wegen Kontakten zu den Sowjets bei New Wave gebrauchen könnten.

Sie hatten sich ein Informationsnetz aufgebaut, das den Erfordernissen einer ganzen Staatsregierung genügt hätte -noch genauer, denen einer kleinen Nation. Einer kleinen, feindlichen Nation. Dieses Datennetz war dazu entworfen, seinen Besitzer mit großer Macht auszustatten. Es schien, als wäre diese malerische kleine Küstenstadt in den Händen eines größenwahnsinnigen Irren, dessen Wahn es war, sich ein kleines Königreich erschaffen zu können, von dem aus er dereinst weite Gebiete erobern würde.

Heute Moonlight Cove, morgen die Welt.

»Was, zum Teufel, treiben die hier?« überlegte Sam laut.

29

Tessa hatte sich sicher in ihr Zimmer im Cove Lodge eingeschlossen - und trug fürs Bett ein hellgelbes Höschen und ein T-Shirt, auf dem das grinsende Gesicht von Kermit dem Frosch zu sehen war -, trank Diet Coke und versuchte, eine Wiederholung der Tonight-Show anzusehen, konnte sich aber nicht für die Gespräche erwärmen, die Johnny Carson mit einer geistlosen Schauspielerin, einem geistlosen Sänger einem geistlosen Komiker führte. Diätunterhaltungen zum Diät-Coke.

Je mehr Zeit nach ihrem beunruhigenden Erlebnis in den Fluren und Treppenhäusern des Hotels verstrich, desto mehr fragte sie sich, ob sie sich tatsächlich nur eingebildet hatte, daß sie verfolgt worden sei. Immerhin wurde sie von Janices Tod abgelenkt, weil sie der Meinung war, es wäre Mord und nicht Selbstmord. Und sie hatte immer noch Magenbeschwerden von dem Chesseburger, den sie zum Abendessen gehabt hatte und der so fettig gewesen war, daß er, samt Brötchen und allem, in ranzigem Yakfett hätte gebraten worden sein können. Tessa sah die Phantome, die ihr Angst gemacht hatten, mittlerweile so, wie Scrooge Marleys Geist zuerst gesehen hatte: Vielleicht waren sie nichts anderes als ein unverdautes Stück Fleisch, ein Klecks Senf, ein Krümel Käse oder eine nicht richtig gar gekochte Kartoffel gewesen. Während Carsons derzeitiger Gast von einem Wochenende erzählte, das er anläßlich eines Kunstfestivals in Havanna mit Fidel Castro - »ein toller Bursche, ein komischer Bursche, ein leidenschaftlicher Bursche« - verbracht hatte, stand Tessa vom Bett auf und ging ins Bad, um sich das Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen. Als sie die Zahnpasta auf die Bürste drückte, hörte sie, wie jemand am Griff der Tür drehte.

Das kleine Bad grenzte an das ebenso kleine Foyer an. Als sie zur Schwelle trat, war sie nur wenige Schritte von der Tür zum Flur entfernt, nahe genug, um zu sehen, wie der Knauf hin und her gedreht wurde. Jemand versuchte, das Schloß zu öffnen, und das nicht einmal besonders vorsichtig. Der Knauf klickte und rasselte, die Tür pochte gegen den Rahmen.

Sie ließ die Zahnbürste fallen und lief zum Telefon auf dem Nachttisch.

Kein Freizeichen.

Sie drückte die Gabel nieder und dann den Knopf O für die Zentrale - Operator -, aber nichts geschah. Die Telefonzentrale des Motels war abgeschaltet. Die Leitung war tot.