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ZEIT DES ANRUFS:

19.31 UHR, MONTAG,

13. OKTOBER.

Wenigstens hatten sie keine minütliche oder auch nur stündliche Überwachung bei der Telefongesellschaft. Ihr Computer durchsuchte deren Aufzeichnungen offenbar nach einem programmierten Plan, vielleicht alle sechs oder acht Stunden. Sonst hätten sie schon kurz nach seinem Anruf bei Scott an diesem Abend nach ihm zu suchen angefangen.

Nach der Legende ANRUF AN folgte seine Telefonnummer, dann sein Name und die Adresse in Sherman Oaks. Gefolgt von:

ANRUF GETÄTIGT VON:

SAMUEL H. BOOKER.

ZAHLUNGSMITTEL:

TELEFONKREDITKARTE

ART DER KARTE:

AUF FIRMENKONTO.

ANSCHRIFT DER FIRMA:

FEDERAL BUREAU OF INVESTIGATION,

WASHINGTON, D. C.

Sie würden die Motels des gesamten County durchsuchen, aber da er im einzigen Motel in Moonlight Cove selbst abgestiegen war, würde es eine kurze Suche werden. Er fragte sich, ob er noch Zeit hätte, ins Cove Lodge zurückzukehren, sein Auto zu holen, nach Aberdeen Wells, die nächste Stadt, zu fahren und dort das Büro des FBI in San Francisco von einer nicht überwachten Telefonzelle aus anzurufen. Er hatte genügend herausgefunden, um zu wissen, daß hier etwas verdammt Seltsames vor sich ging, das ausreichte, ein Eingreifen des FBI und eine ausführliche Ermittlung einzuleiten.

Aber die nächsten Worte, die auf dem Bildschirm aufleuchteten, überzeugten ihn davon, daß er geschnappt werden würde, ehe er die Stadt verlassen könnte, wenn er ins Cove Lodge zurückkehrte und sein Auto holte. Und wenn sie ihn in die Finger bekämen, würde er vielleicht zu einer weiteren Zahl in ihrer häßlichen Unfalltodstatistik.

Sie kannten seine Adresse, daher war Scott möglicherweise auch in Gefahr - nicht gleich, nicht in Los Angeles, aber vielleicht morgen.

DIALOGWIEDERGABE

WATKINS: SHOLNICK, SIND SIE EINGESCHALTET?

SHOLNICK: HIER.

WATKINS: VERSUCHEN SIE ES IM COVE LODGE.

SHOLNICK: SCHON UNTERWEGS.

Ein Beamter namens Sholnick war schon unterwegs, um herauszufinden, ob Sam sich als Gast im Cove Lodge eingetragen hatte. Seine Tarnung, die Sam dem Portier erzählt hatte -daß er ein erfolgreicher Börsenmakler war, der sich überlegte, ob er in dieser oder einer anderen Küstenstadt seinen vorzeitigen Ruhestand verbringen wollte - war aufgeflogen.

WATKINS: PETERSON?

PETERSON: HIER.

Sie mußten ihre Namen wahrscheinlich nicht eintippen. Die Konsole jedes Mannes würde ihn beim Hauptcomputer ausweisen, der dann den Namen automatisch vor den getippten Input stellte. Sauber, schnell, leicht zu handhaben.

WATKINS: UNTERSTÜTZEN SIE SHOLNICK.

PETERSON: GUT.

WATKINS: NICHT TÖTEN, BEVOR WIR IHN VERHÖRT HABEN.

In ganz Moonligt Cove unterhielten sich Polizisten über Computer miteinander, und nicht per Funk, wo man sie leicht hätte abhören können. Obwohl Sam sie ohne ihr Wis -sen belauschen konnte, hatte er den Eindruck, als wäre er gegen einen tüchtigen Gegner angetreten, der fast so allmächtig wie Gott war.

WATKINS: DANBERRY?

DANBERRY: HIER. HQ.

WATKINS: OCEAN AVENUE-ZUBRINGER ZUR AUTOBAHN SPERREN.

DANBERRY: ALLES KLAR.

WATKINS: WAS IST MIT DEM MÄDCHEN DER FOSTERS?

Sam war verblüffte, Shaddacks Namen auf dem Bildschirm zu sehen. Das Alarm hatte offenbar seinen Computer zu Hause aktiviert und möglicherweise auch einen akustischen Alarm ausgelöst und ihn geweckt.

WATKINS: NOCH AUF FREIEM FUSS.

SHADDACK: DÜRFEN NICHT RISKIEREN, DASS BOOKER SIE FINDET.

WATKINS: HABE WACHEN UM DIE GANZE STADT AUFGESTELLT. DIE WERDEN SIE ERWISCHEN, WENN SIE KOMMT.

SHADDACK: SIE HAT ZUVIEL GESEHEN.

Sam hatte in Zeitschriften und Zeitungen über Thomas Shaddack gelesen. Der Mann war eine Berühmtheit, das Computergenie des Jahrhunderts, und außerdem sah er irgendwie zwielichtig aus.

Da ihn dieser enthüllende Dialog so sehr fasziniert hatte, weil er den berühmten Mann und seine gekaufte Polizeitruppe belastete, war Sam die wahre Bedeutung des Gesprächs zwischen Chief Watkins und Danberry nicht sofort aufgegangen: Danberry... Hier. HQ... Ocean-Zubringer zur Autobahn sperren... Alles klar. Jetzt wurde ihm klar, daß Officer Danberry im Hauptquartier war, HQ, und das war das Rathaus, was bedeutete, er würde jeden Augenblick zur Hintertür herauskommen und zu einem der Streifenwagen laufen.

»Oh, Scheiße.« Sam ergriff die Zünddrähte und zog sie auseinander.

Der Motor hustete und ging aus, der Bildschirm wurde dunkel.

Einen Sekundenbruchteil später riß Danberry die Hintertür des Rathauses auf und stürmte auf den Parkplatz.

34

Als die Schreie aufhörten, erwachte Tessa aus ihrer Trance des Entsetzens und lief schnurstracks zum Telefon. Die Leitung war immer noch tot.

Wo war Quinn? Das Büro des Motels war um diese Zeit geschlossen, aber hatte der Manager nicht ein angrenzendes Apartment? Er würde auf den Lärm reagieren. Oder gehörte er zu der wilden Meute im Flur?

Sie hatten eine Tür aufgebrochen. Sie konnten auch ihre aufbrechen.

Sie nahm einen der Lehnstühle vom Tisch am Fenster, eilte damit zur Tür, kippte ihn und klemmte ihn unter den Türknauf.

Sie glaubte nicht mehr, daß sie deshalb hinter ihr her waren, weil sie Janices Schwester war und die Wahrheit aufdecken wollte. Diese Erklärung paßte nicht zum Angriff auf die anderen Gäste, die nichts mit Janice zu tun hatten. Es war verrückt. Sie begriff nicht, was vor sich ging, aber sie verstand die Bedeutung dessen, was sie gehört hatte, nur zu genau: Ein psychopathischer Killer - nein, mehrere, wie man dem Lärm entnehmen konnte, den sie gemacht hatten, ein bizarrer Kult wie die Manson-Family oder noch schlimmer -streifte durch das Motel. Sie hatten bereits zwei Menschen getötet, und sie konnten sie auch töten, und zwar offenbar ausschließlich aus Spaß an der Freude. Sie kam sich vor wie in einem Alptraum.

Sie rechnete damit, daß die Wände sich durchbiegen und auf die amorphe Weise von Orten in Alpträumen zerfließen würden, aber sie blieben fest, starr und die Farben der Gegenstände waren so leuchtend und klar, daß dies unmöglich ein Alptraum sein konnte.

Sie zog sich hektisch Socken und Schuhe an, weil es sie nervös machte, barfuß zu sein, wie sie sich zuvor in ihrer Nackheit verwundbar gefühlt hatte - als könnte der Tod durch korrekte Kleidung ferngehalten werden.

Sie hörte die Stimmen wieder. Aber nicht mehr am Ende des Flurs. Näher bei ihrer eigenen Zimmertür. Sie kamen näher. Sie wünschte sich, die Tür hätte einen Spion gehabt, durch den sie nach draußen sehen konnte, aber es gab keinen.

Zwischen Tür und Schwelle klaffte jedoch ein zwei Zentimeter breiter Schlitz, daher ließ sich Tessa zu Boden sinken, drückte das Gesicht gegen den Teppich und blinzelte auf den Flur hinaus. Aus dieser Perspektive sah sie etwas so schnell an ihrem Zimmer vorbeihuschen, daß sie es nicht deutlich erkennen konnte, aber sie sah seine Füße, und das veränderte ihre Perspektive der Geschehnisse nachdrücklich. Dies war kein Beispiel menschlicher Mordlust, wie sie schon einmal eines in Nordirland erlebt hatte - und dem sie beinahe zum Opfer gefallen wäre. Dies war statt dessen eine Begegnung mit dem Unbekannten, ein Riß in der Wirklichkeit, ein plötzliches Überwechseln aus der normalen Welt ins Unglaubliche. Es waren ledrige, dunkelhäutige, haarige Füße, breit und flach und verblüffend lang, mit Zehen, die so vorspringend und gelenkig waren, daß sie beinahe die Funkhon von Fingern zu haben schienen.

Etwas stieß gegen ihre Tür. Fest.

Tessa sprang auf und aus dem Foyer hinaus.

Irre Stimmen ertönten auf dem Flur: dieselbe unheimliche Mischung von schrillen Tierlauten, dazwischen atemlos hervorgestoßene gesprochene, jedoch weitgehend zusammenhanglose Worte.

Sie ging ums Bett herum zum Fenster, löste den Riegel und schob den beweglichen Flügel zur Seite.