Выбрать главу

»Die kamen von selbst«, sagte Gawyn. »Hauptsächlich Bauern. Es ist kein richtiges Heer; die wenigsten haben Schwerter. Stattdessen Mistgabeln, Beile, Kampfstäbe. Ich nehme an, dass al’Thor sie geschickt hat. Sie trafen gestern ein.«

»Merkwürdig«, sinnierte Egwene. Es schien ein zusammengewürfelter Haufen zu sein, dessen Zelte nicht zusammenpassten und der nicht viel darüber zu wissen schien, wie man ein Heerlager errichtete. Aber es mussten mindestens zehntausend Menschen sein. »Ein paar Kundschafter sollen sie im Auge behalten.«

Gawyn nickte.

Egwene drehte sich um, und ihr Blick fiel auf eine Prozession, die in der Nähe durch mehrere Wegetore kam und ihr Lager aufschlug. Der Löwe von Andor flatterte hoch über ihnen, und die Soldaten marschierten in ordentlichen Reihen. Eine Gruppe in Rot und Weiß hatte sie verlassen und marschierte mit dem Banner der Königin auf Egwenes Lager zu.

Gawyn begleitete Egwene über das vergilbte Gras, um Elayne zu empfangen. Die andoranische Königin hatte sich wirklich Zeit gelassen. Bis zu dem von Rand genannten Datum war es nur noch ein Tag. Aber sie war gekommen, genau wie die anderen. Aiel hatten Darlin von Tear begleitet, und Egwene hatte ihn ausreichend motiviert, ein großes Kontingent Illianer mitzubringen, die auf der Westseite lagerten.

Berichten zufolge gehörten die Cairhiener jetzt zu Elayne, und sie kamen zusammen mit den Andoranern und einer großen Anzahl von Männern der Bande der Roten Hand. Egwene hatte eine Frau mit einem Angebot zum Schnellen Reisen zu König Roedran von Murandy geschickt, aber sie war sich nicht sicher, ob er kam. Doch selbst ohne ihn war eine beträchtliche Zahl der Nationen der Welt hier versammelt, vor allem seit man in Perrins Heer die Flaggen von Ghealdan und Mayene wehen sehen konnte. Sie würde die beiden Herrscher ins Gebet nehmen und sehen müssen, ob man sie auf ihre Seite ziehen konnte. Aber selbst wenn das erfolglos blieb, hatte sie sicherlich genug Leute um sich geschart, um Rand zu überzeugen, seine Pläne zu ändern. Mochte das Licht dafür sorgen, dass es ausreichte. Sie wollte nicht daran denken, was geschehen würde, wenn er sie zu handeln zwang.

Sie ging den Pfad entlang und erwiderte den Gruß der Schwestern, die ihr zunickten, der Aufgenommenen, die einen Knicks machten, der Soldaten, die salutierten, und der Diener, die sich verneigten. Rand würde …

»Das kann nicht sein«, stieß Gawyn hervor und erstarrte.

»Gawyn?«, sagte sie stirnrunzelnd. »Bist du …«

Er rannte einfach los. Egwene schaute ihm unzufrieden hinterher. Er hatte noch immer eine impulsive Ader. Warum war er plötzlich so aufgebracht? Es war keine Sorge; das konnte sie fühlen. Es war Verwirrung. Sie eilte ihm so schnell hinterher, wie es ihre Stellung erlaubte. Elaynes Abordnung war auf dem toten Gras stehen geblieben.

Gawyn lag vor jemandem auf den Knien. Eine ältere Frau mit rotblonden Haaren, die neben einer lächelnden Elayne stand, die noch immer auf ihrem Pferd saß.

Ah, dachte Egwene. Ihre Spione hatten erst am vergangenen Abend die Nachricht über dieses Gerücht gebracht, aber sie hatte eine Bestätigung haben wollen, bevor sie mit Gawyn darüber sprach.

Morgase Trakand lebte.

Egwene blieb erst einmal stehen. Sobald sie den nächsten Schritt machte, würde Elayne ihren Ring küssen und die ganze Abordnung sich verbeugen müssen. Das würde Gawyn den Augenblick verderben. Während sie wartete, wurden die Wolken am Himmel dünner.

Plötzlich rissen sie auf, die dunklen Gewitterwolken zogen sich zurück. Der Himmel wurde zu einem offenen blauen Feld, rein und unendlich. Elayne öffnete weit die Augen und drehte sich auf ihrem Pferd um, schaute zu Perrins Teil des Lagers.

Er kommt, dachte Egwene. Und die Ruhe ist da. Der kurze Augenblick des Friedens vor dem zerstörerischen Sturm.

»Versucht es, Emarin «, sagte Androl, der zusammen mit einer kleinen Gruppe an der Grenze zum Gelände der Schwarzen Burg in einem kleinen Hain stand.

Der Adlige konzentrierte sich und hielt die Eine Macht. Um ihn herum bildeten sich Gewebe. Er war erstaunlich geschickt, wenn man die kurze Zeit bedachte, die er das tat. Fachkundig erschuf er das Gewebe für ein Wegetor.

Aber statt ein Loch in der Luft zu öffnen, löste sich das Gewebe auf und verschwand. Mit schweißüberströmtem Gesicht wandte sich Emarin den anderen zu. »Diese Gewebe zu weben schien schwieriger als sonst«, sagte er.

»Warum funktionieren sie nicht?«, fragte Evin. Das jugendliche Gesicht des Mannes war vor Zorn gerötet – als wäre das Problem mit den Wegetoren eine Beleidigung.

Androl schüttelte mit verschränkten Armen den Kopf. Die Bäume raschelten, und die Blätter zitterten, viele fielen zu Boden. Braun, als wäre es Herbst. Das flößte ihm Unbehagen ein. Während seiner Reisen hatte er eine Weile Felder bestellt und das Gespür eines Bauern für das Land erworben, ob etwas richtig oder falsch war.

»Versucht es noch einmal, Androl«, sagte Evin. »Ihr seid doch immer so gut mit Wegetoren.«

Er sah die anderen drei Männer an. Canler zeigte ein tiefes Stirnrunzeln. Natürlich runzelte der andoranische Bauer meistens die Stirn wegen diesem oder jenem.

Androl schloss die Augen, entledigte sich sämtlicher Leidenschaften und umarmte das Nichts. Dort leuchtete Saidin, Leben und Macht. Er ergriff es und trank es. Als er die Augen aufschlug, war die Welt viel lebendiger. Konnten tote Pflanzen zugleich kränklich aussehen und vor Leben sprühen? Ein seltsames Nebeneinander, das Saidin ermöglichte.

Er konzentrierte sich. Wegetore zu erschaffen fiel ihm so viel leichter als andere Gewebe; er hatte nie begriffen, warum das eigentlich so war. Auch wenn er mit Machtlenken nicht einmal einen kleinen Stein zersprengen konnte, vermochte er dennoch ein Wegetor zu erschaffen, das groß genug für ein Wagengespann war. Logain hatte das als beeindruckend bezeichnet; Taim hatte es unmöglich genannt.

Dieses Mal drängte Androl die ganze Macht, über die er verfügte, in sein Gewebe. Er verstand Wegetore. Sie ergaben einen Sinn. Vielleicht war es ja die ihm angeborene Vorliebe für das Reisen, neue Orte und neue Künste zu entdecken.

Die Gewebe kamen zusammen. Er bemerkte nichts von den Problemen, die Emarin erwähnt hatte. Aber als sich der vertraute Lichtbalken hätte bilden sollen, löste sich das Gewebe auf. Androl versuchte es zusammenzuhalten, es zusammenzuziehen. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als würde es funktionieren. Dann entglitten die Stränge seinem Griff und lösten sich auf. Das Wegetor bildete sich nicht.

»Alle anderen Gewebe, die ich ausprobierte, funktionierten«, sagte Evin und erschuf eine Lichtkugel. »Jedes einzelne.«

»Nur Wegetore«, sagte Canler mit einem Grunzen.

»Es ist, als würde…«, meinte Emarin. »Als wollte uns etwas hier festhalten. In der Schwarzen Burg.«

»Versucht es an anderen Stellen innerhalb der Grenze«, sagte Androl. »Aber lasst euch nach Möglichkeit dabei nicht von Taims Gefolgsleuten sehen. Tut so, als würdet ihr alles überprüfen, so wie es Taim befahl.«

Die Männer nickten, dann gingen die drei nach Osten. Androl verließ den Hain. Norley stand am Straßenrand und hielt nach ihm Ausschau. Der kleine Cairhiener mit dem dicken Bauch winkte und kam näher. Androl traf ihn auf halbem Weg. Norley hatte ein offenes, einladendes Lächeln. Niemand kam je auf die Idee, er könnte sie aushorchen, was sich Androl zunutze gemacht hatte.

»Habt Ihr mit Mezar gesprochen?«, fragte Androl.

»Aber sicher«, erwiderte Norley. »Habe mit ihm zu Mittag gegessen.« Norley winkte Mishraile zu, als sie an ihm vorbeigingen; er beaufsichtigte eine Gruppe Soldaten, die ihre Gewebe übten. Der blonde Mann wandte sich abschätzig ab.

»Und?«, wollte Androl angespannt wissen.

»Er ist nicht Mezar«, sagte Norley. »Oh, es hat Mezars Gesicht, das schon. Aber er ist es nicht. Ich kann es in seinen Augen lesen. Das Problem ist nur, was auch immer dieses Ding ist, es hat Mezars Erinnerungen. Spricht genau wie er. Aber das Lächeln ist falsch. Ganz falsch.«