»Als ich mit den Karotten fertig war, hörte ich ein Gescharre und Gestampfe in der Nähe, also ging ich hin, um zu sehen, was da los war. Und im Straßengraben war ein ganzer Haufen von Igeln, und die stritten sich, wer stachliger wäre. Ich erklärte ihnen, daß ich das sei, und da stürzten sie alle auf mich zu und blökten vor Wut wie eine Schafherde. Ich rannte weg, so schnell ich konnte, aber sie hätten mich trotzdem gekriegt, wenn ich nicht plötzlich meinen Kopf in einer Pfütze gesehen hätte. Schnell setzte ich mir den Kopf auf und sah die Igel richtig grimmig an, und da kugelten sie alle übereinander, um bloß schnell wegzukommen. Ich aber ließ sie gehen und setzte mich, um zu rasten.
Aber was glaubt ihr? Ich hatte gerade zweieinhalbmal Luft geholt, fliegt da doch Kehaar mit drei Kameraden herunter, und alle fragen sie, wo sie sich befänden und was mit Bigwig geschehen sei. Ich hab' ihnen erzählt, Bigwig sei dabei, auf einen Baum zu klettern, um der Hitze zu entgehen, aber da kamen sie alle her und setzten sich im Kreis um mich und fragten, ob ich auch wirklich die Wahrheit sagte. Also, da wurde ich richtig sauer und machte ihnen klar, daß ich in meinem ganzen Leben noch nie die Wahrheit gesagt hätte.
Ich wollte weg von ihnen, zog mich an meinen Ohren hoch und kletterte auf einen Salatbaum direkt hinter mir. Ich versteckte mich hinter den Salatblättern und wartete, bis die Möwen endlich weggeflogen waren. Dann fraß ich jeden Salat, den ich finden konnte, und dazu noch drei, die ich nicht finden konnte, einfach um sicher zu sein.
Ich kletterte dann runter, fühlte mich richtig schön schwer, und da war ein wunderschöner Fluß mit klarem Wasser, der floß an einem Beet von Rosen und Krokussen vorbei. Ich pflückte mir also einen hübschen gelben Krokus, sprang hinein, setzte mich, und nun glitt ich übers Wasser, unbekümmert und gutgelaunt, aber da fiel mir ein, daß ich ja eigentlich mein Fell kühlen wollte.
Es war nicht mehr weit bis zur Kühlkammer, also rammte ich meinen Krokus in den Uferhang, sagte ihm, er solle warten, bis ich zurückkomme, und rannte übers Feld. Da grasten zwei Pferde, ein grünes und ein himmelblaues, und ich fragte das grüne, ob es wohl so gut sei, mich auf ihm zur Kühlkammer reiten zu lassen, und das himmelblaue sagte, nichts sei ihm lieber, und weg waren wir.«
In diesem Augenblick bekam Hawkbit einen Hustenanfall, aber einige Wörter konnte man dennoch verstehen: »Quatsch« ... »also so was« ... »himmelblaues Pferd.« Speedwell wartete höflich, bis der Hustenanfall vorüber war, und fragte dann: »Wo war ich stehengeblieben? Ach so, ja.
Das war wirklich ein wundervoller Anblick, ich da auf dem himmelblauen Pferd. Alle schwarzen und gelben und grünen Finken weit und breit kamen herbei, um das zu sehen. Und schwuppdiwupp, waren wir schon bei der Kühlkammer, und ich bat mein himmelblaues Roß, draußen zu warten.
In der Kühlkammer war es wunderbar, und ich fühlte mich sofort besser. Sobald ich das ganze Eis aus meinem Fell bekommen hatte, ging ich hinaus - und was sehe ich da? Sitzen doch da der Fuchs und der Dachs und reden miteinander und sagen die scheußlichsten Sachen, die ihnen einfallen - über mich!
Na, die hob ich hoch und knallte ihre Köpfe gegeneinander, und das hörte sich an wie ein Kuckuck im April. Dann sprang ich wieder auf mein himmelblaues Pferd, und wir galoppierten fort. >Wohin, Meister?< fragte das Pferd. >Nun<, erwiderte ich, >wir sollten mal nach meinem gelben Krokusboot im Fluß sehen, wenn's nicht zu weit ist.<
>Kein Problem, Meister<, sagte mein Pferd. >Sieh mal, wir sind ja schon da.<
Tatsächlich, und ich hatte das nicht gemerkt, weil wir nämlich rückwärts geritten waren, versteht ihr? Da lag nun mein Boot, heil und sicher, das Pferd stieg ein, und ich stieg ein, und wir fuhren stromaufwärts das Tal hinunter. Und da stand auch schon die süße kleine Tochter des Farmers und wartete auf uns am Ufer, und ich nahm sie mit auf meinem himmelblauen Pferd.
Wir kamen zu einer Kaninchenversammlung - Tausende und Abertausende von Kaninchen -, und als sie uns sahen, riefen sie alle: >Den machen wir zu unserem Anführer, unserem König, und Klein-Lucy soll seine Königin sein.<
Also, jetzt waren wir König und Königin der Kaninchen, und Lucy wurde mit Blumen überschüttet und ich mit Löwenzahnblättern. Ich hab' uns dann einen schönen Bau zum Schlafen gegraben, und bis sie einschlief, hab' ich ihr Geschichten erzählt.
Auch mein Pferd ist eingeschlafen, aber dann kam sein Herr, der nach ihm suchte, und der Farmer suchte Lucy. Er hatte ein großes Büschel Heu dabei, damit mein Pferd nicht hungern mußte, und meine Lucy ritt darauf nach Hause zu ihrer Farm, und ich versprach ihr, zu Besuch zu kommen, immer, wenn's regnet. Für sie hat's Honig geregnet und Salatblätter für mich, und wir lebten glücklich und in Freuden wie König und Königin.
Und damit endet meine Geschichte«, sagte Speedwell.
Zweiter Teil
8. Die Geschichte vom Komischen Feld
Aber als die Nacht hereinbrach, wurde ihm allmählich bewußt, daß irgend etwas mit ihm Schritt hielt, und während er darüber nachdachte, vom Seitenweg her auf ihn herabspähte.
M. R. James (Mr. Humphreys and His Inheritance)
Das ist nun eine der vielen Geschichten, sagte Dandelion, die man von El-ahrairah und Rabscuttle erzählt, von ihren Abenteuern auf ihrer langen Heimreise von dem Steinernen Bau des Schwarzen Kaninchens von Inle.
Sie gingen langsam, denn sie waren beide erschöpft und noch schwer erschüttert von dem, was sie durchgemacht hatten. Zum Glück war es schönes Wetter, jeder Tag sonnig und warm.
El-ahrairah machte immer nachmittags ein Schläfchen, während Rabscuttle Wache hielt und aufpaßte, daß keine elil sich näherten. Doch die Tage verliefen friedlich, es gab keinen Alarm, keine plötzlichen Fluchten, und El-ahrairah gewann allmählich seine frühere Kraft und Energie zurück. Die Lerchen sangen oben am Himmel und die Amseln unten in den Büschen, und es sah so aus, als machte Frith der Herr es ihnen leicht, wieder in die geruhsame, natürliche Welt zu kommen, die sie als die ihre betrachteten.
Eines klaren, schönen Abends gegen Sonnenuntergang trotteten die beiden gemütlich über den Hügel und hielten dabei Ausschau nach einem geschützten, sicheren Platz, um zu übernachten. Über den Kamm gekommen, blieben sie stehen, um die Landschaft unten zu betrachten und den besten Weg nach unten auszusuchen.
Es war genau die Art von Gelände, die ihnen vertraut war: grüne Felder - denn es war Frühsommer - und kleine Gehölze mit neuen Blättchen, die in der Sonne schimmerten. Weiter hinten ließ ein Mann ein hrududu knattern. Es war alles wie gewohnt - mit Ausnahme einer merkwürdigen Sache, dergleichen noch keiner von ihnen gesehen hatte.
Nicht weit von einer einsam wirkenden Straße stand ein großes Haus mit rauchlosen Kaminen, Fenstern ohne Glas und eingefallenem Dach. Jedes Kaninchen hätte konstatiert, daß es eine verlassene Ruine war, denn dort zeigte sich kein Mensch. Sie sahen beide den überwucherten, verwahrlosten Garten - die Pfade darin mit Unkraut überwachsen. Hier und da standen einige Schuppen, und El-ahrairah dachte gerade, daß einer davon sicher ein gutes Obdach für die Nacht wäre, aber da fiel ihm noch etwas völlig Ungewöhnliches auf.