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»Das ist mir klar. Ich weiß genausowenig wie du, was wir tun sollen. Aber er muß natürlich etwas fressen. Ich werde bei Dunkelheit selber mit ihm silflay machen, wenn niemand sonst draußen ist. Du gehst zu den anderen zurück und stellst fest, ob welche bereit wären, ihn anzunehmen. Sprich mit Bigwig und auch mit Fiver, wenn du kannst.«

Hyzenthlay ging. Hazel blieb den ganzen Tag bei Stonecrop, der recht erschöpft schien und die meiste Zeit schlief. Keine anderen Kaninchen kamen bei ihm vorbei. Am Abend kehrte Hyzenthlay zurück.

»Schlechte Aussichten, fürchte ich, Hazel-rah«, sagte sie. »Peerton und seine Freunde haben allen von Stonecrop erzählt und gesagt, wenn wir ihn nicht töten, wie es die Überlieferung verlangt, würde großes Unheil über das Gehege kommen. Es ist mir nicht gelungen, außer Vilthuril und Thethuthinnang jemanden zu finden, der mir überhaupt zuhören wollte. Selbst Bigwig hatte seine Zweifel und mochte nicht zugeben, daß du recht gehandelt hast.«

Nach Einbruch der Dunkelheit nahmen die beiden Stonecrop hinaus auf den Down, um silflay zu machen. Er war an Gras nicht gewöhnt und war ohnehin viel zu verängstigt, um viel zu fressen. In vielen Kleinigkeiten, auch in seinem Benehmen, zeigte sich, daß er sich von normalen Wildkaninchen unterschied und sich ganz anders verhielt. Hazel bemerkte es und verzweifelte fast wegen Stonecrop. Wahrscheinlich würde er nie ein Wildkaninchen werden, auch nach Monaten nicht. Dennoch sagte er nichts darüber, sondern bemühte sich nach Kräften, Stonecrop aufzumuntern und ihm die Gewißheit zu geben, daß er jedenfalls zwei Freunde hatte. Sie kamen in Hazels Bau zurück, ohne jemanden getroffen zu haben.

Am nächsten Morgen besuchte sie Fiver, hauptsächlich, wie er sagte, »um sich ein Bild von Stonecrop zu machen«. Er erwähnte den Geruch nicht und hatte eine längere Unterhaltung mit Stonecrop, der ihn offenbar mochte und infolgedessen lebhafter und gesprächiger wurde.

»Was sollen wir denn machen, Fiver?« fragte Hazel, als Fiver es sich neben Stonecrop bequem machte und offensichtlich noch bleiben wollte.

»Keine Ahnung«, sagte Fiver. »Laß mir etwas Zeit, laß mir Zeit, Hazel, du bist immer so ungeduldig.«

»Na, du wärst auch nicht gerade geduldig, wenn du hier sitzen müßtest und spürst, wie es im ganzen Gehege hinter deinem Rücken gärt und schäumt«, sagte Hazel. »Zum ersten Mal spüre ich, daß sie nicht auf meiner Seite sind. Das gefällt mir gar nicht.«

Diesmal leistete ihnen Fiver Gesellschaft, als sie nach Einbruch der Nacht silflay machten. Er hatte offenkundig Stonecrops Vertrauen so weit gewonnen, daß er ihm raten und ihn auf verschiedene Dinge hinweisen konnte, die ihn von Wildkaninchen unterschieden.

»Kopf hoch«, sagte er. »Letzten Sommer haben wir zwei oder drei Kaninchen geholfen, aus ihrem Verschlag zu fliehen, und die haben sich hier sehr gut eingelebt. Allerdings war die Sache damals etwas anders. Wir brauchten dringend Weibchen, wollten sie unter allen Umständen haben, und die rochen längst nicht so stark nach Menschen wie du. Aber das wird schon, keine Angst.« Und danach legte er sich schlafen.

Am nächsten Morgen kam Bigwig unerwartet zu Besuch, prallte aber sofort vor dem Gestank zurück.

»Heilige Mohrrübe! Hazel«, sagte er, »ich hatte ja keine Ahnung, wie penetrant das ist. Wie hältst du das aus?«

»Hoffentlich bist du gekommen, um mir zu raten«, gab Hazel zurück, der sich wirklich freute, ihn zu sehen. »Ich habe dich in den letzten Tagen vermißt.«

»Ich werde dir in der Tat raten«, antwortete Bigwig, »aber mein Rat wird dir nicht gefallen. Hazel-rah, klipp und klar gesagt, du kannst nicht darauf hoffen, daß dieses Kaninchen im Gehege angenommen wird. Das ist völlig ausgeschlossen. Unsere Kaninchen wollen es auf keinen Fall haben, wie immer du ihnen auch zureden willst. Dafür haben Peerton und seine Freunde schon gesorgt. Aber abgesehen von Peerton, sie hätten ihn auch ohnehin nie angenommen. Hazel, das ist doch ein Schlag ins Gesicht der Natur. Ich glaube, nicht einmal El-ahrairah selbst hätte seine Aufnahme durchgesetzt. Ein Kaninchen, das nach Menschen stinkt, muß umgebracht werden, so lautet das Gesetz seit undenklichen Zeiten und überall.«

Hazel sagte nichts, und nach einer Weile fuhr Bigwig fort. »Aber leider ist die Sache noch ernster, Hazel. Tatsache ist, daß deine Position als Leitkaninchen in Frage gestellt wird. Deine Autorität bröckelt immer weiter weg, solange sie dich nicht sehen, solange du dich mit diesem verfluchten Kaninchen hier einsperrst. Was du auch vorhast - vergiß es. Sonst sitzt du ganz tief in der Klemme, noch tiefer als Flyairth. Du kannst es dir einfach nicht leisten, so weiterzumachen. Um unsertwillen, um des Geheges willen, gib es auf! Jetzt!«

Hazel blieb immer noch stumm, und jetzt war es Fiver, der eingriff.

»Ich sag' dir, was zu tun ist, Hazel. Bring Stonecrop zum neuen Gehege und bitte Groundsel, ihn aufzunehmen. Das ist das einzig vernünftige, glaub mir.«

»Das ist doch der reine Unsinn, Fiver«, meinte Bigwig ungeduldig. »Groundsels Kaninchen wollen ihn genausowenig wie unsere.«

»Doch, die wollen ihn«, antwortete Fiver ruhig.

»Aber wieso? Wie kommst du darauf?«

»Ich weiß nicht«, sagte Fiver. »Ich weiß nur eines ganz genau: Wenn Stonecrop zum Gehege von Groundsel gebracht wird, hat er seine Ruhe. Mehr habe ich nicht sehen können.«

»Ach so«, höhnte Bigwig. »Du hast wohl wieder eine Vision gehabt, wie?«

Hazel sprach. »Moment mal, Bigwig. Hast du noch nicht gelernt, Fiver zu vertrauen? Denk an Cowslips Gehege und die Fallen - hat er nicht recht gehabt? Und unser Überfall auf die Farm? Und die Idee, die er mir in den Kopf gesetzt hat, nämlich den Hund auf die Efrafranier zu hetzen? Und Vervain - er hat ihn besiegt, ohne einen Schlag auszuteilen. Fiver, du bist dir in dieser Sache sicher, nicht wahr?«

»Ja, ich bin mir sicher, daß das das einzig Richtige ist, Hazel«, erwiderte Fiver. »Ich kann nicht sehen, wie es ausgeht. Irgendwas Gewaltsames ist da, so kommt's mir vor. Trotzdem, es ist genau das, was wir tun müssen.«

»Mir reicht das«, sagte Hazel. »Wir brechen morgen noch vor der Dämmerung auf, bevor die anderen Kaninchen auf sind. Bigwig, du kommst doch mit, hoffe ich? Mir wäre wohler, wenn ich dich bei mir hätte.«

Bigwig zögerte einen Augenblick. Schließlich sagte er langsam: »Na gut, ich komme mit. Aber Frith helfe dir, Fiver, wenn du nicht recht hast.«

»Hyzenthlay bleibt hier und sagt ihnen morgen, daß wir gegangen sind«, erklärte Hazel. »Ich weiß natürlich nicht, wann wir zurückkommen, aber bis dahin ist sie hier das Leitkaninchen.«

Die drei brachen am nächsten Morgen auf, und bei Sonnenaufgang hatten sie den Watership Down schon weit hinter sich gelassen. Allmählich ließ jedoch ihr Tempo nach, denn Stonecrop war ja, trotz seiner Größe und Stärke, nicht an Märsche dieser Art gewöhnt; so waren sie gezwungen, immer häufiger anzuhalten und Rast zu machen. Bigwig war sehr geduldig und munterte ihn in freundlichster Weise auf. Aber Hazel, der natürlich Bigwig ganz genau kannte, spürte, daß er sich sehr unbehaglich fühlte; ihn beunruhigte die lange Zeit, die sie in freiem Gelände verbrachten, zumal mit einem völlig unerfahrenen Kaninchen, das so wenig von der Lebensweise normaler Kaninchen wußte und auch die unzähligen kleinen Zeichen nicht kannte, mit denen sich Kaninchen, meist unbewußt, auf Reisen untereinander verständigen.

Als sie in der Mittagsglut unter einem dicken Dornbusch rasteten, sagte Stonecrop zu Bigwig: »Ich bin doch etwas darüber erstaunt, wieviel Angst ihr beiden vor diesen ... elil habt, wie ihr sie nennt.«

»Hast wohl noch nie welche getroffen?« fragte Bigwig.

»Nein, aber wenn, dann würde ich doch nicht weglaufen. Dann würde ich kämpfen. Ich kämpfe gegen jeden, der mich töten will.«