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Im vorliegenden Band werden die «Ökonomisch-philosophischen Manuskripte» in einer veränderten Textanordnung dargeboten. Um dem Reifegrad des Manuskripts und der komplizierten Überlieferungslage gerecht zu werden, wird der Text in zwei verschiedenen Anordnungen wiedergegeben (siehe Editorische Hinweise). Diese Edition stützt sich auf eine genaue Analyse der überlieferten Hefte und der von Marx erreichten Ausarbeitungsstufe. Sie ermöglicht es, die Entstehungsphasen, die Erkenntnisfortschritte innerhalb der Niederschrift, die chronologischen und logischen Zusammenhänge, die Beziehungen zu den Exzerptheften sowie die logische Struktur unter neuen Gesichtspunkten zu studieren. Die Neuentzifferung an Hand des Originals führte besonders bei der Wiedergabe der «Vorrede» zu wesentlichen Korrekturen an bisherigen Editionen. Vor allem der Teil Entstehung und Überlieferung bietet neue Erkenntnisse und Überlegungen über die Entstehungszeit, -umstände und -phasen, über die Chronologie der Exzerpte und vorliegender Arbeit sowie über Charakter und Zustand der Originalhandschrift (siehe S. 685 – 709).

Die drei überlieferten Hefte, die den Bestand der «Ökonomisch-philosophischen Manuskripte» ausmachen, widerspiegeln die ersten Ergebnisse und in der Reihenfolge der Hefte zugleich Fortschritte von Marx’ Kritik der bürgerlichen politischen Ökonomie. Dem Heft I ging die Beschäftigung mit der Sayschen Interpretation und Kommentierung der Lehre von Adam Smith sowie die Aneignung wichtiger Erkenntnisse von Smith voraus (MEGA2 IV/2. S. 301 – 327 und 332 – 386). Zwischen dem Heft I und dem Heft II liegen Exzerpte aus John Ramsay MacCulloch und aus Guillaume Prevost, der die Auffassungen der Schule Ricardos zusammenfaßte und kommentierte (MEGA2 IV/2. S. 473 – 484). Marx’ Hinweise auf andere Ökonomen belegen, daß er deren Schriften offensichtlich noch nicht umfassend studiert und exzerpiert hatte. Gedankengut dieser Ökonomen entnahm Marx wahrscheinlich aus Schriften zeitgenössischer Autoren, so u.a. aus der Arbeit von Eugène Buret.

Marx erfaßte unter dem Begriff «Nationalökonomie» die bürgerliche politische Ökonomie, deren Wesensmerkmale und deren Genesis er erklären wollte. Im Heft II und Heft III wird deutlich, wie er auch die Unterschiede zwischen den Ansichten von Smith und Ricardo auszuwerten begann, deren objektive Basis die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise vom Manufakturkapital zum industriellen Kapital war. Die Einschätzungen über Ricardo eignete sich Marx beim Studium von MacCulloch und Prevost an. Die Exzerpte aus Ricardo und Mill (MEGA2 IV/2. S. 392 – 470) sind offensichtlich erst nach der Niederschrift der «Ökonomisch-philosophischen Manuskripte» entstanden und widerspiegeln den Beginn einer neuen Ausarbeitungsstufe.

Marx würdigte bereits 1844, daß die bürgerliche politische Ökonomie wissenschaftliche Verdienste bei der Erforschung der kapitalistischen Produktionsweise erworben hat. Ihre wissenschaftlich wertvollen Elemente konnte er jedoch noch nicht als solche erkennen und aufnehmen. Er unterschied noch nicht zwischen den Vulgärökonomen und den Klassikern der bürgerlichen Ökonomie.

Marx’ proletarische Klassenposition, von der aus er 1844 an die Untersuchung der ökonomischen Verhältnisse herangegangen war, erschloß ihm einen Weg, der den bürgerlichen Ökonomen durch ihre klassenbedingten Erkenntnisgrenzen versperrt blieb. Im Zentrum der Marxschen Analyse stand deshalb auch die Kritik am klassenbedingten Wesen der bürgerlichen politischen Ökonomie. Die Nationalökonomie, so schlußfolgerte Marx, ist das Produkt der Bewegung des Privateigentums, vor allem des industriellen Kapitals oder der modernen Industrie, die «wissenschaftliche Wiederspiegelung» dieser Zustände (S. 451). Sie beschleunigt die Entwicklung des industriellen Kapitals und der modernen Industrie. Die Nationalökonomie faßt den materiellen Prozeß des Privateigentums in allgemeine Gesetze. Sie entdeckt die Gesetze, die die Produktion, die Distribution und die Konsumtion des materiellen Reichtums bestimmen. Die bürgerliche politische Ökonomie zeigt aber weder das Hervorgehen dieser Gesetze aus dem Wesen des Privateigentums noch die Genesis des Privateigentums, verdeutlichte Marx. Sie setzt die Gesetze des Privateigentums als ewige und unwandelbare Naturgesetze voraus. Sie betrachtet das Privateigentum als eine natürliche und ewige Existenzbedingung der materiellen Produktion, ohne die es weder Reichtum noch Fortschritt geben könne.

Dieser Position hielt Marx die Lage der Arbeiterklasse entgegen: «Der Arbeiter wird um so ärmer, je mehr Reichthum er producirt, je mehr seine Production an Macht und Umfang zunimmt. Der Arbeiter wird eine um so wohlfeilere Waare, je mehr Waaren er schafft. Mit der Verwerthung der Sachenwelt, nimmt die Entwertung der Menschenwelt in direktem Verhältniß zu. Die Arbeit producirt nicht nur Waaren; sie producirt sich selbst und d[en] Arbeiter als eine Waare und zwar in dem Verhältniß, in welchem sie überhaupt Waaren producirt.» (S. 235 und 364.) Marx schlußfolgerte, daß das Privateigentum historisch notwendig entstanden ist, aber ebenso historisch notwendig aufgehoben werden muß.

Smith hielt die Arbeit in ihrer allgemeinen Form für die Quelle des Werts. Den Tauschwert bestimmte er als das in den Waren enthaltene Quantum der Arbeit. Der Wert des Produkts wird von der produktiven Arbeit geschaffen, die damit auch die Quelle des Profits und der Grundrente ist. Bei der ersten Verarbeitung dieser Erkenntnisse von Smith stieß Marx auf ein Wesensmerkmal der bürgerlichen politischen Ökonomie, welches er zunächst mit einer Gegenüberstellung der «theoretischen und praktischen Ansprüche der Arbeiter» erfaßte (S. 203 l und 331). Dem Arbeiter gehöre der Theorie nach das ganze Produkt, aber praktisch bekomme er den kleinsten Teil, um als Arbeiter existieren und sich fortpflanzen zu können. Arbeit schafft Kapitalanhäufung, und Kapital ist aufgespeicherte Arbeit – so Smith –, aber der Arbeiter muß sich für ein Lohnminimum verkaufen und wird vom Kapital immer abhängiger. Die Arbeit ist das einzige, wodurch das Naturprodukt vergrößert werden kann, Grundeigentümer und Kapitalisten sind nur konsumierende Klassen, aber praktisch beherrschen Grundeigentümer und Kapitalisten die Arbeiter. Die Arbeitsteilung erhöht die produktive Kraft der Arbeit und den Reichtum, aber die Arbeitsteilung verwandelt den Arbeiter in eine Maschine und verkrüppelt seine Fähigkeiten.

Unter vielfältigen Aspekten würdigte Marx das historische Verdienst der Nationalökonomie, die die Arbeit zu ihrem Prinzip erhob. Das ungelöste Problem blieb, wie Marx feststellte, daß die Nationalökonomie die Arbeit zur Seele ihrer ganzen Wissenschaft machte, dieser Arbeit aber nichts, dem Privateigentum dagegen alles zusprach. Marx legte damit in der bürgerlichen ökonomischen Theorie einen Widerspruch bloß, den er im politischen Bereich bereits bei der Analyse der bürgerlichen Menschenrechte und der Rolle der Bourgeoisie in der bürgerlichen Revolution aufgedeckt hatte. Die bürgerliche Nationalökonomie erhob mit der Kritik am Feudalismus und an den feudalen ökonomischen Theorien den Anspruch auf menschliche und vernünftige Verhältnisse und verkörperte damit allgemeine Interessen. Dieser Anspruch wurde aber illusorisch, indem er sich auf das klassenbedingte Interesse der Kapitalisten bei der Begründung der Grundvoraussetzung der Nationalökonomie, des Privateigentums, reduzierte. Vor allem im Heft II und Heft III legte Marx dar, wie die Schule Ricardos dieses klassenbedingte Interesse offen aussprach. Das Streben der Kapitalisten nach höchstmöglichem Profit und niedrigstem Arbeitslohn erklärte sie ganz folgerichtig aus dem Wesen des Kapitals, als das normale, gesetzmäßige Verhältnis von Kapital und Arbeit. Marx wies nach, daß die bürgerliche Ökonomie nicht die Gesetze der menschlichen Arbeit überhaupt, sondern die Gesetze der entfremdeten Arbeit ausgesprochen hat.