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»Jetzt her mit dem Kuchen«, rief Georg, nachdem der Aufruhr um die Puffer sich etwas gelegt hatte, und dabei zückte er sein großes Messer.

»Da sei Gott vor, junger Herr«, sprach Tante Chloe im Brustton der Überzeugung, »daß Ihr mit dem schweren Messer auf meinen Kuchen losgeht, ihn plattdrückt, daß alles Lockere dahin ist — hier, das alte dünne Messer, das schärfe ich mir eigens nur dafür. Da, seht her, das schneidet leicht — nun laßt es Euch schmecken, Besseres gibt es anderswo nicht.«

»Tom Lincon behauptet« - sagte Georg mit vollen Backen kauend -, »daß ihre Jinny besser kocht als du.«

»Was kümmern uns die Lincons!« sagte Tante Chloe verächtlich, »ich meine, verglichen mit unserer Herrschaft. Sie sind gewiß ganz respektabel, wenn man keine großen Ansprüche stellt, aber von einem vornehmen Stil haben sie keinen Schimmer. Stellt doch nur Mr. Lincon einmal neben Mr. Shelby, Grundgütiger! Und erst Mrs. Lincon, kann sie so hoheitsvoll ins Zimmer rauschen wie unsere Gnädige? Keine Spur! Kommt mir nicht mit den Lincons!«

»Trotzdem hast du manchmal gesagt, Jinny sei eine ganz annehmbare Köchin«, entgegnete Georg.

»Das mag ja sein«, antwortete Tante Chloe. »Eine gute einfache Hausmannskost mag Jinny wohl zuwege bringen. Sie versteht sich aufs Brotbacken, sie kann Kartoffeln kochen, aber schon ihre Maiskuchen sind gar nicht berühmt, und was versteht sie von den feineren Künsten? Gar nichts. Freilich bäckt sie Pasteten, aber wie ist die Kruste? Schmilzt sie einem im Munde, geht der Teig locker auf wie ein Federbett? Ich bin drüben gewesen, als Fräulein Minny heiratete, und da hat Jinny mir ihre Hochzeitskuchen gezeigt. Wir sind nämlich gute Freunde, Jinny und ich. Ich habe ja nichts gesagt, aber hört Ihr bloß auf, junger Herr. Ich hätte ja die ganze Woche in der Nacht kein Auge zugetan, wenn ich solch ein Zeug gebacken hätte. Keinen Pfifferling war das wert.«

»Ich glaube, Jinny war mächtig stolz auf ihr Machwerk«, sagte Georg.

»Ja, nicht wahr? Darum zeigte sie es auch in aller Unschuld. Sie weiß es eben nicht besser. Woher sollte sie auch, bei so einer Familie? Ach, junger Herr, Ihr ahnt ja nicht, wie gut Ihr es habt in Eurer Familie und mit solch einer Erziehung.« Tante Chloe seufzte tief und verdrehte gefühlvoll die Augen.

»Aber ja, Tante Chloe, ich weiß schon, daß ich es gut habe bei all den Puddings und Pasteten«, antwortete Georg. »Frag nur Tom Lincon, ob ich nicht jedesmal radschlage vor Stolz, wenn ich ihn treffe.«

Tante Chloe lehnte sich in ihren Stuhl zurück und brach über diesen Scherz ihres jungen Herrn in ein solch schallendes Gelächter aus, daß ihr die Tränen über die schwarzen, glänzenden Backen kugelten; dabei puffte sie Georg in die Seite, schlug ihm auf die Schulter und versicherte ihm, er sei ein ausgekochter Schlingel, sie müsse sich ja totlachen, eines Tages sei sie sicher tot, wobei sie erneut zu lachen anfing, immer länger, immer herzlicher, so daß Georg es schließlich glaubte, daß er unwiderstehlich sei und mit seinen Witzen wirklich etwas anrichten könne.

»Da hast du es aber dem Tom gegeben? O Gott, was stellt die Jugend alles an! Radgeschlagen hast du? Da lachen ja die Hühner.«

»Ja«, bestätigte Georg. »Ich sagte zu ihm: >Du solltest einmal Tante Chloes Pasteten sehen, die sind die Krone.<«

»Welch ein Jammer, daß Tom sie noch nicht kennt«, sagte Tante Chloe, deren gutmütiges Herz bei dem Gedanken an Toms glanzloses Leben sofort zu schmelzen drohte. »Ihr müßt ihn einfach mal zum Essen mitbringen, junger Herr, da könnt Ihr Euch gefällig zeigen, man darf nicht hochmütig sein, nur weil man mancherlei Vorteile genießt, die uns Gott gegeben hat ohne unser Verdienst«, und Tante Chloe wurde ganz ernst.

»Ich will Tom gern für nächste Woche hierher zum Essen einladen«, erwiderte Georg bereitwillig. »Und du wirst vom Besten auftischen, Tante Chloe, die Augen sollen ihm übergehen. Und dann soll er essen, bis er platzt, nicht wahr?«

»Ja gewiß«, rief Tante Chloe begeistert, »Ihr werdet staunen! O Gott, wenn ich an unsere Festmähler denke, wißt Ihr noch die Hühnerpastete, die ich General Knox zu Ehren buk? Die gnädige Frau und ich haben uns fast gezankt über die Kruste. Ach, ich weiß nicht, was manchmal so in die Damen fährt, immer, wenn man die Hände voll zu tun hat und die ganze Verantwortung auf einem lastet, dann ausgerechnet müssen sie hereinkommen und einem im Wege stehen. Ja also, die gnädige Frau, sie wünschte dies und wünschte das, bis ich schließlich giftig wurde und losfuhr: >Ach, gnädige Frau, betrachten Sie doch einmal Ihre Hände mit den langen Fingern, an denen die Ringe blitzen, wie meine weißen Lilien, wenn der Tau auf ihnen glänzt, und sehen Sie mal meine großen schwarzen und plumpen Hände. Glauben Sie nicht, daß Gott der Herr mich für die Pastetenkruste auserwählte und Sie für den Sa–lon?< Weiß Gott, ich war ganz giftig, junger Herr!«

»Und was hat Mutter geantwortet?« fragte Georg.

»Geantwortet? Ach, sie lachte mit den Augen, mit ihren großen, schönen Augen und sagte dann: >Oh, Tante Chloe, ich glaube, du hast recht.< Und dann ging sie stracks in den Salon. Eigentlich hätte sie mir den Kopf waschen müssen, aber es ist nun mal so, Damen kann ich in der Küche nicht brauchen.«

»Aber mit dem Essen hast du große Ehre eingelegt, ich erinnere mich noch genau, wie alle Leute voll des Lobes waren.«

»Nicht wahr? Ich habe doch hinter der Eßzimmertür gestanden und gesehen, wie der General sich dreimal seinen Teller mit Pastete füllen ließ, und habe gehört, wie er sagte: >Sie müssen eine ausgezeichnete Köchin haben, Mrs. Shelby!< Guter Gott, ich wäre fast vor Stolz geplatzt.«

»Und der General versteht etwas vom Kochen«, fuhr Tante Chloe fort und reckte sich selbstgefällig, »sehr vornehmer Mann, der General. Stammt aus einer der ersten Familien von Altvirginia. Er versteht sich auf die Feinheiten, genau wie ich, der General. Seht Ihr, junger Herr, Pasteten haben auch ihre Feinheiten, aber die wenigsten verstehen sich darauf; der General nun, der kennt sie. Das merkte ich gleich an seinen Reden, ja, ja, der kennt die Feinheiten.«

Inzwischen war der junge Herr an dem Punkt angelangt, an dem selbst Jungen (freilich selten genug) beim besten Willen keinen Krümel mehr essen können. Als er sich aufatmend zurücklehnte, fiel sein Blick auf die wolligen Köpfe und glänzenden Augen, die aus der entgegengesetzten Ecke seiner Mahlzeit mit hungrigem Interesse gefolgt waren.

»Kommt her, ihr zwei, Mose und Peter, ihr wollt auch etwas haben, nicht wahr?« Und damit brach er freigebig große Stücke ab, die er ihnen zuwarf.

»Los, Tante Chloe, backe ihnen frische Puffer.«

Während Georg und Tom sich in die behagliche Kaminecke verzogen, buk Tante Chloe einen ansehnlichen Berg Puffer, nahm dann ihr Baby auf den Schoß und schob abwechselnd ihm und sich die Bissen in den Mund. An Mose und Peter teilte sie auch aus, die schienen aber am liebsten unter dem Tisch zu essen, wobei sie sich auf dem Boden kugelten, einander in den Haaren zausten und zuweilen das Baby an den Füßchen kitzelten.

»Macht, daß ihr weiterkommt«, schalt die Mutter, aufs Geratewohl unter den Tisch tretend, wenn der Trubel gar zu sehr überhand nahm. »Könnt ihr euch nicht benehmen, wenn weiße Herrschaften zu Besuch da sind? Nun hört auf, verstanden! Nehmt euch in acht, sonst faß ich euch ein Knopfloch tiefer, wenn der junge Herr weg ist.«

Es war nicht recht klar, was diese fürchterliche Drohung besagen sollte, aber offensichtlich verfehlte sie ihre Wirkung auf die jugendlichen Sünder vollkommen.

»Laß nur«, brummte Onkel Tom, »sie stecken voller Flausen, sie können nichts dafür.«

Nach diesen Worten krochen die Jungens unter dem Tisch hervor und machten sich mit herrlich verschmierten Sirupgesichtern und–händen daran, das Baby abzuküssen.