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»Ich wünschte, ich hätte dabei sein können, um es mit eigenen Augen zu sehen«, sagte er.

»Das kann ich Ihnen nicht bieten, aber etwas nahezu ebenso Gutes«, meinte Zavala. Kurz darauf erschienen die Digitalfotos, die er auf dem geheimnisvollen Schiff geschossen hatte, auf dem Computerbildschirm.

Austin wollte von Hibbet wissen, welche Erklärung ihm für die Bilder einfiel. Der NUMA-Gelehrte betrachtete sie stirnrunzelnd und bat darum, sämtliche Fotos noch einmal durchlaufen zu lassen.

»Es ist ziemlich offensichtlich, dass ein großer Teil des elektrischen Stroms in einen zentralen Punkt eingespeist wird.« Er deutete auf den kegelförmigen Aufbau. »Im augenblicklichen Zustand der Apparatur ist schwer zu entscheiden, welche Funktion er erfüllt.«

»Joe hat ihn mit einer riesigen Zündkerze verglichen«, sagte Austin.

Hibbet kratzte sich am Kopf. »Wahrscheinlich nicht. Eher sieht es aus wie eine riesige Tesla-Spule. Viele der Schaltkreise, die das Ding seine spezielle Funktion erfüllen lassen, sind nicht zu sehen. Wo ist das Schiff jetzt?«

»Es ist wieder versunken«, sagte Zavala.

Hibbet reagierte völlig anders, als Austin erwartet hatte. Seine grauen Augen funkelten erregt, und er rieb sich die Hände. »Das ist ja viel besser, als jeden Tag an irgendwelchen Antennen herumzufummeln.« Er klickte sich mit der Maus noch einmal durch sämtliche Satellitenbilder, dann warf er einen fragenden Blick in die Runde. »Ist jemand von Ihnen mit den Arbeiten Nikola Teslas vertraut?«

»Ich bin wohl der Einzige in dieser Runde, der regelmäßig die Popular Scienceliest«, stellte Zavala nach einer kurzen Pause fest. »Soweit ich weiß, hat Tesla den Wechselstrom erfunden.«

Hibbet nickte. »Er war ein aus Serbien stammender amerikanischer Ingenieur. Bei seinen Forschungen entdeckte er, dass man ein Magnetfeld in Rotation versetzen kann, wenn man zwei Spulen rechtwinklig zueinander anordnet und einen zweiphasigen Gleichstrom hindurchschickt.«

»Könnten Sie das vielleicht in eine verständliche Sprache übersetzen?«, fragte Adler höflich.

Hibbet lachte. »Ich liefere auch gleich den historischen Zusammenhang mit. Tesla kam in die Vereinigten Staaten und arbeitete für Thomas Edison. Sie wurden schließlich zu Rivalen. Edison machte sich für den Gleichstrom stark, und es entbrannte ein heftiger Kampf. Tesla schoss den Vogel ab, indem er den Auftrag für die Entwicklung der Wechselstromgeneratoren bei den Niagarafällen erhielt. Das Patent seines Induktionsmotors verkaufte er an George Westinghouse, dessen System zur Stromversorgung die Grundlage dessen wurde, was wir heute benutzen. Edison musste sich mit der Glühbirne und dem Phonographen zufriedengeben.«

»Soweit ich mich erinnere, meldete Tesla auch noch eine ganze Reihe ziemlich verrückter Patente an«, sagte Zavala.

»Das stimmt. Er war ein exzentrisches Genie. Zum Beispiel meldete er ein Patent für ein unbemanntes elektrisch betriebenes Flugzeug an, das eine Geschwindigkeit von zweiund­dreißigtausend Kilometern in der Stunde erreichen sollte und als Waffe eingesetzt werden konnte. Er trat mit einer Entwicklung, die er ›Teleforce‹ nannte, an die Öffentlichkeit. Dabei handelte es sich um einen Todesstrahl, der Flugzeuge auf eine Entfernung von bis zu vierhundertfünfzig Kilometern zerschmelzen konnte. Er beschäftigte sich außerdem intensiv mit der drahtlosen Übertragung von elektrischer Energie. Er war fasziniert von der Möglichkeit, elektrische Energie zu bündeln und dadurch ihre Wirkung zu vervielfachen. Er behauptete sogar, von seinem Labor aus ein Erdbeben ausgelöst zu haben.«

»Mit seinen ballistischen Raketen und Laserstrahlen war Tesla vermutlich seiner Zeit um einiges voraus«, sagte Austin.

»Seine Konzepte waren durchaus vernünftig. Aber die Ausführung wurde den Erwartungen niemals gerecht. In den vergangenen Jahren ist er so etwas wie eine Kultfigur geworden. Bestimmte Kreise, die überall irgendeine Verschwörung wittern, gehen davon aus, dass verschiedene Regierungen, unsere eigene eingeschlossen, mit den destruktiveren Aspekten von Teslas Entwicklungen experimentiert haben.«

»Und was denken Sie?«, wollte Austin wissen.

»Die Verschwörungstheoretiker dürften auf dem falschen Dampfer sein. Tesla erregte viel Aufmerksamkeit, weil er eine schillernde Persönlichkeit war. Meiner Meinung nach steckt in den Arbeiten von Lazio Kovacs erheblich mehr zerstörerisches Potenzial. Genauso wie Tesla war er ein brillanter Elektroingenieur. Er stammte aus Budapest, wo Tesla gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts gearbeitet hat, und bediente sich in den dreißiger Jahren seiner Erkenntnisse, wobei er sich auf die Übertragung niederfrequenter elektromagnetischer Wellen konzentrierte. Er sagte, dass bestimmte Impulse dazu eingesetzt werden können, die Atmosphäre störend zu beeinflussen und Unwetter, Erdbeben und alle möglichen anderen unangenehmen Erscheinungen zu erzeugen. Er führte das weiter, was Tesla begonnen hatte.«

»In welcher Weise?«

»Kovacs entwickelte eine Reihe von Frequenzen, durch die elektromagnetische Resonanzen konzentriert und durch das umliegende Material verstärkt werden können. Bekannt wurden sie unter der Bezeichnung ›Kovacs-Theoreme‹. Er veröffentlichte seine Erkenntnisse in einem naturwissenschaftlichen Journal, unterließ es jedoch, sämtliche Frequenzen publik zu machen, mit denen der von ihm beschriebene Apparat hätte gebaut werden können. Andere Wissenschaftler standen seinen Erkenntnissen skeptisch gegenüber, da es keinen Beweis für ihre Richtigkeit gab.«

»Es ist ein Glück, dass ihm niemand geglaubt hat«, sagte Professor Adler. »Die Welt hat genug Probleme damit, die verschiedenen Kampfmittel unter Kontrolle zu halten, die uns heute schon zur Verfügung stehen.«

»Einige Leute glauben ihm. Die Nazis waren für Ideen auf der Basis von Mystizismus, Okkultismus und Pseudowissenschaft sehr empfänglich. So entsprechen zum Beispiel die Geschichten von der Suche nationalsozialistischer Archäologen nach dem Heiligen Gral durchaus den Tatsachen. Sie haben Kovacs überfallen und ihn und seine Familie entführt. Nach Kriegsende kam heraus, dass sie ihn in einem geheimen Labor an der Entwicklung einer Superwaffe haben arbeiten lassen, mit der sie im letzten Moment den Krieg doch noch zu gewinnen hofften.«

»Aber sie haben den Krieg verloren«, sagte Austin. »Tesla war nicht der Einzige, der Probleme mit seiner Glaubwürdigkeit hatte. Kovacs ist offensichtlich ebenfalls gescheitert.«

Hibbet schüttelte den Kopf. »Es war ein wenig komplizierter, Kurt. Unterlagen, die nach dem Krieg entdeckt wurden, besagten, dass er dicht davor stand, einen Durchbruch auf dem Gebiet der elektromagnetischen Kriegführung zu erzielen. Glücklicherweise ist es nicht mehr dazu gekommen.«

»Warum nicht?«

»Die Russen überfielen das Labor in Ostpreußen, in dem er angeblich arbeitete. Doch Kovacs war bereits verschwunden. Nach dem Krieg betrieben die Russen Forschungen, die auf den Kovacs-Theoremen basierten. Die Vereinigten Staaten hatten davon Wind bekommen und hätten sich liebend gerne mit Kovacs unterhalten. Die Bedeutung elektromagnetischer Strahlung war unserem Militär nicht entgangen. Vor Jahren fand in Los Alamos eine Konferenz statt, in der über angewandte Waffentechnologie im Zusammenhang mit seinen Forschungen diskutiert wurde.«

»Dort war doch auch das Manhattan Project angesiedelt, nicht wahr? Offenbar der ideale Ort für solche Dinge«, sagte Austin.

»Und das in vieler Hinsicht. Die Manipulation elektromagnetischer Strahlen konnte auf ihre Art weitaus vernichtendere Auswirkungen haben als eine Atombombe. Das Militär nahm Kovacs sehr ernst. So wurden während des Golfkriegs elektromagnetische Impulswaffen getestet. Einige Fachleute sind der Auffassung, dass durch diese Experimente und durch ähnliche, die die Sowjets durchführten, Erdbeben, Vulkanausbrüche und Riesenwellen oder auch ozeanische Wirbel ausgelöst wurden. Deshalb mein Interesse an den hellen Lichterscheinungen am Himmel.«

»Was ist denn so bedeutsam an diesen Blitzen?«, fragte Austin.