Выбрать главу

Frobisher war ein über eins achtzig großer Mann mit einem mächtigen Brustkorb, der in einen Bauch überging, der sich wiederum über seinen breiten Uniformgürtel wölbte. Er trug ein gelb kariertes Hemd, das allein schon die Augen des Betrachters beleidigt hätte, wären da nicht auch noch die roten Hosenträger gewesen, die Mühe hatten, die Hose unter dem Gewicht des Bauchs hochzuhalten, mit denen es farblich kollidierte. Die Hosenbeine verschwanden in kniehohen Anglerstiefeln aus Kautschuk, obgleich der Tag heiß und wüstentrocken war. Seine kräftigen weißen Haare waren gelockt und hingen stellenweise über die rechteckigen Gläser einer Hornbrille.

Frobisher bezahlte die Kontrolltafel und ging ihnen voraus aus dem Laden zu einem staubigen und verbeulten Chrysler K-Car. Er meinte, die Trouts sollten ihn ruhig »Froby« nennen, und schlug ihnen vor, ihm zu seinem Haus zu folgen, wo die Kovacs Society ihren Sitz hatte. Während die Autos die Stadt verließen, wandte Gamay sich an Paul, der hinterm Lenkrad saß.

»Erinnert dich unser neuer Freund Froby an jemanden?«

Trout nickte. »An einen großen und lauten Captain Kangaroo.«

»Kurt ist uns nach dem hier einiges schuldig«, seufzte Gamay. »Lieber würde ich mich noch mal in einen Strudel ziehen lassen.«

Die Straße stieg an und schlängelte sich durch die Berge oberhalb der Stadt. Die Anzahl und Dichte der Häuser nahm stetig ab. Die Limousine vor ihnen bog schließlich in eine kurze Schottereinfahrt ein, hüpfte dabei wie ein Gummiball auf ihren ausgeleierten Stoßdämpfern und parkte dann vor einem aus Lehmziegeln erbauten Puppenhaus. Der Hof war gefüllt mit elektronischem Schrott und wirkte wie die verkleinerte Version des Black Hole.

Während sie zwischen Stapeln verrosteter Raketenhüllen und Maschinengehäuse zum Haus gingen, machte Froby eine ausholende Armbewegung.

»Das Labor veranstaltet jeden Monat eine Versteigerung, um seinen Kram loszuwerden. Ich glaube, ich brauche nicht zu betonen, dass ich bei jeder Gelegenheit dabei bin«, sagte er.

»Ich denke, das ist nicht nötig«, erwiderte Gamay mit einem nachsichtigen Lächeln.

Sie betraten das Haus, das im Gegensatz zu der zusammengewürfelten Schrottlandschaft erstaunlich aufgeräumt war. Frobisher geleitete sie in ein kleines Wohnzimmer, das mit Allerweltsbüromöbeln aus Chrom und Leder eingerichtet war. Ein Stahlschreibtisch und zwei stählerne Aktenschränke standen an einer Wand.

»Alles in diesem Haus stammt aus dem Labor«, prahlte Frobisher. Er bemerkte, wie Trouts Blick an dem Warnschild mit der Aufschrift RADIOACTIVE an der Wand hängen blieb, und grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Keine Sorge. Es verdeckt bloß ein Loch in der Tapete. Als Präsident der Kovacs Society heiße ich Sie in der Weltzentrale willkommen. Ich darf Ihnen unseren Gründer vorstellen.« Er deutete auf eine alte Fotografie, die neben dem Schild an der Wand hing. Sie zeigte das fein geschnittene Gesicht eines Mannes in den Vierzigern mit dunklem Haar und ausdrucksvollen Augen.

»Wie viele Mitglieder hat die Gesellschaft?«, fragte Gamay.

» Eins.Es steht vor Ihnen. Wie Sie sehen, handelt es sich um eine ausgesprochen exklusive Organisation.«

»Das ist mir aufgefallen«, erwiderte Gamay mit einem freundlichen Lächeln.

Trout schickte seiner Frau einen Blick, der ausdrückte, dass er bei nächster Gelegenheit die Flucht ergreifen würde. Sie betrachtete eingehend die deckenhohen Bücherregale, die einen großen Teil der Wandfläche einnahmen. Ihr weiblicher Blick für Kleinigkeiten hatte wahrgenommen, was Trout bisher entgangen war: Den Titeln der Bücher nach zu urteilen behandelten sie hochkomplizierte technische und geheimnisvolle Themen. Wenn Frobisher auch nur einen winzigen Teil seines Lesestoffs verstand, musste er ein hochintelligenter Mensch sein.

»Bitte nehmen Sie Platz«, forderte Frobisher sie auf. Er ließ sich in den Schreibtischsessel fallen und drehte ihn herum, damit er seine Gäste ansah.

Trout setzte sich neben Gamay. Er hatte bereits entschieden, dass der beste Weg, die Unterhaltung zu beenden, darin bestand, sie schnellstens zu beginnen. »Vielen Dank, dass Sie Zeit für uns hatten«, sagte er als Einleitung zu einer Verabschiedung.

»Es ist mir ein ausgesprochenes Vergnügen«, erwiderte Froby strahlend. »Um ehrlich zu sein, ich stoße heutzutage auf nicht allzu viel Interesse an der Kovacs Society. Dies ist ein ganz besonderer Anlass für mich. Woher kommen Sie?«

»Aus Washington«, antwortete Trout.

Frobys babyblaue Augen leuchteten auf. »Das ist ja noch viel toller!Sie müssen sich unbedingt in mein Gästebuch eintragen. Und jetzt verraten Sie mir mal, wie es kommt, dass Sie sich für Lazio Kovacs interessieren.«

»Wir sind beide Wissenschaftler bei der National Underwater and Marine Agency«, sagte Gamay. »Einer unserer Kollegen bei der NUMA erzählte uns von Kovacs’ Arbeit und deutete an, dass es hier in Los Alamos eine Gesellschaft gebe, die über das vollständigste Archiv über dieses Thema verfüge. In der Bibliothek des National Laboratory ist nur sehr wenig über Kovacs zu finden.«

»Die Bande dort hält ihn für einen Scharlatan«, sagte Frobisher abfällig.

»Den Eindruck hatten wir auch«, bestätigte Gamay.

»Ich will Ihnen ein wenig über die Gesellschaft erzählen. Früher arbeitete ich als Physiker am National Laboratory. Mit einigen meiner Kollegen spielte ich regelmäßig Karten, und ständig kamen Nikola Teslas Arbeiten zur Sprache. Einige meinten, Kovacs würde von Teslas extravagantem Auftreten in den Schatten gestellt und verdiene viel mehr Beachtung für seine Entdeckungen, als wir ihm bisher geschenkt hatten. Wir gaben daraufhin unserer Pokerrunde den Namen Kovacs Society.«

»Ihre Gesellschaft wurde nach einer Pokerrunde benannt?«

»Ja. Wir dachten auch daran, sie Poker Flats zu nennen. Aber einige unserer Mitglieder waren verheiratet und der Meinung, dass ein Debattierclub eine gute Tarnung sei, um ihre Ehefrauen zu täuschen.«

»Heißt das, Sie haben sich niemals über die Kovacs-Theoreme unterhalten?«, wollte Gamay wissen.

»Doch, natürlich haben wir das getan. Wir waren schlechte Pokerspieler, aber gute Wissenschaftler.« Er griff nach oben in ein Regal über seinem Schreibtisch, holte zwei Broschüren herunter und reichte sie den Trouts. »Wir haben diese Hefte mit dem ursprünglichen Artikel gedruckt, in dem Kovacs seine revolutionären Ideen darstellte und erklärte. Es handelt sich um das aufs Wesentliche komprimierte Protokoll einer Konferenz über seine Arbeiten, die vor etwa zwanzig Jahren hier abgehalten wurde. In der Hauptsache ging es darum, Kovacs schlechtzumachen. Wir verkaufen die Broschüren für $4,95 das Stück. Wir haben auch Biographien, die ein wenig teurer sind, um die Druckkosten zu decken.«

Paul und Gamay schlugen eins der Exemplare auf. Der eng gedruckte Text war ungarisch und mit langen, unverständlichen mathematischen Gleichungen durchsetzt. Trout sandte seiner Frau ein Grinsen, mit dem er ausdrücken wollte: »Das war’s dann« und machte dabei Anstalten, sich zu erheben und zur Tür zu gehen. Gamay, die seine Ungeduld deutlich spürte, legte eine Hand auf seinen Arm.

»Die Bücher in den Regalen sind vorwiegend technische Fachliteratur, und Sie waren als Physiker im Labor tätig, daher legen wir großen Wert auf Ihre Meinung. Ich hoffe, Sie missverstehen das Ganze nicht, aber Sie müssen wissen, dass es wegen Kovacs und seinen Theorien heftige Kontroversen gegeben hat. War Kovacs im Grunde nicht mehr als ein brillanter Scharlatan? Oder hatte er etwas?«

»Er hatte ganz eindeutig etwas.«

»Aber er hat es niemals experimentell bewiesen und sich geweigert, Einzelheiten seiner Entdeckungen zu veröffentlichen.«

»Das lag daran, dass er wusste, dass die Informationen einfach zu gefährlich waren.«

Gamay lächelte. »Pardon, aber das klingt, als wollten Sie lediglich sein Versagen entschuldigen.«

»Ganz und gar nicht. Er hatte große Hochachtung vor der Menschheit.«