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»Nicht viel. Ich weiß nur, dass Kovacs ein Genie war, das eine Möglichkeit gefunden hatte, mit niederfrequenten elektromagnetischen Impulsen die natürliche Ordnung durcheinanderzubringen. Er befürchtete, dass seine Theoreme, wenn sie in die falschen Hände geraten sollten, dazu benutzt werden könnten, das Wetter zu verändern und Erdbeben und andere Katastrophen auszulösen. Nach dem, was Sie mir über Ihre Lucifer-Freunde erzählt haben, scheinen sich seine Befürchtungen zu bewahrheiten.«

Barrett zuckte bei dem Begriff »Freunde« leicht zusammen, aber er nickte bestätigend. »Das ist insoweit richtig.«

»Wie weit geht es noch?«

»Wir haben versucht, eine polare Verschiebung auszulösen.«

»Sie meinen eine Verschiebung von Nord- und Südpol.«

»Der Magnetischen Pole. Wir wollten Kommunikationssatelliten ausschalten. Den weltweiten Handelsverkehr durcheinanderbringen und den Eliten einen Schuss vor den Bug geben. Absolut harmlose Dinge.«

Austins Miene verhärtete sich. »Seit wann werden Killerwellen, Schiffe verschlingende Strudel und der Verlust eines Frachtschiffs mitsamt Mannschaft als eher harmlos eingestuft?«

Barrett schien sich in sich selbst zu verkriechen. Austin befürchtete schon, dass sein heftiger Kommentar sein Gegenüber zum Schweigen gebracht haben könnte. Aber dann nickte Barrett bestätigend.

»Sie haben natürlich Recht. Wir haben nicht an die Konsequenzen gedacht, sondern uns nur mit den Mitteln dazu beschäftigt.«

»Und welche Mittel sind es?«

»Wir haben vier Schiffe gebaut und jedes mit einer Apparatur ausgerüstet, die auf den Kovacs-Theoremen beruht. Dann haben wir den Impuls in einem bestimmten Winkel auf einen besonders empfindlichen Punkt auf dem Meeresboden gelenkt. Die von jedem der Schiffe erzeugte Energie reicht aus, um eine Kleinstadt mit Strom zu versorgen, aber sie ist winzig klein im Vergleich mit der Erdmasse. An diesem Punkt greifen die Theoreme. Kovacs sagte, dass bei richtiger Frequenz die Impulse durch die Masse dessen verstärkt würden, in die sie eindringen sollen, so wie eine Tuba den Klang von Luft verstärkt, der durch einen Lippenspalt in sie hineingeblasen wird.«

»Ich habe den riesigen Strudel gesehen, den Sie erzeugt haben. Das war mehr als nur ein geschürztes Lippenpaar.«

»Einen Strudel?«

Austin lieferte ihm eine komprimierte, aber anschauliche Beschreibung des Mahlstroms und der Katastrophen, die er beinahe bewirkt hatte.

Barrett stieß einen Pfiff aus. »Ich weiß von den riesigen Wellen, die wir im Laufe eines unserer Tests erzeugt haben. Die Nebenwirkungen haben ein Frachtschiff und eines unserer Transmitter-Schiffe versenkt.«

»Manchmal gibt die See wieder heraus, was sie sich genommen hat. Der Strudel holte Ihr Transmitter-Schiff vom Meeresboden hoch. Ich konnte den Kahn untersuchen, ehe er endgültig versank.«

Barrett schien durch diese Enthüllung wie vor den Kopf geschlagen.

»Was geht da vor, Spider?«

Die Frage riss Barrett aus seiner kurzzeitigen Benommenheit.

»Wir hatten nicht mit den heftigen Meeresstörungen gerechnet, die durch die Veränderungen ausgelöst wurden, die wir am Magnetfeld der Erde vorgenommen haben. Nach dem, was Sie mir erzählen, dauerten die Störungen an, obgleich wir die Impulse gestoppt und die Schiffe ihre Positionen verlassen hatten. Offenbar hält die Bewegung des Magma unter der Erdkruste nach dem ersten Impuls an. Es ist ähnlich wie bei den Sekundärwellen auf einem Teich, nachdem man einen Stein ins Wasser geworfen hat. Das ist der gefährliche Teil der Theoreme. Und es ist das, was Kovacs große Sorgen gemacht hat. Nämlich die Unvorhersehbarkeit und Unberechenbarkeit des Ganzen.«

»Was taten Sie, als ich Sie im Puget Sound traf?«

»Nachdem die Southern Bellegesunken war, kehrte ich an den Zeichentisch zurück. Ich entwickelte einen Test, bei dem eine verkleinerte Version des Impulsgebers verwendet wurde.«

»Und hat das die Orcas zur Raserei gebracht?«

Er nickte.

»Was war das Problem?«

»Die Wellen spielten völlig verrückt. Wir hatten genaue Berechnungen angestellt, aber selbst wenn die Abweichung nur Nanosekunden ausmacht, können die Impulse wer weiß wohin gehen und alles Mögliche anrichten.«

»Also hat Kovacs sich geirrt?«

Barrett breitete die Arme aus. »Er hatte seine allgemeine Theorie als Warnung an die Welt veröffentlicht, jedoch die Information zurückgehalten, mit der sie funktioniert hätte. Sehen Sie, es ist wie mit der Atombombe. Sie finden Pläne für den Bau einer A-Bombe im Internet, und Sie können sogar Material und Teile beschaffen, um sie zu bauen. Aber solange Sie nicht wissen, wie die einzelnen Teile zusammenwirken, wird diese Bombe nicht funktionieren. Bestenfalls haben Sie am Ende eine schmutzige radioaktive Bombe. Und genau das haben wir hier: das elektromagnetische Äquivalent einer schmutzigen Bombe.«

»Der Verlust Ihres Schiffs dürfte das Projekt gestoppt haben«, sagte Austin.

»Sein Fortgang wurde nur verzögert. Wir hatten ein Schiff in Reserve. Es wird soeben für den großen Knall in Position gebracht.«

»Und wo wird der stattfinden?«

»Das hat Tris mir nicht verraten. Es gab eine ganze Reihe möglicher Orte. Die letzte Entscheidung trifft er alleine.«

»Wie sind Sie nur in diesen ganzen Wahnsinn hineingeraten?«

»Auf ziemlich unspektakuläre Weise, wie man eben in so etwas hineingerät. Es begann damit, dass ich Tris auf die Kovacs-Theoreme aufmerksam machte. Ich dachte, wir könnten daraus einen Vorteil für unsere Firma ziehen, aber er sah darin sofort eine Möglichkeit, seinem anarchistischen Anliegen Nachdruck zu verleihen. Er bat mich, ein System zu entwickeln, mit dem sich eine vorübergehende magnetische Verschiebung erzielen ließe. Ich betrachtete das Ganze als rein technische Herausforderung. Indem ich Kovacs’ Arbeiten als Grundlage benutzte, füllte ich die offenen Lücken.«

»Erzählen Sie mal von dem Anschlag auf Sie.«

Barrett betastete behutsam die Seite seines Kopfes. »Ich besuchte Tris auf seiner Insel in Maine. Mickey Doyle, der Tris’ Privatmaschine lenkt, hat versucht, mich umzubringen. Er täuschte einen Motorschaden vor und landete auf einem See. Seine Kugel streifte meinen Kopf, ich verlor eine Menge Blut. Gerettet wurde ich von zwei Anglern aus Boston. Einer von ihnen war zufälligerweise Arzt. Ich nannte ihm einen falschen Namen und haute ab, sobald sich die Gelegenheit ergab. Deshalb diese Rasta-Nummer. Ich will nicht, dass irgendjemand erfährt, dass ich noch am Leben bin, sonst bin ich nämlich wirklich tot.«

»Meinen Sie, dass Doyle auf Befehl Margraves handelte?«

»Ich glaube nicht, dass Tris dahintersteckte. Er wurde mir immer unheimlicher. Er ist größenwahnsinnig geworden. Er hat mittlerweile seine eigene Armee angeheuert, Typen, von denen er behauptet, sie seien nur für seine Sicherheit zuständig. Aber als ich Tris nach dem Untergang der Belleund nach dem Vorfall mit den Orcas mitteilte, ich wolle aus dem Projekt aussteigen, sagte er, er werde das Ganze auf Eis legen, bis ich Gelegenheit gehabt hätte, einiges neues Material zu sichten, auf das er gestoßen sei. Kurz bevor er auf mich schoss, fragte ich Mickey, ob Tris ihm den Auftrag gegeben hätte. Er antwortete, er arbeite für jemand anderen. Ich glaube nicht, dass er gelogen hat.«

»Daraus ergibt sich eine zwingende Frage. Wer könnte den Wunsch haben, Sie auszuschalten?«

»Mickey versuchte, mich davor zu warnen, mit meinem Wissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Als ich mich weigerte, wollte er mich töten. Wer immer es war oder ist, für den er arbeitet, will nicht, dass das Projekt gestoppt wird.«

»Würde das Projekt denn nicht sowieso scheitern, wenn Sie tot sind?«

»Jetzt nicht mehr«, meinte Barrett mit einem traurigen Lächeln. »So wie ich die Sache vorbereitet habe, kann Tris mit einem Minimum an Personal und technischer Ausrüstung die Schiffe in Position bringen und ihre Energie freisetzen.«