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Er war verantwortlich? Eaton trug kein Halstuch, und als er auf mich zutrat, um das Wort an mich zu richten, bebte die Narbe wie ein zweiter Mund. Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Turville verlor die Geduld.

»Du«, sagte er zu mir, mit einer Strenge, die er durch einen wackelnden Zeigefinger ins Spielerische zu verwandeln versuchte, »schuldest Mr Eaton einen sehr großen Gefallen.«

»Wie ein Gefangener in Tyburn in der Schuld seines Henkers steht«, sagte ich verbittert.

Eaton sprang auf. »Das lasse ich mir nicht länger bieten, Turville!«

»Bitte, Eaton! Lasst den Jungen sprechen! Es ist weiß Gott schon schwer genug für uns – bedenkt nur, wie schwer es für ihn sein muss! Fangt am Anfang an. Warum bist du von Mr Black davongerannt, obwohl er nur versuchte, dich zu beschützen?«

Mich zu beschützen! Ich fand die Antwort auf diese Frage offensichtlich, aber als ich sie gab, schüttelte Turville den Kopf, zog ein Taschentuch aus seinem Ärmel und wischte sich Stirn und Hände ab. Als ich auf den Brief von Lord Stonehouse zu sprechen kam, in dem es hieß, ich sei eine große Tollheit, derer man sich entledigen müsse, stöhnte Turville laut auf.

»Seht Ihr, Eaton, seht Ihr!« Er wandte sich wieder an mich. »Lord Stonehouse versucht nicht, dich umzubringen! Dieser Brief stammt nicht von ihm! Er kam von Mr Eaton, der Mr Black warnte, dass dir von Richard Gefahr droht. Es ist Richard, nicht Lord Stonehouse, der dich als große Tollheit ansieht, derer man sich …«

»Obacht, Turville!«

Jetzt fürchtete Eaton sich definitiv. Er sprang mit solcher Hast auf, dass sein Stuhl nach hinten umkippte. Mein Blick wurde nicht länger von der Narbe angezogen, sondern von den Händen, mit denen er die Rückenlehne eines weiteren Stuhls packte. Im Großen und Ganzen mochte er vielleicht als Herr durchgehen, aber nicht mit diesen Händen. Sie waren so wettergegerbt wie die eines Mannes, der sein Land bearbeitete und nicht nur darüber hinwegritt. Seine Knöchel wirkten wie hölzerne Knoten, und die Nägel waren abgebissen. Ich sah plötzlich meine eigenen Hände, wie sie in einigen Jahren aussehen würden, wenn ich ein Drucker bliebe. Mit einem Finger mit gelbem missgestaltetem Nagel deutete er auf mich.

»Es ist ein Akt der Barmherzigkeit, Turville! Nichts weiter. Das hat Mylord mir erklärt. Und dabei bleibt es auch, bis er mir etwas anderes sagt. Ich weiß, wann ich meinen Mund zu halten habe. So halte ich es seit dreißig Jahren, und ich werde wegen dieses kleinen Balgs nicht alles wegwerfen.«

»Der Krieg ändert alles, Eaton!«

»Krieg? Welcher Krieg?«

»Der König ist in Oxford, um ein Heer aufzustellen.«

»Ein Heer! Beide Seiten haben Briefe an die Lordleutnants jeder Grafschaft geschickt. Das Parlament befiehlt, ihm die Soldaten zu schicken. Der König befiehlt, die Truppen zu seinem Heer zu schicken.« Eaton schnippte verächtlich mit den Fingern. »Manche sind dumm genug gewesen und haben sich auf eine Seite gestellt. Die meisten machen sich in die Hose. Niemand hat einen Krieg erklärt. Und niemand wird es tun.«

Turville versuchte mehrmals, ihn zu unterbrechen, zerrte sein Taschentuch aus dem Ärmel, erfüllte die Luft mit dem Geruch von Moschus und wischte sich die Stirn ab. »Angenommen, es käme doch dazu? Und die falsche Seite gewönne? Dann würdet Ihr alles verlieren. Genau wie ich.«

»Welches ist die falsche Seite?«, fragte ich.

Sie starrten mich an, als hätten sie mich vollkommen vergessen. Nachdem sie sich beinahe an die Kehle gegangen wären, waren sie jetzt aus dem Konzept gebracht. Turville erholte sich als Erster. »Nun, Tom. Das ist eine gute Frage. Welches ist die richtige Seite und welches die falsche? Hmm? Der Junge ist nicht auf den Kopf gefallen. Kommt schon, Eaton, es wird Zeit, dass wir aus dem Scheißhaus rauskommen. Andernfalls könnte man uns mit heruntergelassenen Hosen erwischen.«

Die Uhr in der Halle schlug elf. Beide Männer blickten in die Richtung, aus der das Geräusch kam, dann zu einander. Ich dachte daran, dass ich belauscht hatte, wie Turville zu Eaton sagte, noch bis zum Ende der Woche zu warten. Und auch Janes verwirrende Worte fielen mir wieder ein, dass ich liebeskrank sei und davon geheilt sein würde, ehe die Woche vorüber sei.

»Was geschieht heute?«, fragte ich.

Erneut warfen sie einander Blicke zu, ehe Turville sagte: »Nun, Tom, das hier passiert! Dieses vielversprechende Treffen! Ein wenig früher, als wir, äh, geplant hatten, aber das hat keinerlei Bedeutung, ist es nicht so, Eaton?«

Eaton schaute von Turville zu mir und wieder zurück. Als der letzte Glockenschlag der Uhr in der Stille verklungen war, schien er zu einer Entscheidung gekommen zu sein. Er kam zu mir herüber, beugte sein Gesicht zu mir herunter und sagte mit furchterregender Eindringlichkeit: »Ich habe den Brief geschrieben, von dem du einen Teil gelesen hast. Es war eine Warnung an Mr Black, dass du in großer Gefahr schwebst. Es ist Lord Stonehouse’ Sohn, Richard Stonehouse, der dich als große Tollheit ansieht, nicht sein Vater.« Er deutete auf den Jungen auf dem Bild, der versuchte, dem Hund einen Stock zu entreißen, und schenkte mir ein bitteres Lächeln. »Es ist dieser entzückende Junge, den ich vor Huren und Spielschulden bewahrt habe, der versucht hat, dich zu töten, während ich von seinem Vater mit der Aufgabe betraut wurde, dafür Sorge zu tragen, dass dir kein Haar auf deinem kostbaren Schädel gekrümmt wird.«

Die Narbe bebte. Er hatte einen widerlichen animalischen Geruch an sich, der mir die Galle in den Mund trieb. Ich kämpfte gegen das Verlangen, mich zu übergeben. »Damit mir kein Haar gekrümmt wird? Ist das der Grund, warum Ihr den Schnösel unten stehen habt, bereit, mich zu erschießen, falls ich gehe?«

Das amüsierte Turville, der entzückt die Hände hob. »Ihr seht, Eaton, er ist eben so misstrauisch wie Ihr. Verständlich, nur verständlich. Der arme Junge hat Angst.«

»Gibson hat dir eine Warnung zugerufen«, sagte Eaton. »Wir wussten, dass du beim Rathaus sein würdest. Genau wie Gardiner. Gibson hat dich aus den Augen verloren, aber er sah Gardiner und folgte ihm. Er hat Crow erschossen. Gardiner ist leider entwischt.«

»Anschließend hat Eaton dich hierher getragen, unter größter Gefahr für sich selbst …«, warf Turville ein

»Mehr für meinen Umhang«, sagte Eaton gereizt. »Er ist vollkommen ruiniert. Du hast geblutet wie ein Schwein.«

»Geht auf Kosten des Hauses. Ich wette, dass Ihr nicht versäumt habt, Euren Mantel in Rechnung zu stellen«, sagte Turville mit einem Augenzwinkern in meine Richtung.

Starrsinnig blickte ich von einem zum anderen. »Als ich in die königliche Parade rannte, sah ich, wie Lord Stonehouse Richard befahl, mich zu töten.«

»Seht Ihr!« Voller Wut streckte Eaton mir die geballten Fäuste entgegen.

Wesentlich gelassener setzte Turville sich an seinen Schreibtisch und verschränkte die Hände. »Hast du Lord Stonehouse das sagen hören?«

Ich antwortete nicht.

»Er befahl Richard, dir nichts anzutun. Ich habe es von seiner Lordschaft persönlich.«

»Er ging mit seinem Stoßdegen auf mich los!«

»Natürlich!« Eaton wandte sich von mir ab, als könnte er meinen Anblick nicht länger ertragen. Er schaute auf den Jungen auf dem Bild, der mit dem Hund rang, und imitierte überraschend gut den Tonfall eines Edelmanns. »Es tut mir leid, Vater! Ich habe Euch nicht gehört! Mein einziger Gedanke war es, Euch zu beschützen!« Er wandte sich wieder zu mir um. »Ich musste mich deswegen bei Lord Stonehouse entschuldigen. Natürlich rügte er mich deswegen. Deinetwegen hätte ich fast meine Stellung verloren!«

Ich traute keinem von beiden, denn ich spürte dass sie für jede Wahrheit, die sie mir erzählten, eine andere verschwiegen. Wenn überhaupt, so zog ich Eatons Schilderung vor, denn sie wurde ihm gegen solch erbitterten Widerstand entlockt, dass ich das Gefühl hatte, sie müsste wahr sein. Und als er fortfuhr, war es unbestreitbar, dass Eaton mich tatsächlich vor Gardiner und Crow gerettet hatte.