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Drei Edelleute, von denen einer vermutlich Sir Andrew war, waren in eine Unterhaltung vertieft. Sie blickten auf, um mich alsdann zu ignorieren. Ich war gänzlich vom Erfolg meiner Täuschung eingenommen. Ich würde den richtigen Moment abwarten, Lord Stonehouse abfangen und ihm freundlich, aber entschlossen gegenübertreten. Ich würde an seine gute Seite appellieren und ihm erklären, dass ich nichts von ihm verlangte als mein eigenes Leben. Es war mir nie in den Sinn gekommen, dass er womöglich gar keine gute Seite hatte, dass er sie schon vor langer Zeit verloren haben könnte.

Sir Samuel, der korpulente Mann aus der Kutsche, der den Großteil eines Sofas mit Seidenpolstern einnahm, schüttelte den Kopf, als der Streit über uns abebbte und wieder aufbrandete. Er äußerte die Meinung, dass Richard Stonehouse enterbt würde, wenn er sich dem König anschlösse. Ein schlanker, gescheit aussehender Mann, der sich als Sir Andrew entpuppte, saß in die Ecke des Sofas gequetscht und widersprach. Was immer auch geschah, Lord Stonehouse vergab seinem ältesten Sohn stets. Was für Lord Stonehouse zählte, war Blut. Der dritte Mann, den sie Jacob nannten, war wesentlich jünger als die anderen beiden und kauerte unbehaglich auf einem Sitzkissen. Begierig darauf, etwas zu dem Gespräch beizutragen, sagte er, es gäbe noch einen zweiten Sohn.

»Edward!« Sir Andrew lächelte. »Der hat Milch, kein Blut in den Adern.«

»Noch dazu Muttermilch«, murmelte Sir Samuel, und die beiden Männer lachten.

Getroffen erklärte der junge Mann, er habe gehört, und zwar aus sicherer Quelle, für den Fall, dass Richard ausgeschaltet würde, stünde ein Bastard bereit, das Erbe anzutreten. Die beiden anderen Herren lachten brüllend. Sir Samuel klopfte dem jungen Mann auf den Rücken, brachte die Papiere, die er bei sich hatte, durcheinander und hätte beinahe Sir Andrew vom Sofa gedrückt, so sehr zitterte sein Leib.

»Und Ihr habt das geschluckt!« Sir Samuel warf mir einen Blick zu, während ich eifrig einen Satyr betrachtete, der eine Nymphe am blauen Himmel verfolgte. Er trocknete sich die Augen. »Ihr entschädigt einen fürwahr für die langweilige Wartezeit, Jacob. Doch abgesehen davon, Sir, gibt es so eine Person nicht. Sie ist eine Erfindung von Lord Stonehouse, in Umlauf gebracht, um seinen missratenen Sohn zur Räson zu bringen. Leider hatte es genau den gegenteiligen Effekt.«

Ich begann gerade meinen Eintritt in die gute Gesellschaft zu genießen, als ich Eaton in der Halle hörte, der mit lauter Stimme, ätzend wie Essig, Sir Samuels wohlgenährte Worte übertönte und zu wissen verlangte, wer wartete. Ich verfluchte mich, dass ich meinen richtigen Namen angegeben hatte und schoss zur Tür, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Eaton das Buch des Schreibers aufhob. Ich huschte durch die Halle auf eine Tür zu, doch als ich sie erreichte, drehte sich der Knauf, und ich erspähte die Livree eines heraustretenden Dieners. Ich stand neben der Statue der Minerva. Es war gerade genügend Platz, um mich dahinter zu quetschen, ehe Eaton explodierte.

»Thomas Neave!«

»Sir Andrews Sekretär, Mr Eaton.«

»Sir Andrews …«

Ich drückte mich so eng wie möglich an die Statue, aber die steinerne Kurve ihres Rockes wölbte sich so sehr, dass ein Teil meines Leibrocks hervorragte. Eaton eilte auf mich zu. Wenn er nach unten geschaut hätte, hätte er mich unweigerlich sehen müssen, doch sein Blick war auf den Empfangssaal gerichtet. Er marschierte hinein, den unterwürfigen Schreiber und den Bediensteten aus der Halle auf den Fersen. Ich vernahm ein undeutliches Stimmengewirr, wartete jedoch nicht ab, um das Ergebnis der Unterhaltung zu erfahren. Die Halle war leer. Ich rannte die große Treppe hinauf zur Galerie. In Abständen waren Alkoven in die Wände eingelassen, mit Glasspiegeln und kunstfertig gearbeiteten Schränken. Ich passierte eine geschlossene Doppeltür, hinter der ich Stimmengemurmel hörte. Lord Stonehouse’ Stimme klang so anders, jetzt, da er nicht mehr brüllte, dass ich sie zuerst nicht erkannte.

»Das ist für dich und für dich allein bestimmt … Kann ich dir in dieser Sache vertrauen?«

»Ja, Vater.«

»Die Ärzte geben mir noch ein Jahr. Vielleicht ein wenig länger.«

Unten entstand ein Tumult. Von der Galerie aus konnte ich sehen, wie Eaton eine Tirade auf die Bediensteten losließ. Türen wurden geöffnet und geschlossen. Eaton eilte durch die Halle auf die Treppe zu. Ich flitzte den Korridor hinunter und versuchte, eine Tür zu öffnen, aber sie war verschlossen. Ich hörte, wie die Doppeltüren geöffnet wurden, und schlüpfte in einen der Alkoven hinter einem Schrank, als Lord Stonehouse und sein Sohn herauskamen. In einem Spiegel in der Nähe der Treppe sah ich Eaton heraufeilen, stehen bleiben und zaudern. Lord Stonehouse hatte den Arm um seinen Sohn gelegt. Er warf Eaton nur einen einzigen ärgerlichen Blick zu, und der Verwalter zog sich zurück.

Es war das erste Mal, dass ich Richard aus solcher Nähe sah. Locken rahmten ein Gesicht ein, das so schön war, dass ich den Atem anhielt. Seine Augen waren dunkel und stechend, und sie glänzten von den Tränen, die er zurückzuhalten versuchte. »Ich kann meine Meinung nicht ändern. Ich kann nicht!«

»Ich weiß! Ich habe es dir nicht aus diesem Grund erzählt, sondern … vielleicht sehen wir einander nie wieder.«

»Sagt nicht so etwas!«

Lord Stonehouse lächelte. Ich hatte dieses Lächeln zuvor gesehen, aber immer geglaubt, es sei ein Traum gewesen. Das war nicht das Lächeln des skrupellosen Mannes, der Eaton befohlen hatte, mich in die Grube zu werfen, oder der Mr Black aus seinem Haus werfen ließ, sondern das des Mannes, der sich vor Jahren über mich gebeugt hatte, als ich ohnmächtig geworden war, weil ich mich mit Pech verbrannt hatte. »Nun … ich glaube dir, dass es dir leid tut«, sagte er zu seinem Sohn.

Richard konnte nicht sprechen, sondern schlang nur die Arme um seinen Vater. Ich wandte den Blick ab. Richard hatte zwei Männer angeheuert, die mich töten sollten. Es war schwer, beinahe unmöglich zu glauben. Ich wünschte, ich wäre nicht gekommen. Hätte dies nicht gesehen. Ich hatte angefangen, in ihnen nichts als böse Männer zu sehen, die ich, wenn schon nicht bekämpfen, so doch zumindest überlisten könnte. Lord Stonehouse lachte. Er hatte ein volles, tiefes Lachen, das sein Gesicht verwandelte, so dass sich darin die Erinnerung an jene glücklicheren Zeiten spiegelte, die ich auf dem Gemälde mit seiner Frau Frances gesehen hatte. »Es ist seltsam«, sagte er.

»Was?«

Erstickt vor Rührung, war die Stimme seines Vaters ein kaum hörbares Flüstern. »Ich bin stolz auf dich.«

»Stolz?« Richard grinste erstaunt. »Ich … kann mich nicht erinnern, dass Ihr das je zuvor zu mir gesagt hättet.«

»Ich kann mich auch nicht erinnern, dass du jemals etwas getan hättest, an das du wirklich geglaubt hast.«

Er schaute zu einem Porträt von Charles I. hinüber. Richard folgte seinem Blick. Wenn sie ein wenig zur Seite geschaut hätten, hätten sie mich gesehen, wie ich in den Alkoven gedrückt dastand, aber sie hatten nur Augen für ihren König. Richard richtete sich auf, gerade und stolz, die Stimme vor Rührung belegt. »Ich glaube an ihn.«

»Ich weiß. Das sehe ich jetzt. Ich wünschte, ich könnte, aber … Gott sei mit dir, mein Sohn!«

»Gott segne Euch, Vater.«

Sie umarmten sich noch einmal, dann ging Lord Stonehouse zu seinem Zimmer zurück. Richard eilte die Galerie entlang auf die Treppe zu. Jeder meiner Muskeln war angespannt. Sobald Richard Stonehouse die Treppe hinuntergegangen war und bevor Eaton die Gelegenheit hatte, sie emporzusteigen, wollte ich in Lord Stonehouse’ Zimmer sein. Die Szene, deren Zeuge ich gerade geworden war, machte mir Hoffnung. Unter seiner Skrupellosigkeit verbarg sich ein Mann mit tiefen Gefühlen, der sich, davon war ich überzeugt, meiner Bitte nicht verschließen würde.