Wasser war auf dem verwahrlosten Land der Pearces schon immer ein Problem gewesen. Es war Kate, die Eaton wegen einer versiegten Quelle um Rat fragte. Er humpelte von ihr fort, denn er hatte sich das Bein gebrochen, und es stellte sich heraus, dass es nur schwer heilte. Er höhnte, dass er immer gewusst habe, dass sie eine Belohnung erwarte, weil sie ihn aus der Falle befreit hatte. Ihre Antwort bestand darin, dass sie ihm für seinen Fuß eine Salbe von Matthew Neave brachte, dem Lenker des Pestkarrens, von dem allgemein bekannt war, dass er ein Hellseher war und zudem die Gabe besaß, mit Kräutern zu heilen. Als sein Fuß kräftig genug war, stieg Eaton die Hügel hinter Earl Staynton empor, entdeckte den Felsrutsch, der die Quelle blockierte, und legte sie wieder frei.
Als Kate kam, um ihm zu danken, bestritt er jegliches Wissen darüber. Von diesem Moment an wurde ihre Beziehung, auch wenn er es nicht so nannte, inniger. Eines Tages im Sommer 1625, diesem entsetzlichen Sommer, als die Sonne von einem kupferblauen Himmel herunterbrannte und die Pest in Oxford wütete, fragte sie ihn, ob er einen Pfarrer kenne, der heimlich eine Ehe schließen würde. Eaton kannte viele Geheimnisse, was genau der Grund war, weshalb sie ihn gefragt hatte, doch das waren alles Geheimnisse, die er den Menschen entrissen hatte. Nie zuvor hatte ihm jemand, und schon gar nicht jemand wie Kate, freiwillig etwas anvertraut.
Sein erster Gedanke war, dass es Margaret betreffen müsse, doch Kate bestritt dies. Auf jeden Fall hatte jetzt, wo Margarets Vater tot war, niemand mehr Einfluss auf sie. Kate sagte, die Auskunft sei für einen Freund. Misstrauisch gegen alles und jeden, stellte Eaton Nachforschungen an. Er konnte keinen solchen Freund entdecken. Dann dämmerte es ihm, dass er selbst dieser Freund sein könnte. Er lachte über diese Vorstellung. Eher würde sie seinen Hund heiraten! Abgesehen davon hatte er niemals das leiseste Verlangen verspürt, irgendjemanden zu heiraten. Doch er, der normalerweise tief und fest schlief, musste feststellen, dass er keinen Schlaf mehr fand. Unablässig sah er ihr ehrliches, beinahe mildes Gesicht vor sich, auf dem gewöhnlich ein Lächeln lag, egal welche Kränkungen er ihr grunzend entgegenschleuderte.
Er gab sich keinen Illusionen über sich hin. Er war grob und ungehobelt, aber er war zu Geld und Besitz gekommen. Er begann sich zu waschen und mehr wie der wohlhabende Mann zu kleiden, der er war. Er erzählte ihr, dass Reverend Mark Stevens in Shadwell verschuldet sei und ihr jeden Dienst erweisen würde, den sie verlangte, ohne Fragen zu stellen. Sie war dankbar, sprach indes nicht weiter darüber. So war ihr Umgang miteinander. Unter dem Deckmantel einer harmlosen Bemerkung wurde eine Bitte geäußert, die der andere ohne weitere Diskussion erfüllte.
Er war überzeugt, dass Kate jemand anderen heiraten würde und es unbedingt vor Margaret Pearce geheim halten wollte, die so sehr auf ihre Gesellschafterin angewiesen war, dass sie ihr jedes Hindernis in den Weg legen würde. Ja, das musste es sein! Er war ein Narr gewesen, zu glauben, dass sie ihn auch nur ansehen könnte! Doch seine Gefühle für sie quälten ihn. Er musste die Wahrheit wissen! Ein Dutzend Mal rang er mit sich, um mit ihr darüber zu sprechen. Die Worte kamen ihm nicht über die Lippen. Er konnte über Hunde reden. Über Falken. Über durchtriebene, lügnerische Pächter. Aber über Liebe?
Es war das erste, und ich glaube das einzige Mal, dass ich dieses Wort aus seinem Mund hörte. Ich weiß nicht, was mich mehr überraschte: das Wort oder die Feststellung, dass seine Augen im flackernden Kerzenlicht feucht glänzten. Das Feuer war heruntergebrannt, die Asche knisterte leise im Kamin. Im fernen Stall wieherte ein Pferd, als die Türen für die Nacht verriegelt wurden.
Margaret Pearce brachte es schließlich ans Licht. Eatons Veränderung fiel ihr auf, und sie sagte, er müsse eine geheime Liebe haben. Niemand außer Margaret Pearce konnte auf diese Weise mit ihm – oder Lord Stonehouse – reden. Sie war so schön und sagte es mit so ernster Besorgnis, ohne einen Blick auf Kate zu werfen, dass er die Flucht ergriff. Kate folgte ihm, und in seiner Pein und Verwirrung brachen seine Gefühle aus ihm hervor. Beinahe floh er erneut, doch sie hielt ihn zurück. Sie sagte, sie fühle sich durch seine Worte geschmeichelt und dass er viele Qualitäten habe, die er vor sich selbst leugne. Sie brauche Zeit, um über das nachzudenken, was er gesagt hatte. Er wusste nicht, was sie mit Qualitäten meinte oder wie er etwas vor sich selbst leugnen sollte, wenn er es ernsthaft wollte. Aber er war überwältigt, dass sie ihn nicht kurzerhand weggeschickt hatte.
Er schwieg lange, starrte in die sterbende, langsam in sich zusammenfallende Glut. Die Kerze war heruntergebrannt, und ich saß in vollkommene Dunkelheit gehüllt. Ich kam mir vor wie ein Eindringling, zusammengekauert auf einem Schemel, die Beine steif nach einem Tag auf dem Pferd, bis ich einen Krampf bekam und gezwungen war, mich zu bewegen. Aufgeschreckt sah er sich um, als hätte er vollkommen vergessen, dass ich da war. Ich fürchtete, er könnte die Geschichte nicht beenden, und fragte: »Was geschah dann?«
Er blitzte mich an. »Du bist geschehen! Im großen Haus brach die Hölle los! Deine Hure von einer Mutter hat dich zur Welt gebracht! Keine Ahnung, wo zum Teufel du herkamst! Was geschehen ist? Ich weiß es nicht! Das ist das Schlimmste. All diese Jahre! Ich habe nie wieder mit Kate gesprochen. Sie nie wieder gesehen. Sie nie wieder gehalten. Nie wieder berührt. Das ist das Schlimmste!«
Er trat mit den Stiefeln ins Feuer, um die glühende Asche auf dem Kaminboden zu verteilen, stürmte blindlings davon und warf dabei seinen Stuhl um.
Ich schlief wenig. Die Geschichte seiner Pein löste eine ganz ähnliche Unruhe in meinen Gedanken aus. Ich war im Begriff, Anne zu verlassen, und würde sie vielleicht nie wiedersehen. Ich konnte nicht fassen, dass ich Pyms Plan so leichthin zugestimmt hatte. O ja, ich würde Lord Stonehouse sein. Der bedeutende Peer! Der Adlige des Volkes. Die Probleme des Landes lösen. Wenn ich früher daran gedacht hatte, war es nichts als ein Hirngespinst gewesen. Doch Pym stand im Zentrum der Macht. Es war nicht länger nur eine fixe Idee, ein Phantasiegebilde, sondern lag durchaus im Bereich des Möglichen.
Ich vergrub meinen Kopf im Kissen. Was hatte ich gesagt? Wenn ich ein Peer würde, könnte ich Anne niemals heiraten. Ich kratzte an einer besonders bösartigen Wanze, die sie wahrscheinlich für die Advokaten, die dieses Haus frequentierten, aufbewahrt hatten und die sich ihren Weg in mich hineinzugraben schien wie diese verderbten Gedanken. Ich spürte Annes letzten Kuss, sah sie beim Baum stehen. Versprich mir, dass du zurückkommst. Berühr den Baum. Ich empfand solch ein brennendes, überwältigendes Verlangen nach ihr, dass ich aus dem Bett sprang. Ich hatte das Gefühl, jemand würde mich beobachten. Einen Moment lang glaubte ich im Halbschlaf, es sei Kate, die, obwohl ich mir dessen größtenteils nicht bewusst war, mein ganzes Leben lang über mich gewacht hatte.
Doch in diesem Zimmer, das vom Mondlicht auf unheimliche Weise erhellt wurde, war es nicht Kate, sondern Eaton, der auf der Fensterbank saß. Ich hatte keine Ahnung, wie lange er schon dort gesessen hatte. Womöglich hatte ich im Schlaf gesprochen, und er hatte mir zugehört, so wie ich ihm am Feuer zugehört hatte. Was immer wir einander sein mochten, wir waren durch eine gemeinsame Verpflichtung aneinander gebunden. Wir wussten, dass wir niemals Ruhe finden würden, bis wir den Anhänger aufgespürt und herausgefunden hatten, was zu den Ereignissen in jener Nacht vor sechzehn Jahren geführt hatte.
Alles, was er sagte, war: »Es ist hell genug.«
Er packte unsere Satteltaschen, und mit ein paar Tritten weckte er den Stalljungen. Bis auf den gelegentlichen Ruf des Nachtwächters, der die Zeit ausrief, war es still, und wir ritten durch die vom Mond beschienenen, leeren Gassen, bis wir die Straße Richtung Westen erreichten.