Выбрать главу

»Ich werde mir einen von ihnen schnappen, Kate. Was meinst du, wer sollte es sein? Der Vater ist ein alter Bock, aber er ist der Lord und muss den Ehrenplatz einnehmen. Aber wenn er stirbt, was wird dann aus mir? Das Vermögen geht an Richard. Also muss es Richard sein, wie es ausschaut. Er sieht teuflisch gut aus, ist aber ein vollkommener Rüpel. Ich kann mir nicht vorstellen, mein Leben mit ihm zu verbringen! Mit Edward kann man zumindest angenehm plaudern, und er ist nicht auf den Kopf gefallen, doch er ist weich wie Wasser. Und er ist nur der zweite Sohn.«

Kate hörte zu, während sie an einem Spruchtuch stickte, und für sie hörte es sich an wie eine dieser Geschichten aus einem Balladenbüchlein mit Schurken und Helden, die Margaret mit ihrer Kindheitsliebe und Vetter, John Lloyd, zu lesen pflegte. Sie liebte John sehr, und dieser schrieb ihr leidenschaftliche Briefe aus Irland, wo er gegen die Rebellen kämpfte. Kate konnte sich nicht vorstellen, dass sie diese Liebe für irgendeinen Stonehouse aufs Spiel setzen würde. Falls sie beunruhigt war, weil Margaret für die Beerdigung ihres Vaters die kostbarste Trauerkleidung in Damast und Brokat bestellte, dann nur, weil sie bereits hochverschuldet waren.

Der Gottesdienst fand in der Kirche von Highpoint statt, was gemeinhin als großzügiges Zeichen der Versöhnung von Lord Stonehouse seinem alten Feind gegenüber erachtet wurde. Die Pfründe gehörte einst zum Besitz der Pearces, und in dem normannischen Kirchenbau gab es noch immer mehr Bildnisse und Wappen dieser Familie als von den Stonehouses. Es kam Kate kurz in den Sinn, dass Margarets Pläne womöglich kein kompletter Unsinn waren. Immerhin war die Familie Pearce älter und vornehmer als die Stonehouses.

In Schwarz sah Margaret Pearce sogar noch schöner aus, geradezu erschreckend schön. Gleichwohl war ihre Trauer aufrichtig. Als der Pfarrer sagte: »Der Tod vereint uns alle«, hallte ihr »Amen« leidenschaftlich in den alten Steinmauern wider. Der Klang ihrer Stimme zog alle Blicke auf ihr von Trauer gezeichnetes Gesicht, mit der weißen, makellosen Haut und den großen, feuchten Augen, dumpf vom Schlafmangel, ganz in Schwarz eingerahmt, bis auf ihr feuerrotes Haar. Selbst Lord Stonehouse, der normalerweise so unbewegt war wie eine der Statuen seiner Vorfahren, wandte den Blick abrupt ab, und es hieß, er habe sogar angemerkt, dass ihn Margarets Trauer an seine eigene lange Trauer um seine Frau Frances erinnerte.

Margaret Pearce wurde zu einem ständigen Gast auf Highpoint. Es vertreibe ihre düsteren Gedanken, sagte sie, wenn sie sich der mildtätigen Aufgabe widmete, sich um die verdienten Armen auf dem Land der Stonehouse’ zu kümmern, eine Aufgabe, die seit Frances’ Tod vernachlässigt worden war. Vielleicht erwartete sie, dass dadurch die Streitigkeiten mit den Stonehouses über das Land beigelegt würden. Möglicherweise wäre es ohne Eaton, der sämtliche Fortschritte in dieser Hinsicht blockierte, auch dazu gekommen. Dann kam der Moment, wo Kate ihn aus der Falle befreite, und später legte er die Quelle frei, um das letzte verbleibende Pearce-Land in Earl Staynton zu bewässern. Margaret war begeistert. »Er ist in dich verliebt«, sagte sie. »Das wird unseren Besitz retten. Du musst ihn ein wenig ermutigen!«

Nun, natürlich redete sie so, ebenso wie sie in vertraulichen Momenten ausgelassen davon sprach, das Vermögen der Stonehouse’ zu übernehmen. Kate ermutigte Eaton nicht. Vielmehr fühlte sie sich von ihm abgestoßen. Doch Eatons Wohlwollen war ihre Rettungsleine. Deshalb besorgte Kate von Matthew Salbe für sein verletztes Bein. Darum fuhr sie trotz ihrer Abneigung fort, sich mit ihm zu treffen. Er gab ihr Ratschläge für das Earl-Staynton-Land, schickte sogar ein paar seiner Männer dorthin. Das Land blühte auf, bis es kaum noch wiederzuerkennen war. Zu ihrem Erstaunen entdeckte sie in diesem mürrischen, groben Mann Gefühle, die scheuten wie nervöse Pferde, sobald sie versuchte, sich ihnen zu nähern.

Sie schwieg erneut. Ihr Atem ging wieder schwer, und eine ganze Weile schon hatte sie mich nicht mehr angesehen. Wie Eaton, als er seine Geschichte erzählt hatte, schien sie sich meiner Anwesenheit kaum bewusst zu sein.

Margaret entließ schließlich die Magd, die ihr beim Anziehen half – aus Gründen der Sparsamkeit, wie sie sagte. Eine Zeitlang war ihr jeden Morgen schlecht. Sie ließ jedoch nicht nach dem Arzt schicken, sondern befahl Kate, ein Heilmittel von Matthew zu holen. Es enthielt Mutterkorn, um ein ungewolltes Kind loszuwerden, obwohl Kate zu diesem Zeitpunkt davon nichts wusste.

Margaret wies Kate an, Eaton nach dem Namen eines Pfarrers zu fragen, der heimlich eine Trauung durchführen würde, und behauptete, sie würde für eine Freundin fragen. Glaubte Kate ihr? Es war eher so, dass sie es nicht in Frage stellte. Natürlich war sie naiv, blind für das, was vor sich ging, doch sie lebte in ihrer eigenen abgeschlossenen Welt. Eaton machte ihr einen Heiratsantrag. Sie stellte fest, dass sie etwas für diesen seltsamen, ungeschliffenen Mann empfand. Und ganz bestimmt wollte sie nicht für den Rest ihres Lebens Gesellschafterin bleiben. Sie sagte ihm, sie würde ihm ihre Antwort am folgenden Tag mitteilen.

Der absonderliche Höhepunkt dieser Entwicklung, der die gesamte Situation zuspitzte, war Margarets Erklärung, sie würde Earl Staynton verkaufen. Nach all ihren Beteuerungen, sie würde die Ländereien ihres Vaters wieder aufbauen, ganz zu schweigen davon, dass sie den Besitz der Stonehouse’ übernehmen wollte, war dies eine Überraschung. Aber sie brauchte das Geld. Wofür, sagte sie nicht, doch Kate glaubte, dass sie beabsichtigte, nach London zu fliehen. Es war der frühe Nachmittag des 20. September 1625. Eaton kam auf seinem rotbraunen Wallach vorbeigeritten, um Margaret einen Preis für Earl Staynton zu nennen und um Kates Antwort auf seinen Heiratsantrag zu hören.

Halb glaubte Kate, halb hoffte sie, dass er Margaret raten würde, nicht zu verkaufen. Wo würden sie leben? Welche Gefühle er Kate auch immer entgegenbringen mochte, Eaton konnte seine lebenslange Gewohnheit nicht ablegen, hart und verbissen zu verhandeln. Von der Summe, die er nannte, wurde noch das Geld abgezogen, das Margaret den Stonehouses schuldete, sowie der Lohn für die Arbeit, die Eaton seiner Behauptung nach in das Pearce-Land gesteckt hatte. Schnell war klar, dass nur ein Bruchteil dessen übrig bleiben würde, mit dem Margaret gerechnet hatte. Sie beschuldigte Eaton, sie betrügen zu wollen, und befahl, sie im Karren – ihre Kutsche war zu diesem Zeitpunkt schon längst verkauft – nach Highpoint zu fahren. Kate fühlte sich ebenfalls betrogen und weigerte sich, über eine Heirat zu sprechen. Eaton indes ging nicht, sondern folgte ihr wie ein Hund und sagte, er würde nicht verschwinden, ehe sie ihm geantwortet hätte. Sie kehrte zu ihrer Stickarbeit zurück, aber als sie etwa eine Stunde später das Geräusch einer Kutsche hörte und nach draußen kam, war er immer noch dort. Er schritt auf und ab, den Hut in der einen, die Peitsche in der anderen Hand.

Henry, der Kutscher aus Highpoint, tippte sich an den Hut. »Bitte steigt ein, Ma’am.«

»Warum? Was ist geschehen?«

»Ich weiß nicht, Ma’am, aber ich soll Euch abholen und nach Highpoint bringen.«

Während Henry die Treppe herunterklappte, schlug Eaton mit dem Peitschengriff gegen seine Stiefel. »Ich brauche eine Antwort!«

»Nein!«, schrie sie, als die Kutsche über die mit Schlaglöchern übersäte Auffahrt davonrumpelte. »Nein, nein, nein!«

Kate rief die Worte jetzt so laut, dass die Vögel im Küchengarten erschreckt aufflatterten und zwei Soldaten, die am Rand des Gartens vorbeigingen, stehen blieben und zu uns herüberstarrten. Doch sie schien sich der Männer und mir überhaupt nicht bewusst zu sein. Es war, als befände sie sich wieder vor Angst bebend in der schaukelnden Kutsche.