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Dir, Tochter Pharaos, sei sie geweiht, diese Rose! Dieser Kuß des Sonnensohnes und des gelbbraunen Mädchens!«

Nitokris nahm die Rose entgegen und reichte sie dem Jüngling, wobei sie flüsterte: »Sei es eine Vorbedeutung für uns beide!« Dann gab sie den Sklavinnen ein Zeichen, mit dem Mahl fortzufahren.

Diese gingen sogleich ans Werk und bedienten die Gäste mit Weinen und erlesenen Speisen. Eine Schüssel folgte der andern. Dazu ertönte Flötenmusik, abwechselnd mit Harfen und Zithern, und aus der Höhe des Saales fielen Rosenblätter auf die Tische nieder.

Mirinri war von der Glückseligkeit des Moments so berauscht, daß er nur Blicke und Scherzworte für die Prinzessin hatte. Dem König schenkte er keine Aufmerksamkeit.

So nahm das Bankett seinen Gang. Als es sich schließlich dem Ende zuneigte, erhob sich der Herrscher und gab durch eine Handbewegung kund, daß die Eingeladenen entlassen seien. Zuletzt blieb nur die Prinzessin neben Mirinri.

»Laß auch du mich allein!« wandte sich der König an sie. »Was ich dem Prinzen zu sagen habe, soll kein anderer hören.«

Nitokris war verwirrt. Zweifelnd schaute sie den Vater an. »Was du auch tun willst, bedenke, er ist ein Sonnensohn«, sagte sie endlich in bittendem Ton. Hierauf nahm sie eine der Blumen, die von der Decke herabgefallen waren, küßte sie und gab sie mit bedeutungsvollem Blick dem Jüngling.

»Geh!« wiederholte der König, der es mit einem seltsamen Lächeln bemerkt hatte.

Langsam entfernte sich Nitokris.

Als beide allein waren, nahm das Gesicht des Herrschers unvermittelt einen spöttischen Ausdruck an. »Du meinst also, du seist der Sohn König Tetis des Großen«, sagte er. »Aber – hast du auch Beweise?«

»Ich bin der Sohn desjenigen, der Ägypten von den Chaldäern befreit hat!« erwiderte Mirinri stolz.

»Gut. Darum hast du heute nun die Pracht des Pharaonenhofes kennengelernt. Genügt dir das?«

»Nein! Ich will nicht den Prunk, sondern die Macht des meinem Vater geraubten Thrones haben!«

Pepi lachte laut auf. »Zum Herrscher gehören Untertanen, meine ich.«

»Die Partei meines Vaters ist groß!« rief Mirinri, mühsam an sich haltend.

»Wo sind denn seine Anhänger?«

»Ich weiß wohl, wo sie sich befinden!«

»Willst du sie sehen?« Mit diesen Worten schritt Pepi zu einem nach dem Hof des Palasts gehenden Fenster, öffnete die Vorhänge und zeigte verächtlich hinunter.

»Schau her«, fuhr er fort. »Sind das eure Parteigänger? Was willst du mit diesen da anfangen?«

Obwohl erschüttert von der veränderten Haltung des Königs, war Mirinri doch rasch ans Fenster getreten. Ein Schrei des Entsetzens entrang sich seiner Brust.

Dort waren in dem Riesenhof etwa sechshundert Mann, meist Greise, versammelt, denen die Hände fehlten; ihre Armstümpfe waren mit Binden umwickelt. Und unter ihnen, aufrecht stehen ... Ata.

Schaudernd wich Mirinri zurück.

»Elender!« kam es stöhnend von seinen Lippen. Er ballte die Fäuste und wollte sich wutentbrannt auf Pepi stürzen, der jetzt entfernt von ihm stand.

Doch diesen Augenblick schien der König vorhergesehen zu haben. Er griff zur Geißel mit den goldumwundenen Schnüren, dem Symbol seiner Herrschaft, und schwang sie pfeifend durch die Luft. Im selben Augenblick trat ein alter Mann mit grämlichen Zügen ein und verneigte sich tief.

Mirinri war noch rechtzeitig zur Besinnung gekommen. Er ließ die Arme müde sinken und starrte vor sich hin.

Pepi weidete sich an seinem Anblick. »Warum begrüßen dich die Freunde deines Vaters nicht als neuen König von Ägypten?« fragte er höhnisch. »Sie haben zwar die Hände, aber nicht die Stimme verloren!«

»Und was gedenkst du mit mir zu tun?« wandte sich der Jüngling schroff an ihn.

»Das werden wir sehen. Zuerst will ich diesen Mann hier anhören.«

Schafft ihn zur Nekropolis!

Mirinri schien von dem schrecklichen Anblick, der sich ihm geboten hatte, wie benommen. Daher reagierte er nicht sofort auf die Worte des Königs. Erst als dieser seine Rede wiederholte, sammelte er seine Gedanken wieder.

»Was hat dies alles mit meinem Schicksal zu tun?«

»Was meinst du, mit deinem Schicksal?«

»Daß ich den Thron meines Vaters zurückerobern werde, wie mir vorhergesagt wurde!« sprach er, mehr zu sich selbst.

Pepi zuckte zusammen. »Wer hat dir das prophezeit?«

»Der Himmel, die Erde und eine Weissagerin.«

»Bah, Torheiten!«

»Am Tag, als ich neunzehn wurde, erschien ein Komet am Himmel. Bei Sonnenaufgang tönte die Memnonsäule, als ich ihr nahe war, und die Auferstehungsblume in der von meinem Vater errichteten Pyramide erschloß ihre Blätter in meiner Hand. Dann begegnete ich einer Weissagerin, die voraussah, daß ich den Thron meines Vaters besteigen werde.«

Im Gesicht des Königs malte sich Schrecken. Doch schon bald wich dieser einem harten, grausamen Zug. Pepi wandte sich an den Alten, der neben ihm stand, und sagte: »Erkläre mir, wie man ein Wesen von göttlicher Abstammung einbalsamiert!«

»Soll es die reichste Einbalsamierung sein?«

»Die kostbarste, die es gibt! Jahrtausendelang, nein, bis ans Ende der Welt soll die Mumie dem Verfall widerstehen.«

»Unsere Mumien zeigen noch keine Spur von Zerstörung«, erwiderte der andere. »Bei dem von mir angewandten Verfahren kannst du sicher sein, Herrscher, daß das Werk gelingt.«

»Hören wir, wie!« rief Pepi.

»Zuerst entnehmen wir mit einem gebogenen Eisen alles, was sich im Gehirn des Leichnams vorfindet, und vernichten die Reste durch Drogen. Dann wird mit scharfen Steinen, die wir von den Äthiopiern kaufen, ein Einschnitt in die Seite des Toten gemacht, um die Eingeweide aus dem Leib zu nehmen. Diese werden in Palmwein gewaschen und in zerriebene Gewürze getaucht....«

»Der Vorgang ist nicht gerade erbaulich!« warf der König ein, der keinen Blick von Mirinri wandte.

»Hierauf füllen wir den Leib mit zerstoßenen Gewürzen. Nachdem der Einschnitt wieder zugenäht ist, legen wir den Leichnam in Salz, bedecken ihn mit verschiedenen alkalischen Salzen und lassen ihn so siebzig Tage lang ruhen. Zuletzt waschen wir ihn und umwickeln ihn ganz mit Binden, die mit Gummi arabicum bestrichen sind. So kann der Körper der Zeit trotzen.« »Du willst dich also damit befassen«, sprach Pepi lächelnd, »an jenem Jüngling dort drüben die Einbalsamierung vorzunehmen? Er soll wie sein Vater bei seinem Tod die Ehren eines Pharao genießen.«

Mirinri starrte ihn fassungslos an. Die Augen traten ihm aus den Höhlen. »Mein Vater? Meinst du etwa jene Mumie in der Pyramide? Die habe ich den Schakalen zum Fraß gegeben, denn es war nicht der Körper König Tetis! Dir aber soll dies Schicksal zuteil werden, Schurke!«

Damit warf er sich auf den König und riß ihn zu Boden. Er hätte ihn sicher erwürgt, hätte der alte Mann nicht mit einem lauten Schrei die Wächter draußen herbeigerufen. »Rettet den König, rettet den König!«

Die Wächter drangen herein. Sie waren mit Schwertern und Äxten bewaffnet und wollten sich auf Mirinri stürzen. Blitzschnell ließ der aber Pepi los, stellte sich kampfbereit an eine Säule, nahm eine der schweren Amphoren und erwartete den Angriff.

»Fangt ihn lebend!« rief Pepi mit erstickter Stimme.

Der ersten Wache, die sich Mirinri näherte, wurde der Schädel mit dem Bronzegefäß zerschmettert; der zweiten, der dritten erging es ebenso. Mirinri schien übermenschliche Kräfte zu haben. Er verteidigte sich wie ein wildes Tier.

Zuletzt jedoch konnte er der Übermacht nicht länger Widerstand leisten. Man umringte ihn, band ihn, so daß er keine Bewegung mehr machen konnte, und führte ihn so vor den Herrscher.

»Soll ich ihn hier töten?« fragte der Anführer der Leibwachen. »Nein, bringt ihn in einer geschlossenen Sänfte zur Nekropolis und schließt ihn vorläufig in eine der gewöhnlichen Grabstätten ein! Sobald meine Untertanen die neue große Mastaba fertig gebaut haben, soll man ihn dort begraben. Er wird einbalsamiert werden, wie es einem Pharao geziemt.«