Выбрать главу

»Beides.«

»Ach so. Und nehmen Sie diese Stellung schon lange ein?«

»Genau achtzehn Jahre.«

»Aha. Würden Sie so gut sein und mir sagen, was Ihre Aufgabe im besonderen ist?«

»Aber gern. Ich bin der Chef der Geheimpolizei.«

»Sie sind... Das ist sehr interessant. Ich -«

»Lassen Sie die Finger von Ihrer Nadelstrahlwaffe, Ex-Bürger Barrent. Ich kann Ihnen versichern, daß Sie in der ionisierten Luft in der Nähe dieses Hauses nicht funktionieren wird. Wenn Sie es aber trotzdem versuchen wollen, dann werden Sie sich verletzen.«

»Wie denn?«

»Ich habe meine eigenen Mittel zum persönlichen Schutz.«

»Woher kennen Sie meinen Namen?«

»Ich weiß über Sie Bescheid, fast direkt von dem Moment an, da Sie den Fuß auf die Erde setzten. Wir sind nicht völlig unwissend, müssen Sie wissen. Aber das können wir ja alles drinnen besprechen. Möchten Sie nicht eintreten?« - »Lieber nicht.«

»Ich fürchte, es bleibt Ihnen nichts anderes übrig. Kommen Sie, Barrent, ich werde Sie schon nicht beißen.«

»Bin ich verhaftet?«

»Natürlich nicht. Wir werden uns nur ein wenig unterhalten.«

28 Dravivian führte ihn in einen großen, mit Walnußholz getäfelten Raum. Die Möbel waren aus schwerem schwarzem Holz geschnitzt, reich verziert und mit Firnis überzogen. Der

Tisch, hoch und glatt, schien ein antikes Stück zu sein. Ein schwerer Wandteppich bedeckte die eine Wand. In verblichenen Farben zeigte er eine Jagdszene aus dem Mittelalter.

»Gefällt er Ihnen?« fragte Dravivian. »Wir haben alles selbst gemacht. Meine Frau kopierte den Wandteppich von einem Original im Metropol-Museum. Meine beiden Söhne arbeiteten an den Möbeln. Sie wollten etwas Altes mit einem spanischen Anstrich, aber doch bequemer, als es die antiken Sachen sonst sind.

Eine gewisse Vereinfachung der Linie erreicht das. Mein eigener kultureller Beitrag kommt nicht so gut zur Geltung. Meine Spezialität ist die barocke Musik.«

»Neben der Polizeiarbeit«, sagte Barrent.

»Ja«, antwortete Dravivian. Er wandte sich ab und musterte nachdenklich den Wandteppich. »Davon werden wir später sprechen. Sagen Sie mir zuerst, was Sie von diesem Zimmer halten?«

»Es ist sehr schön«, sagte Barrent.

»Ja. Und?«

»Nun - ich bin kein Richter.«

»Bitte urteilen Sie«, drängte er Barrent. »In diesem Zimmer können Sie die Zivilisation der Erde en miniature wiedererkennen

Sagen Sie mir, was Sie davon halten.«

»Es wirkt leblos«, sagte Barrent.

Dravivian wandte sich wieder zu Barrent und lächelte. »Ja, das ist eine gute Bezeichnung dafür. Ichbezogen wäre vielleicht noch treffender. Dies ist das Zimmer eines hohen Ranginhabers. Ein großer Teil des Schöpferischen widmet sich der künstlerischen Verbesserung alter Archetypen. Meine Familie hat ein bißchen von der spanischen Vergangenheit neu geschaffen, so wie andere sich der Vergangenheit der Maya, der Frühzeit Amerikas, der ozeanischen Kultur gewidmet haben. Und trotzdem tritt die grundsätzliche Leere deutlich zutage. Jahraus, jahrein produzieren die automatischen Fabriken die gleichen Güter für uns. Da jeder diese Güter erhält, wird es notwendig, sie zu verändern, zu verbessern, zu verschönern, uns durch sie auszudrücken, uns durch sie einzustufen. So ist die Erde heute, Barrent. Unsere Energie und unsere Fähigkeit sind auf dekadente Arbeiten und Beschäftigungen gerichtet. Wir schnitzen alte Möbelstücke nach, sorgen uns um Rang und Stellung, und in der Zwischenzeit bleiben die entfernten Planeten und Räume unerforscht und unbesiegt.

Schon seit langem haben wir aufgehört, uns auszudehnen. Die Stabilität brachte auch die Gefahren der Stagnierung mit sich, der wir nun unterliegen. Wir wurden so stark sozialisiert, daß die Individualität auf die harmloseste aller Beschäftigungen abgelenkt werden mußte, nach innen gekehrt und von jedem bedeutungsvollen Ausdruck abgehalten wurde. Ich glaube, Sie haben ziemlich viel davon während Ihres Aufenthalts auf der Erde gesehen?«

»Ja. Aber ich hätte nie erwartet, daß mir der Chef der Geheimpolizei diese Dinge sagen würde.«

»Ich bin ein ungewöhnlicher Mann«, erklärte Dravivian mit spöttischem Lächeln. »Und die Geheimpolizei ist eine ungewöhnliche Institution.«

»Sie muß sehr gut funktionieren. Auf welche Weise haben Sie mich entdeckt?«

»Das war wirklich höchst einfach. Die meisten Leute auf der Erde sind von Kindheit an in Dingen der Sicherheit wohl ausgebildet. Das ist ein Teil unserer Erbschaft. Fast alle Menschen, mit denen Sie sprachen, konnten feststellen, daß mit Ihnen irgend etwas nicht stimmte. Sie waren so offensichtlich fehl am Platz wie ein Wolf zwischen einer Schafherde. Die Leute bemerkten das und erstatteten mir sofort Bericht.«

»Na, schön«, sagte Barrent. »Und nun?«

»Zuerst möchte ich Sie bitten, mir von Omega zu erzählen.«

Barrent berichtete dem Polizeichef über sein Leben auf dem Verbrecherplaneten. Dravivian nickte mit einem schwachen Lächeln. »Ja, das ist fast genauso, wie ich es erwartet hatte«, sagte er. »Das gleiche, was auf Omega passiert ist, geschah auch im alten Nordamerika und Australien. Natürlich gab es einige Unterschiede; vor allem sind sie völlig vom Mutterland abgeschnitten gewesen. Aber dahinter steckt die gleiche wilde Energie und der starke Zwang - und die gleiche Unbarmherzigkeit.«

»Was werden Sie unternehmen?« fragte Barrent.

Dravivian zuckte mit den Schultern. »Das spielt sowieso keine Rolle. Ich schätze, ich könnte Sie töten. Aber das würde Ihre Gruppe auf Omega nicht daran hindern, andere Spione zu schicken oder eines der Gefangenenschiffe zu kapern. Sobald die Bewohner von Omega mit Gewalt vorgehen, werden sie die Wahrheit von selbst entdecken.«

»Welche Wahrheit?«

»Das muß Ihnen doch schon klargeworden sein«, antwortete Dravivian. »Seit fast achthundert Jahren hat die Erde keinen Krieg mehr geführt. Wir wüßten nicht einmal mehr, wie wir uns wehren sollten. Die Organisation der Spähschiffe um Omega ist reine Fassade. Die Schiffe sind voll automatisiert und Bedingungen angepaßt, die vor mehreren hundert Jahren einmal herrschten.

Jeder zielbewußte Angriff würde ein Schiff leicht überwältigen; und wenn sie erst einmal eins haben, ergeben sich die anderen ganz von selbst. Danach wird nichts die Omeganer daran hindern, zurück zur Erde zu kommen; und auf der Erde gibt es nichts, mit dem man sie zurückschlagen könnte. Das, müssen Sie wissen, ist der Hauptgrund dafür, daß allen Gefangenen, die die Erde verlassen, die Erinnerung geraubt wird. Denn wenn sie sich erinnern könnten, würde ihnen die Verwundbarkeit der Erde schmerzhaft klar vor Augen stehen.«

»Wenn Ihnen all dies bekannt ist - warum tun Ihre Führer dann nichts, um die Situation zu ändern?« fragte Barrent.

»Ursprünglich hatten wir das auch vor. Aber es steckte kein richtiger Druck dahinter. Wir zogen es vor, nicht daran zu denken.

Wir redeten uns ein, der Status quo würde endlos andauern. Wir wollten nicht an den Tag denken, an dem die Gefangenen von Omega zurückkehren könnten.«

»Und was werden Sie und Ihre Polizei jetzt unternehmen?« fragte Barrent.

»Ich bin auch nur ein Strohmann«, erklärte Dravivian. »Ich habe keine Polizei. Der Titel eines Chefs ist eine reine Ehrensache.

Fast ein Jahrhundert lang hat man auf der Erde keine Polizeimacht mehr benötigt.«

»Sie werden eine benötigen, wenn die Leute von Omega zurückkommen«, sagte Barrent.

»Ja. Dann wird es wieder Verbrechen geben und ernsthafte Schwierigkeiten. Aber ich bin davon überzeugt, daß die letztliche Verschmelzung erfolgreich verlaufen wird. Die Leute von Omega haben den Drang und den Ehrgeiz, die Sterne zu erobern

Und ich glaube, sie brauchen dazu eine gewisse Stabilität und schöpferische Kraft, die die Erde bereitstellt. Wie die Ergebnisse auch immer sein mögen - die Vereinigung ist unvermeidbar. Wir haben hier zu lange in einem Traum gelebt. Nur gewaltsame Mittel können uns aus diesem Traum aufwecken.«