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Die Stimme gehörte einer Frau und hatte einen eigenartigen Akzent. Die Frau sprach langsam und stockend, als müsse sie über jedes einzelne Wort nachdenken. Bei der Beschreibung von glänzendem Stoff und brennenden Steinen hielt Imi den Atem an. Diese Dinge klangen wunderbar, und sie hoffte, dass ihr Vater sie kaufen würde.

»Außerdem gibt es eine Vielzahl von Gewürzen, Kräutern und exotischen Speisen, die du vielleicht gern kosten würdest, und ich weiß, dass im Norden ein Volk lebt, das ein Vermögen für die Gelegenheit gäbe, neue Produkte aus Borra kennen zu lernen. Aber glaube nicht, wir hätten nur Luxuswaren anzubieten. Mein Volk verfügt über wirksame Heilmittel, um alle möglichen Krankheiten zu kurieren, und es würde mich nicht überraschen, zu entdecken, dass ihr Heilmittel kennt, denen wir noch nie begegnet sind. Es gibt so vieles, was wir einander geben könnten, mein König.«

»Ja, das ist wahr.« Imis Herzschlag beschleunigte sich, als die Stimme ihres Vaters erklang. »Es ist eine schöne Ansprache, die du da gehalten hast, aber wir haben diese Dinge schon früher gehört. In der Vergangenheit sind Landgeher hierhergekommen und haben behauptet, sie wollten nur Handel mit uns treiben. Stattdessen haben sie uns bestohlen; sie haben aus ebendiesem Raum heilige Gegenstände entwendet. Wir haben diese Leute gejagt und unser Eigentum zurückgeholt, und wir haben geschworen, den Landgehern nie wieder zu vertrauen. Warum sollten wir dieses Gelübde brechen und dir vertrauen?«

Landgeher?, dachte Imi. Diese Frau ist eine Landgeherin! Wie ist sie in die Stadt gekommen?

»Ich verstehe deinen Ärger und deine Vorsicht«, sagte die Frau. »Ich würde genauso handeln, wenn ich auf solche Weise betrogen worden wäre. Falls du deine Türen Kaufleuten öffnest, würde ich dich drängen, diese Vorsicht beizubehalten. Sie sind nicht immer die ehrlichsten Menschen. Aber ich bin kein Kaufmann. Ich bin eine Hohepriesterin der Götter. Eine der fünf Auserwählten, die sie in dieser Welt repräsentieren. Ich kann die Falschheit der Welt ebenso wenig eindämmen wie du, aber ich kann versuchen, dergleichen vorzubeugen oder sicherzustellen, dass ein solches Verhalten bestraft wird. Eine Allianz mit uns würde die Abmachung einschließen, dass wir einander verteidigen. Wir würden euch helfen, euer Land vor Eindringlingen zu schützen, wenn ihr euch als Gegenleistung dazu verpflichten würdet, auch uns zu helfen.«

DAS klingt ein wenig töricht, ging es Imi durch den Kopf. Es gibt nur wenige von uns und so viele Landgeher...

»Was könnten wir dir, einer Zauberin von großer Stärke, die den Befehl über gewaltige Armeen von Landgehern hat, anbieten?«

»Was immer an Hilfe ihr leisten könntet, mein König«, antwortete sie gelassen. »Die Siyee haben soeben ein solches Abkommen mit uns getroffen. Sie mögen körperlich weder groß noch stark sein, aber es gibt viele Wege, wie sie uns helfen können.«

Stille folgte. Imi konnte hören, wie ihr Vater mit der Zunge schnalzte, was er immer tat, wenn er konzentriert nachdachte.

»Wenn du bist, was du zu sein behauptest«, sagte er plötzlich, »dann solltest du in der Lage sein, Huan jetzt zu uns zu rufen. Tu das, damit ich sie fragen kann, ob du die Wahrheit sprichst.«

Die Frau gab ein leises Geräusch von sich, das wie ein ersticktes Lachen klang. »Ich mag zwar einer ihrer Repräsentanten sein, aber das gibt mir noch nicht das Recht, eine Göttin herumzukommandieren.« Sie hielt inne, und ihre Stimme war jetzt so leise, dass Imi sie kaum noch verstehen konnte. »Ich habe jedoch erst kürzlich mit ihr über dein Volk gesprochen. Sie sagte, die Entscheidung liege bei euch. Sie werde sich nicht einmischen.«

Wieder trat Stille ein.

»Das wusstest du bereits, nicht wahr?«, fügte sie in einem Tonfall gelinder Überraschung hinzu.

»Die Göttin hat etwas in der Art zu unseren Priestern gesagt«, gab der König zu. »Wir sollen in dieser Angelegenheit selbst entscheiden. Ich werte das als ein Zeichen dafür, dass sie meinem Urteil vertraut.«

»So sieht es aus«, stimmte die Frau ihm zu.

»Mein Urteil lautet wie folgt: Ich weiß nicht genug über dich, Landgeherin. Ich sehe keinen Grund, warum wir unser Leben für einige Kinkerlitzchen aufs Spiel setzen sollten. Dein Angebot, uns zu schützen, ist verführerisch, was du gewiss selbst weißt, aber wie kannst du uns verteidigen, wenn du auf der anderen Seite des Kontinents lebst?«

»Wir werden diese Plünderer finden und sie bestrafen«, erwiderte die Frau. »Jede weitere Bedrohung kann mithilfe von Schiffen abgewendet werden, die wir aus Porin schicken würden.«

»Diese Schiffe würden niemals rechtzeitig hier ankommen. Als Nächstes wirst du vorschlagen, ein Schiff hier vor Anker gehen zu lassen. Dann wirst du eine Siedlung für die Mannschaft fordern. Das kommt nicht infrage.«

»Ich verstehe. Man wird eine Alternative finden. Wenn wir diese Angelegenheit besprechen...«

»Nein.« Imi erkannte die halsstarrige Härte, die sich in die Stimme ihres Vaters schlich, wenn er eine Entscheidung getroffen hatte. Sie runzelte missbilligend die Stirn. Es hatte so aufregend geklungen, all dieses Gerede von Handelsgütern. Es war doch gewiss die einfachste Methode, die Plünderer loszuwerden, indem man andere dafür bezahlte, dass sie diese Mühe auf sich nahmen.

»Imi!«

Beim Klang der Stimme zuckte sie zusammen. Es war Teiti, und ihre Stimme kam nicht aus dem Rohr. Sie kam von dem Loch im Schrank. Ihre Lehrerin war zurückgekehrt. Imi blieb das Herz fast stehen. Der einzige Grund, warum Imi die Frau hören konnte, war der, dass sie die Schnitzerei – die Tür vor dem Loch – offen gelassen hatte! Wenn Teiti das Loch fand, würden Imis Besuche in dem Raum mit den Rohren ein jähes Ende nehmen.

Imi kletterte blitzschnell in den Schrank. Sie zog die Tür hinter sich zu, dann stieg sie in das Loch. Die hölzerne Tür zu schließen war schwieriger; Imi war in der letzten Zeit ein wenig gewachsen und hatte nicht mehr genug Platz, um den Griff hinter sich zuzuziehen.

Sie kroch, so schnell sie konnte, weiter, hielt dann direkt vor der Öffnung inne und blickte hinaus. Teiti lief im Zimmer nebenan umher. Als die Frau unter einen Stuhl sah, musste Imi ein Lachen unterdrücken. Teiti glaubte, sie verstecke sich.

»Imi, das ist sehr unartig. Komm jetzt raus!«

Teiti ging auf das Schlafzimmer zu, und Imi erstarrte, als ihre Tante in einen Schrank schaute. Hastig streckte sie die Hand aus und zog die Schnitzerei wieder über das Loch. Sie lauschte, während Teiti im Schlafzimmer umherging und mit zittriger Stimme nach ihr rief. Imi runzelte die Stirn. War Teiti wütend? Oder nur aufgeregt? Die Stimme verblasste, als die alte Frau in den Hauptraum zurückkehrte. Dann hörte Imi ein leises Schniefen, und das schlechte Gewissen trieb ihr die Röte ins Gesicht. Teiti weinte!

Also schob sie die Schnitzerei beiseite, schlüpfte so geräuschlos wie möglich aus dem Loch und verriegelte die Schnitzerei wieder, bevor sie ins Nebenzimmer lief.

»Es tut mir leid, Teiti«, rief sie.

Die Frau blickte auf, dann stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.

»Imi! Das war nicht witzig!«

Es war nicht schwer, einen schuldbewussten Eindruck zu machen. Teiti mochte eine strenge Lehrerin sein, aber sie konnte auch lustig und großzügig sein. Imi spielte ihren Freunden gern Streiche, brachte sie damit aber nur zum Lachen. Sie wollte niemandem wehtun.

»Das muss eine ernste Angelegenheit sein«, sagte sie.

Teiti wischte sich die Augen trocken und lächelte. »Ja. Es ist eine Landgeherin im Palast. Ich weiß nicht, wie sie hierhergekommen ist oder warum, aber für den Fall, dass es Ärger gibt, sollten wir besser bleiben, wo wir sind.« Teiti runzelte die Stirn. »Nicht dass ich dächte, du wärst in Gefahr, Prinzessin. Sie weiß ja nicht einmal, dass es dich gibt, daher glaube ich, du bist hier ziemlich sicher.«